Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.IV buch, I haubtstück, (§ 6572 des 2ten th.). Zu Hamburg werdennoch einige gerichte um 1 uhr nachmittages gehal- ten. Einem ieden stunde frei: seine sache selbst für- zutragen. Der kläger stand zur rechten, und der beklagte zur linken, von Pistorius amoen. th. I s. 186. Schamhaftige, und blöde leute namen ei- nen mit, welcher für sie redete; daher hiß der pro- curator ein redner; sonst aber wurde eigentlich kein fürsprecher zugelassen (§ 6577 des 2ten th.). Advocaten im gerichte waren ehedem nicht bräuch- lich; wer einen advocaten gebrauchen wollte, muß- te ihn dem gerichte darstellen. Dises erkannte: ob er zuläßlich sey, oder nicht? wurde er zugelassen; so bekam er den namen: legitimus aduocatus. Me- renteils wurde er aus den schoeppen genommen. Die parteien erschinen, oder nicht. Jm lezteren falle wurden sie ungehorsam genennet, auch dessen beschuldiget. Die versuchung der güte betrib der teutsche richter sehr, J. C. H. Dreyer de tentatione concordiae inter litigantes etc Kiel 1748, 4t. Ent- stand aber dise; so mußte der beklagete antworten. Der richter fragete ihn auf ieden klagepunct. Er mußte rund, auch unbewunden, mit ja, oder nein, antworten (§ 6577 des 2ten th.). Der kläger brachte seine gegenrede, oder rechtsbefele dawider vor. Der beklagte duplicirte, und widerredete. Nun treten die parteien ab. Der richter fraget als frager die schöppen. Der richter hatte keine stimme, wie noch jezo der kammerrichter solche nicht hat. Die schöppen stunden auf, unterredeten sich mit einander; wurden sie einig; so hiß es: sie ha- ben das urthel gefunden. Diser gebrauch ist noch iezo bei den parlamentern in Frankreich. Der eine teil sprach: das urtel verstehe ich nicht; d. i. er wolle es lauterer, und klärer haben; oder| er schalte dassel-
IV buch, I haubtſtuͤck, (§ 6572 des 2ten th.). Zu Hamburg werdennoch einige gerichte um 1 uhr nachmittages gehal- ten. Einem ieden ſtunde frei: ſeine ſache ſelbſt fuͤr- zutragen. Der klaͤger ſtand zur rechten, und der beklagte zur linken, von Piſtorius amoen. th. I ſ. 186. Schamhaftige, und bloͤde leute namen ei- nen mit, welcher fuͤr ſie redete; daher hiß der pro- curator ein redner; ſonſt aber wurde eigentlich kein fuͤrſprecher zugelaſſen (§ 6577 des 2ten th.). Advocaten im gerichte waren ehedem nicht braͤuch- lich; wer einen advocaten gebrauchen wollte, muß- te ihn dem gerichte darſtellen. Diſes erkannte: ob er zulaͤßlich ſey, oder nicht? wurde er zugelaſſen; ſo bekam er den namen: legitimus aduocatus. Me- renteils wurde er aus den ſchoeppen genommen. Die parteien erſchinen, oder nicht. Jm lezteren falle wurden ſie ungehorſam genennet, auch deſſen beſchuldiget. Die verſuchung der guͤte betrib der teutſche richter ſehr, J. C. H. Dreyer de tentatione concordiae inter litigantes etc Kiel 1748, 4t. Ent- ſtand aber diſe; ſo mußte der beklagete antworten. Der richter fragete ihn auf ieden klagepunct. Er mußte rund, auch unbewunden, mit ja, oder nein, antworten (§ 6577 des 2ten th.). Der klaͤger brachte ſeine gegenrede, oder rechtsbefele dawider vor. Der beklagte duplicirte, und widerredete. Nun treten die parteien ab. Der richter fraget als frager die ſchoͤppen. Der richter hatte keine ſtimme, wie noch jezo der kammerrichter ſolche nicht hat. Die ſchoͤppen ſtunden auf, unterredeten ſich mit einander; wurden ſie einig; ſo hiß es: ſie ha- ben das urthel gefunden. Diſer gebrauch iſt noch iezo bei den parlamentern in Frankreich. Der eine teil ſprach: das urtel verſtehe ich nicht; d. i. er wolle es lauterer, und klaͤrer haben; oder| er ſchalte daſſel-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1412" n="1388"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV</hi> buch, <hi rendition="#aq">I</hi> haubtſtuͤck,</hi></fw><lb/> (§ 6572 des 2ten th.). Zu Hamburg werden<lb/> noch einige gerichte um 1 uhr nachmittages gehal-<lb/> ten. Einem ieden ſtunde frei: ſeine ſache ſelbſt fuͤr-<lb/> zutragen. Der klaͤger ſtand zur rechten, und der<lb/> beklagte zur linken, <hi rendition="#fr">von Piſtorius</hi> <hi rendition="#aq">amoen.</hi> th. <hi rendition="#aq">I</hi><lb/> ſ. 186. Schamhaftige, und bloͤde leute namen ei-<lb/> nen mit, welcher fuͤr ſie redete; daher hiß der pro-<lb/> curator ein redner; ſonſt aber wurde eigentlich<lb/> kein fuͤrſprecher zugelaſſen (§ 6577 des 2ten th.).<lb/> Advocaten im gerichte waren ehedem nicht braͤuch-<lb/> lich; wer einen advocaten gebrauchen wollte, muß-<lb/> te ihn dem gerichte darſtellen. Diſes erkannte: ob<lb/> er zulaͤßlich ſey, oder nicht? wurde er zugelaſſen;<lb/> ſo bekam er den namen: <hi rendition="#aq">legitimus aduocatus.</hi> Me-<lb/> renteils wurde er aus den ſchoeppen genommen.<lb/> Die parteien erſchinen, oder nicht. Jm lezteren<lb/> falle wurden ſie ungehorſam genennet, auch deſſen<lb/> beſchuldiget. Die verſuchung der guͤte betrib der<lb/> teutſche richter ſehr, <hi rendition="#fr">J. C. H. Dreyer</hi> <hi rendition="#aq">de tentatione<lb/> concordiae inter litigantes etc</hi> Kiel 1748, 4t. Ent-<lb/> ſtand aber diſe; ſo mußte der beklagete antworten.<lb/> Der richter fragete ihn auf ieden klagepunct. Er<lb/> mußte rund, auch unbewunden, mit ja, oder nein,<lb/> antworten (§ 6577 des 2ten th.). Der klaͤger<lb/> brachte ſeine gegenrede, oder rechtsbefele dawider<lb/> vor. Der beklagte duplicirte, und widerredete.<lb/> Nun treten die parteien ab. Der richter fraget<lb/> als frager die ſchoͤppen. Der richter hatte keine<lb/> ſtimme, wie noch jezo der kammerrichter ſolche nicht<lb/> hat. Die ſchoͤppen ſtunden auf, unterredeten ſich<lb/> mit einander; wurden ſie einig; ſo hiß es: ſie ha-<lb/> ben das urthel gefunden. Diſer gebrauch iſt noch<lb/> iezo bei den parlamentern in Frankreich. Der<lb/> eine teil ſprach: das urtel verſtehe ich nicht; d. i. er<lb/> wolle es lauterer, und klaͤrer haben; oder| er ſchalte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">daſſel-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1388/1412]
IV buch, I haubtſtuͤck,
(§ 6572 des 2ten th.). Zu Hamburg werden
noch einige gerichte um 1 uhr nachmittages gehal-
ten. Einem ieden ſtunde frei: ſeine ſache ſelbſt fuͤr-
zutragen. Der klaͤger ſtand zur rechten, und der
beklagte zur linken, von Piſtorius amoen. th. I
ſ. 186. Schamhaftige, und bloͤde leute namen ei-
nen mit, welcher fuͤr ſie redete; daher hiß der pro-
curator ein redner; ſonſt aber wurde eigentlich
kein fuͤrſprecher zugelaſſen (§ 6577 des 2ten th.).
Advocaten im gerichte waren ehedem nicht braͤuch-
lich; wer einen advocaten gebrauchen wollte, muß-
te ihn dem gerichte darſtellen. Diſes erkannte: ob
er zulaͤßlich ſey, oder nicht? wurde er zugelaſſen;
ſo bekam er den namen: legitimus aduocatus. Me-
renteils wurde er aus den ſchoeppen genommen.
Die parteien erſchinen, oder nicht. Jm lezteren
falle wurden ſie ungehorſam genennet, auch deſſen
beſchuldiget. Die verſuchung der guͤte betrib der
teutſche richter ſehr, J. C. H. Dreyer de tentatione
concordiae inter litigantes etc Kiel 1748, 4t. Ent-
ſtand aber diſe; ſo mußte der beklagete antworten.
Der richter fragete ihn auf ieden klagepunct. Er
mußte rund, auch unbewunden, mit ja, oder nein,
antworten (§ 6577 des 2ten th.). Der klaͤger
brachte ſeine gegenrede, oder rechtsbefele dawider
vor. Der beklagte duplicirte, und widerredete.
Nun treten die parteien ab. Der richter fraget
als frager die ſchoͤppen. Der richter hatte keine
ſtimme, wie noch jezo der kammerrichter ſolche nicht
hat. Die ſchoͤppen ſtunden auf, unterredeten ſich
mit einander; wurden ſie einig; ſo hiß es: ſie ha-
ben das urthel gefunden. Diſer gebrauch iſt noch
iezo bei den parlamentern in Frankreich. Der
eine teil ſprach: das urtel verſtehe ich nicht; d. i. er
wolle es lauterer, und klaͤrer haben; oder| er ſchalte
daſſel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |