sen wäre; es ist auch aus den vorhandenen beispi- len kein allgemeiner schluß wider die teutschen rech- te zu machen. Der Carl Ludewig Schenk hatte seine 4 töchter, auf anraten des Professor Wahls zu Giessen, vor einem notarien, und 2 zeugen emancipiret; allein die hisige regirung hilte dise emancipation für ungiltig, weil sie nicht gericht- lich geschehen wäre. Daß aber der emancipant einen notarien, und zeugen sich dabei ausbitte, hat in römisch-catholischen landen keinen anstand. Hir zu lande würde man einen solchen notarien schwer- lich zulassen, um als beistand dem handel beizu- wonen. Jnzwischen werden wohl hundert, und tausend absonderungen der kinder, nach den teut- schen sitten, und gewonheiten, angetroffen, bevor sich eine römische emancipation finden lässet. De- rohalben wird dise heute zu tage keinesweges für nötig geachtet; jedoch der römischgesinneten rechts- gelehrten halber in denen fällen, wenn der vater mit den unter seiner gewalt sich noch befindenden kindern einen wichtigen handel treffen will, für nicht schädlich gehalten.
§ 935
Obschon die abgesonderte kinder den aelternob die abgeson- derte kinder noch der ael- tern befelen zu geleben haben? ehrerbitung zu erweisen schuldig sind; so können sie doch die aeltern nicht mehr zwingen: ire einwilli- gung zu suchen, und anzunemen; immassen sie nicht mehr in irem brode sind; in disem falle kön- nen die aeltern dergleichen kindern nur einen guten raht geben; keinesweges aber inen befelen, noch fürschreiben, was sie tun sollen. So bald auch die tochter von iren aeltern weg, und abgesondert ist; können sie ihr nicht mehr befelen; wird sie aber eine witbe, und kömmt wider ins haus; so ist sie entweder schon volljärig, oder nicht; in je-
nem
von der abſonderung der kinder.
ſen waͤre; es iſt auch aus den vorhandenen beiſpi- len kein allgemeiner ſchluß wider die teutſchen rech- te zu machen. Der Carl Ludewig Schenk hatte ſeine 4 toͤchter, auf anraten des Profeſſor Wahls zu Gieſſen, vor einem notarien, und 2 zeugen emancipiret; allein die hiſige regirung hilte diſe emancipation fuͤr ungiltig, weil ſie nicht gericht- lich geſchehen waͤre. Daß aber der emancipant einen notarien, und zeugen ſich dabei ausbitte, hat in roͤmiſch-catholiſchen landen keinen anſtand. Hir zu lande wuͤrde man einen ſolchen notarien ſchwer- lich zulaſſen, um als beiſtand dem handel beizu- wonen. Jnzwiſchen werden wohl hundert, und tauſend abſonderungen der kinder, nach den teut- ſchen ſitten, und gewonheiten, angetroffen, bevor ſich eine roͤmiſche emancipation finden laͤſſet. De- rohalben wird diſe heute zu tage keinesweges fuͤr noͤtig geachtet; jedoch der roͤmiſchgeſinneten rechts- gelehrten halber in denen faͤllen, wenn der vater mit den unter ſeiner gewalt ſich noch befindenden kindern einen wichtigen handel treffen will, fuͤr nicht ſchaͤdlich gehalten.
§ 935
Obſchon die abgeſonderte kinder den aelternob die abgeſon- derte kinder noch der ael- tern befelen zu geleben haben? ehrerbitung zu erweiſen ſchuldig ſind; ſo koͤnnen ſie doch die aeltern nicht mehr zwingen: ire einwilli- gung zu ſuchen, und anzunemen; immaſſen ſie nicht mehr in irem brode ſind; in diſem falle koͤn- nen die aeltern dergleichen kindern nur einen guten raht geben; keinesweges aber inen befelen, noch fuͤrſchreiben, was ſie tun ſollen. So bald auch die tochter von iren aeltern weg, und abgeſondert iſt; koͤnnen ſie ihr nicht mehr befelen; wird ſie aber eine witbe, und koͤmmt wider ins haus; ſo iſt ſie entweder ſchon volljaͤrig, oder nicht; in je-
nem
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von der abſonderung der kinder.
ſen waͤre; es iſt auch aus den vorhandenen beiſpi-
len kein allgemeiner ſchluß wider die teutſchen rech-
te zu machen. Der Carl Ludewig Schenk hatte
ſeine 4 toͤchter, auf anraten des Profeſſor Wahls
zu Gieſſen, vor einem notarien, und 2 zeugen
emancipiret; allein die hiſige regirung hilte diſe
emancipation fuͤr ungiltig, weil ſie nicht gericht-
lich geſchehen waͤre. Daß aber der emancipant
einen notarien, und zeugen ſich dabei ausbitte, hat
in roͤmiſch-catholiſchen landen keinen anſtand. Hir
zu lande wuͤrde man einen ſolchen notarien ſchwer-
lich zulaſſen, um als beiſtand dem handel beizu-
wonen. Jnzwiſchen werden wohl hundert, und
tauſend abſonderungen der kinder, nach den teut-
ſchen ſitten, und gewonheiten, angetroffen, bevor
ſich eine roͤmiſche emancipation finden laͤſſet. De-
rohalben wird diſe heute zu tage keinesweges fuͤr
noͤtig geachtet; jedoch der roͤmiſchgeſinneten rechts-
gelehrten halber in denen faͤllen, wenn der vater
mit den unter ſeiner gewalt ſich noch befindenden
kindern einen wichtigen handel treffen will, fuͤr
nicht ſchaͤdlich gehalten.
§ 935
Obſchon die abgeſonderte kinder den aeltern
ehrerbitung zu erweiſen ſchuldig ſind; ſo koͤnnen ſie
doch die aeltern nicht mehr zwingen: ire einwilli-
gung zu ſuchen, und anzunemen; immaſſen ſie
nicht mehr in irem brode ſind; in diſem falle koͤn-
nen die aeltern dergleichen kindern nur einen guten
raht geben; keinesweges aber inen befelen, noch
fuͤrſchreiben, was ſie tun ſollen. So bald auch
die tochter von iren aeltern weg, und abgeſondert
iſt; koͤnnen ſie ihr nicht mehr befelen; wird ſie
aber eine witbe, und koͤmmt wider ins haus; ſo
iſt ſie entweder ſchon volljaͤrig, oder nicht; in je-
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/565>, abgerufen am 22.11.2024.
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