zwischen hat es ehedem eine andere beschaffenheitvon der vogtei. mit der vogtei der kirchen, stifter, klöster etc, und eine andere mit der vogtei der städte gehabt (§ 98). Jm belange der ersten hilte man in den dunkelen zeiten des papsttumes dafür: ein geistlicher könnte keine weltlichkeit, d. i. weltliche rechte ausüben; ja er nam nicht einmal schenkungen an; sondern dises mußte der vogt, namens des stiftes tun, auch die peinliche gerichtbarkeit an dessen statt, samt der weltlichkeit, ausüben (§ 99). Daher wurde es vormals für ein wunder gehalten: daß der Abt zu Kempten, und der Bischof zu Wirzburg die welt- lichkeit selbst ausübeten; imgleichen mußten die stifter etc wegen der ehemaligen befehdungen, auch unruhen, vögte haben, welche sie verteidigten, schüzeten, und wie vormunden vertraten. Selbst der Papst war für dem Könige der Longobarden nicht sicher. Weshalber der Pipinus, hernach dessen son: Carl der Grosse, und die nachfolgende Kaiser vögte des päbstlichen stules waren. Nach- gehends haben die Päpste, Bischöffe etc die rechte der vögte nach und nach zu schmälern gesuchet, und endlich kauffeten sich die meiste Bischöffe etc so gar von denselben loß, oder schaffeten sie ab. Der- gleichen vogt hatte namens des stiftes, oder Bi- schoffes die verteidigung, und weltlichkeit zu be- sorgen; iedoch nicht eigentümlich (in dominio); er hiß auch kirchen fänrich, von Pistoriusamoen. th. VII, s. 1747, s. 1797. Nicht minder ist ein unterschid zwischen einem vogte über ein stift etc, und zwischen einem schuz- und schirmherrn über dasselbe. Der schuz- und schirmherr (mundibur- dus) hatte das bißtum etc nur unter seinem schuze; mithin hatte er es nur bloß zu beschüzen; keines- weges aber eine landeshoheit, weltlichkeit, oder gerichtbarkeit darüber, noch über das stift etwas
zu
von den ſtaͤdten, und buͤrgern.
zwiſchen hat es ehedem eine andere beſchaffenheitvon der vogtei. mit der vogtei der kirchen, ſtifter, kloͤſter ꝛc, und eine andere mit der vogtei der ſtaͤdte gehabt (§ 98). Jm belange der erſten hilte man in den dunkelen zeiten des papſttumes dafuͤr: ein geiſtlicher koͤnnte keine weltlichkeit, d. i. weltliche rechte ausuͤben; ja er nam nicht einmal ſchenkungen an; ſondern diſes mußte der vogt, namens des ſtiftes tun, auch die peinliche gerichtbarkeit an deſſen ſtatt, ſamt der weltlichkeit, ausuͤben (§ 99). Daher wurde es vormals fuͤr ein wunder gehalten: daß der Abt zu Kempten, und der Biſchof zu Wirzburg die welt- lichkeit ſelbſt ausuͤbeten; imgleichen mußten die ſtifter ꝛc wegen der ehemaligen befehdungen, auch unruhen, voͤgte haben, welche ſie verteidigten, ſchuͤzeten, und wie vormunden vertraten. Selbſt der Papſt war fuͤr dem Koͤnige der Longobarden nicht ſicher. Weshalber der Pipinus, hernach deſſen ſon: Carl der Groſſe, und die nachfolgende Kaiſer voͤgte des paͤbſtlichen ſtules waren. Nach- gehends haben die Paͤpſte, Biſchoͤffe ꝛc die rechte der voͤgte nach und nach zu ſchmaͤlern geſuchet, und endlich kauffeten ſich die meiſte Biſchoͤffe ꝛc ſo gar von denſelben loß, oder ſchaffeten ſie ab. Der- gleichen vogt hatte namens des ſtiftes, oder Bi- ſchoffes die verteidigung, und weltlichkeit zu be- ſorgen; iedoch nicht eigentuͤmlich (in dominio); er hiß auch kirchen faͤnrich, von Piſtoriusamoen. th. VII, ſ. 1747, ſ. 1797. Nicht minder iſt ein unterſchid zwiſchen einem vogte uͤber ein ſtift ꝛc, und zwiſchen einem ſchuz- und ſchirmherrn uͤber daſſelbe. Der ſchuz- und ſchirmherr (mundibur- dus) hatte das bißtum ꝛc nur unter ſeinem ſchuze; mithin hatte er es nur bloß zu beſchuͤzen; keines- weges aber eine landeshoheit, weltlichkeit, oder gerichtbarkeit daruͤber, noch uͤber das ſtift etwas
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von den ſtaͤdten, und buͤrgern.
zwiſchen hat es ehedem eine andere beſchaffenheit
mit der vogtei der kirchen, ſtifter, kloͤſter ꝛc, und
eine andere mit der vogtei der ſtaͤdte gehabt (§ 98).
Jm belange der erſten hilte man in den dunkelen
zeiten des papſttumes dafuͤr: ein geiſtlicher koͤnnte
keine weltlichkeit, d. i. weltliche rechte ausuͤben;
ja er nam nicht einmal ſchenkungen an; ſondern
diſes mußte der vogt, namens des ſtiftes tun, auch
die peinliche gerichtbarkeit an deſſen ſtatt, ſamt der
weltlichkeit, ausuͤben (§ 99). Daher wurde es
vormals fuͤr ein wunder gehalten: daß der Abt zu
Kempten, und der Biſchof zu Wirzburg die welt-
lichkeit ſelbſt ausuͤbeten; imgleichen mußten die
ſtifter ꝛc wegen der ehemaligen befehdungen, auch
unruhen, voͤgte haben, welche ſie verteidigten,
ſchuͤzeten, und wie vormunden vertraten. Selbſt
der Papſt war fuͤr dem Koͤnige der Longobarden
nicht ſicher. Weshalber der Pipinus, hernach
deſſen ſon: Carl der Groſſe, und die nachfolgende
Kaiſer voͤgte des paͤbſtlichen ſtules waren. Nach-
gehends haben die Paͤpſte, Biſchoͤffe ꝛc die rechte
der voͤgte nach und nach zu ſchmaͤlern geſuchet, und
endlich kauffeten ſich die meiſte Biſchoͤffe ꝛc ſo gar
von denſelben loß, oder ſchaffeten ſie ab. Der-
gleichen vogt hatte namens des ſtiftes, oder Bi-
ſchoffes die verteidigung, und weltlichkeit zu be-
ſorgen; iedoch nicht eigentuͤmlich (in dominio); er
hiß auch kirchen faͤnrich, von Piſtorius amoen.
th. VII, ſ. 1747, ſ. 1797. Nicht minder iſt ein
unterſchid zwiſchen einem vogte uͤber ein ſtift ꝛc,
und zwiſchen einem ſchuz- und ſchirmherrn uͤber
daſſelbe. Der ſchuz- und ſchirmherr (mundibur-
dus) hatte das bißtum ꝛc nur unter ſeinem ſchuze;
mithin hatte er es nur bloß zu beſchuͤzen; keines-
weges aber eine landeshoheit, weltlichkeit, oder
gerichtbarkeit daruͤber, noch uͤber das ſtift etwas
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von der vogtei.
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/245>, abgerufen am 21.11.2024.
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