Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.des weibl. geschl. u. anderer personen. für gänseköpse angesehen hätten; vilmehr legetensie inen etwas heiliges, und einen wahrsagergeist in den aeltesten zeiten bei. Wer aber wahrsagen will, muß verstand, und klugheit haben (§ 699). Di- semnach muß dise vormundschaft einen andern grund haben, und sich auf besondere umstände be- zihen. Denn die weibespersonen braucheten nicht zu allen handelungen vormunden. Das vernunft- recht weiß auch nichts davon, von Neumann am a. o. lib. II tit. XV s. 380 fgg.; sondern die bürger- liche rechte haben sie eingefüret. Die weibesper- sonen mögen handelschaft treiben; dißfalls wech- sel ausstellen, und sich verbindlich machen. Haben sie ehemänner, dürfen sie zu deren nachteil, one ein- willigung derselben, nichts unternemen. Die ge- meinschaft zwischen inen leidet solches nicht. Die jungfrauen, und witben konnten aber aussergericht- lich alles tun, und braucheten keines vormundes, auch noch heute zu tage in Sachsen nicht (§ 984 des 1ten th.). Allein im gerichte mussten sie der- gleichen haben; die haubtursache hirvon war dise: wenn sie für gericht kamen, und der andere teil leugnete die geschichte; so mussten sie solche erwei- sen. Der haubtbeweiß geschahe durch einen zwei- kampf (in iudicio duellico), und sollte darin aus- gemachet werden. Nach der regel aber schlugen sich die weibespersonen nicht; folglich mussten sie einen beschüzer, oder verteidiger haben, welcher den zweikampf für sie übernam. War er aber abwe- send, z. e. im krige, so bestellete er ihr einen beschü- zer. Dise verteidigung war allso keine eigentliche vormundschaft, welche mit einer verwaltung oder aufsicht und macht über die person verknüpfet wur- de, wie noch zu finden stehet (§ 984 des 1ten th.). Zu Hamburg, und Lübeck machen die eheweiber hirvon eine ausname; iedoch lässet sich dise sache aus P p 3
des weibl. geſchl. u. anderer perſonen. fuͤr gaͤnſekoͤpſe angeſehen haͤtten; vilmehr legetenſie inen etwas heiliges, und einen wahrſagergeiſt in den aelteſten zeiten bei. Wer aber wahrſagen will, muß verſtand, und klugheit haben (§ 699). Di- ſemnach muß diſe vormundſchaft einen andern grund haben, und ſich auf beſondere umſtaͤnde be- zihen. Denn die weibesperſonen braucheten nicht zu allen handelungen vormunden. Das vernunft- recht weiß auch nichts davon, von Neumann am a. o. lib. II tit. XV ſ. 380 fgg.; ſondern die buͤrger- liche rechte haben ſie eingefuͤret. Die weibesper- ſonen moͤgen handelſchaft treiben; dißfalls wech- ſel ausſtellen, und ſich verbindlich machen. Haben ſie ehemaͤnner, duͤrfen ſie zu deren nachteil, one ein- willigung derſelben, nichts unternemen. Die ge- meinſchaft zwiſchen inen leidet ſolches nicht. Die jungfrauen, und witben konnten aber auſſergericht- lich alles tun, und braucheten keines vormundes, auch noch heute zu tage in Sachſen nicht (§ 984 des 1ten th.). Allein im gerichte muſſten ſie der- gleichen haben; die haubturſache hirvon war diſe: wenn ſie fuͤr gericht kamen, und der andere teil leugnete die geſchichte; ſo muſſten ſie ſolche erwei- ſen. Der haubtbeweiß geſchahe durch einen zwei- kampf (in iudicio duellico), und ſollte darin aus- gemachet werden. Nach der regel aber ſchlugen ſich die weibesperſonen nicht; folglich muſſten ſie einen beſchuͤzer, oder verteidiger haben, welcher den zweikampf fuͤr ſie uͤbernam. War er aber abwe- ſend, z. e. im krige, ſo beſtellete er ihr einen beſchuͤ- zer. Diſe verteidigung war allſo keine eigentliche vormundſchaft, welche mit einer verwaltung oder aufſicht und macht uͤber die perſon verknuͤpfet wur- de, wie noch zu finden ſtehet (§ 984 des 1ten th.). Zu Hamburg, und Luͤbeck machen die eheweiber hirvon eine ausname; iedoch laͤſſet ſich diſe ſache aus P p 3
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des weibl. geſchl. u. anderer perſonen.
fuͤr gaͤnſekoͤpſe angeſehen haͤtten; vilmehr legeten
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den aelteſten zeiten bei. Wer aber wahrſagen will,
muß verſtand, und klugheit haben (§ 699). Di-
ſemnach muß diſe vormundſchaft einen andern
grund haben, und ſich auf beſondere umſtaͤnde be-
zihen. Denn die weibesperſonen braucheten nicht
zu allen handelungen vormunden. Das vernunft-
recht weiß auch nichts davon, von Neumann am
a. o. lib. II tit. XV ſ. 380 fgg.; ſondern die buͤrger-
liche rechte haben ſie eingefuͤret. Die weibesper-
ſonen moͤgen handelſchaft treiben; dißfalls wech-
ſel ausſtellen, und ſich verbindlich machen. Haben
ſie ehemaͤnner, duͤrfen ſie zu deren nachteil, one ein-
willigung derſelben, nichts unternemen. Die ge-
meinſchaft zwiſchen inen leidet ſolches nicht. Die
jungfrauen, und witben konnten aber auſſergericht-
lich alles tun, und braucheten keines vormundes,
auch noch heute zu tage in Sachſen nicht (§ 984
des 1ten th.). Allein im gerichte muſſten ſie der-
gleichen haben; die haubturſache hirvon war diſe:
wenn ſie fuͤr gericht kamen, und der andere teil
leugnete die geſchichte; ſo muſſten ſie ſolche erwei-
ſen. Der haubtbeweiß geſchahe durch einen zwei-
kampf (in iudicio duellico), und ſollte darin aus-
gemachet werden. Nach der regel aber ſchlugen
ſich die weibesperſonen nicht; folglich muſſten ſie
einen beſchuͤzer, oder verteidiger haben, welcher den
zweikampf fuͤr ſie uͤbernam. War er aber abwe-
ſend, z. e. im krige, ſo beſtellete er ihr einen beſchuͤ-
zer. Diſe verteidigung war allſo keine eigentliche
vormundſchaft, welche mit einer verwaltung oder
aufſicht und macht uͤber die perſon verknuͤpfet wur-
de, wie noch zu finden ſtehet (§ 984 des 1ten th.).
Zu Hamburg, und Luͤbeck machen die eheweiber
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Zitationshilfe: | Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/621>, abgerufen am 03.07.2024. |