gestalt dann auch die witbe jeweilen den nüßbrauch im lehne hat (§ 307 des 2ten th.), und in landen haben kan; dafern solcher rechtmässiger weise be- stellet worden ist, wie der herzog Barnim mit dem herzogtume Stettin, auf vorgehende kaiserliche be- stätigung, getan hat, Schwarz in der pommeri- schen lehnhistori f. 385 fg. Wenn bei den Teut- schen einer heiraten wollte, war die frage: ob er auch eine frau ernären könne? da wuste man nichts vom heutigen sprüchworte: ein reiches weib macht alles gut etc.
§ 814
Man kan dahir folgende säze voraus schicken:säze vom wit- tume. 1) der wittum war schon in Teutschlande gänge und gebe; obgleich die braut kein heiratsgut zu- brachte. 2) Nachher brachten die eheweiber eine mitgift am gelte etc. 3) Darauf wurde die ehe- frau, wenn der ehemann lehngüter hatte, auf vor- bitte bei dem lehnherrn, mit einem leibgedinge je- weilen von demselben belehnet. Woraus die leib- gedings-lehne ersprossen sind, Haltaus sp. 1242. 4) Die mitgift file nach dem tode des eheherrns der witbe wider zurück (§ 3237 des 2ten th.); im falle nichts anders desfalls abgeredet war. Wes- halber dann im zweiffel die witbe in Ober-Hessen, am Rheinstrome, in Franken, im Bremischen etc, auf den rückfall der brautgift bestehen kan, (§ 3240 des 2ten th.), von Pufendorf th. I, obs. 22 s. 36 § 4; wenn sie gleich einen wittum zihet; dises mö- gen auch ire erben tun. Die Milchlingin, zu Schönstatt, zihet einen wittum von gedoppelten zinssen; und gebaret dennoch über ire ehegelter. Dises wird bald durch besondere gesäze, fideicom- misse, gewonheiten, bald durch gedinge festgesezet, wie das leztere, unter andern, der folgende § 816
bestär-
vom wittume, und leibgedinge.
geſtalt dann auch die witbe jeweilen den nuͤßbrauch im lehne hat (§ 307 des 2ten th.), und in landen haben kan; dafern ſolcher rechtmaͤſſiger weiſe be- ſtellet worden iſt, wie der herzog Barnim mit dem herzogtume Stettin, auf vorgehende kaiſerliche be- ſtaͤtigung, getan hat, Schwarz in der pommeri- ſchen lehnhiſtori f. 385 fg. Wenn bei den Teut- ſchen einer heiraten wollte, war die frage: ob er auch eine frau ernaͤren koͤnne? da wuſte man nichts vom heutigen ſpruͤchworte: ein reiches weib macht alles gut ꝛc.
§ 814
Man kan dahir folgende ſaͤze voraus ſchicken:ſaͤze vom wit- tume. 1) der wittum war ſchon in Teutſchlande gaͤnge und gebe; obgleich die braut kein heiratsgut zu- brachte. 2) Nachher brachten die eheweiber eine mitgift am gelte ꝛc. 3) Darauf wurde die ehe- frau, wenn der ehemann lehnguͤter hatte, auf vor- bitte bei dem lehnherrn, mit einem leibgedinge je- weilen von demſelben belehnet. Woraus die leib- gedings-lehne erſproſſen ſind, Haltaus ſp. 1242. 4) Die mitgift file nach dem tode des eheherrns der witbe wider zuruͤck (§ 3237 des 2ten th.); im falle nichts anders desfalls abgeredet war. Wes- halber dann im zweiffel die witbe in Ober-Heſſen, am Rheinſtrome, in Franken, im Bremiſchen ꝛc, auf den ruͤckfall der brautgift beſtehen kan, (§ 3240 des 2ten th.), von Pufendorf th. I, obſ. 22 ſ. 36 § 4; wenn ſie gleich einen wittum zihet; diſes moͤ- gen auch ire erben tun. Die Milchlingin, zu Schoͤnſtatt, zihet einen wittum von gedoppelten zinſſen; und gebaret dennoch uͤber ire ehegelter. Diſes wird bald durch beſondere geſaͤze, fideicom- miſſe, gewonheiten, bald durch gedinge feſtgeſezet, wie das leztere, unter andern, der folgende § 816
beſtaͤr-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0515"n="491"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">vom wittume, und leibgedinge.</hi></fw><lb/>
geſtalt dann auch die witbe jeweilen den nuͤßbrauch<lb/>
im lehne hat (§ 307 des 2ten th.), und in landen<lb/>
haben kan; dafern ſolcher rechtmaͤſſiger weiſe be-<lb/>ſtellet worden iſt, wie der herzog Barnim mit dem<lb/>
herzogtume Stettin, auf vorgehende kaiſerliche be-<lb/>ſtaͤtigung, getan hat, <hirendition="#fr">Schwarz</hi> in der pommeri-<lb/>ſchen lehnhiſtori f. 385 fg. Wenn bei den Teut-<lb/>ſchen einer heiraten wollte, war die frage: ob er<lb/>
auch eine frau ernaͤren koͤnne? da wuſte man nichts<lb/>
vom heutigen ſpruͤchworte: ein reiches weib macht<lb/>
alles gut ꝛc.</p></div><lb/><divn="2"><head>§ 814</head><lb/><p>Man kan dahir folgende ſaͤze voraus ſchicken:<noteplace="right">ſaͤze vom wit-<lb/>
tume.</note><lb/>
1) der wittum war ſchon in Teutſchlande gaͤnge<lb/>
und gebe; obgleich die braut kein heiratsgut zu-<lb/>
brachte. 2) Nachher brachten die eheweiber eine<lb/>
mitgift am gelte ꝛc. 3) Darauf wurde die ehe-<lb/>
frau, wenn der ehemann lehnguͤter hatte, auf vor-<lb/>
bitte bei dem lehnherrn, mit einem leibgedinge je-<lb/>
weilen von demſelben belehnet. Woraus die leib-<lb/>
gedings-lehne erſproſſen ſind, <hirendition="#fr">Haltaus</hi>ſp. 1242.<lb/>
4) Die mitgift file nach dem tode des eheherrns<lb/>
der witbe wider zuruͤck (§ 3237 des 2ten th.); im<lb/>
falle nichts anders desfalls abgeredet war. Wes-<lb/>
halber dann im zweiffel die witbe in Ober-Heſſen,<lb/>
am Rheinſtrome, in Franken, im Bremiſchen ꝛc,<lb/>
auf den ruͤckfall der brautgift beſtehen kan, (§ 3240<lb/>
des 2ten th.), <hirendition="#fr">von Pufendorf</hi> th. <hirendition="#aq">I, obſ.</hi> 22 ſ. 36<lb/>
§ 4; wenn ſie gleich einen wittum zihet; diſes moͤ-<lb/>
gen auch ire erben tun. Die Milchlingin, zu<lb/>
Schoͤnſtatt, zihet einen wittum von gedoppelten<lb/>
zinſſen; und gebaret dennoch uͤber ire ehegelter.<lb/>
Diſes wird bald durch beſondere geſaͤze, fideicom-<lb/>
miſſe, gewonheiten, bald durch gedinge feſtgeſezet,<lb/>
wie das leztere, unter andern, der folgende § 816<lb/><fwplace="bottom"type="catch">beſtaͤr-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[491/0515]
vom wittume, und leibgedinge.
geſtalt dann auch die witbe jeweilen den nuͤßbrauch
im lehne hat (§ 307 des 2ten th.), und in landen
haben kan; dafern ſolcher rechtmaͤſſiger weiſe be-
ſtellet worden iſt, wie der herzog Barnim mit dem
herzogtume Stettin, auf vorgehende kaiſerliche be-
ſtaͤtigung, getan hat, Schwarz in der pommeri-
ſchen lehnhiſtori f. 385 fg. Wenn bei den Teut-
ſchen einer heiraten wollte, war die frage: ob er
auch eine frau ernaͤren koͤnne? da wuſte man nichts
vom heutigen ſpruͤchworte: ein reiches weib macht
alles gut ꝛc.
§ 814
Man kan dahir folgende ſaͤze voraus ſchicken:
1) der wittum war ſchon in Teutſchlande gaͤnge
und gebe; obgleich die braut kein heiratsgut zu-
brachte. 2) Nachher brachten die eheweiber eine
mitgift am gelte ꝛc. 3) Darauf wurde die ehe-
frau, wenn der ehemann lehnguͤter hatte, auf vor-
bitte bei dem lehnherrn, mit einem leibgedinge je-
weilen von demſelben belehnet. Woraus die leib-
gedings-lehne erſproſſen ſind, Haltaus ſp. 1242.
4) Die mitgift file nach dem tode des eheherrns
der witbe wider zuruͤck (§ 3237 des 2ten th.); im
falle nichts anders desfalls abgeredet war. Wes-
halber dann im zweiffel die witbe in Ober-Heſſen,
am Rheinſtrome, in Franken, im Bremiſchen ꝛc,
auf den ruͤckfall der brautgift beſtehen kan, (§ 3240
des 2ten th.), von Pufendorf th. I, obſ. 22 ſ. 36
§ 4; wenn ſie gleich einen wittum zihet; diſes moͤ-
gen auch ire erben tun. Die Milchlingin, zu
Schoͤnſtatt, zihet einen wittum von gedoppelten
zinſſen; und gebaret dennoch uͤber ire ehegelter.
Diſes wird bald durch beſondere geſaͤze, fideicom-
miſſe, gewonheiten, bald durch gedinge feſtgeſezet,
wie das leztere, unter andern, der folgende § 816
beſtaͤr-
ſaͤze vom wit-
tume.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/515>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.