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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

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befleckt. mensch. u. andern lump. volke.
mit auch nicht einmal ein einziges andenken, we-
gen der bösen tat, und höchst verhasseten, auch
schändlichen ausweichung davon übrig bleibe.
Wenn allso einer den andern einen haasen nennet,
ist es so vil, als zu sagen: daß er kein herz habe.
Wer aber dises nicht hatte, der wurde für anrüch-
tig gehalten. Hiraus ist auch zu begreiffen: war-
um ausreissende soldaten, im falle sie pardon erhal-
ten, erlich gemachet werden; oder wenn man sie
nicht begnadiget, aufgehenket werden, welches eine
alte teutsche strafe ist. Jm krige wird derjenige,
welcher one ordre etwas tut, sich retiriret, oder zu-
rück gehet, sofort seines lebens für verlustig, oder
erloß gehalten; welches auch geschehen kan, dafern
einer rechtsum sagen soll, aber linksum saget, und
auf dise weise eine verwirrung anrichtet; wie vil-
mehr, wenn er gar flihet. Wenn von der überga-
be einer festung in einem krigesrahte gesprochen
wird, kan ein jeder, auch der geringeste officir, nein
sagen; obschon die generale, und officirs auf die
übergabe dringen; in welchem falle jenem das com-
mando in der festung zu überlassen stehet, und die
soldaten sind ihm, vermöge der kriges-artikel, da sie
als tapfere leute sich weren sollen, zu gehorchen
schuldig; denn, wenn sie nicht brav sich bezeigen,
werden sie anrüchtig.

§ 996

Verschidene wänen: daß derjenige, welcher fürvon den käm-
pfern, klopf-
fechtern, spil-
leuten etc.

eine andere person den zuerkannten zweikampf über-
nommen, seine ere dadurch gekränket habe. Allein
dises ist unrichtig; vilmehr war dises eine anstän-
dige handelung; in betracht dergleichen zweikampf
den haubtbeweiß einer im processe befangenen streit-
sache ausmachete. Wenn allso eine weibesper-
person, eine ehefrau (§ 981), ein mit leibesschwach-

heit

befleckt. menſch. u. andern lump. volke.
mit auch nicht einmal ein einziges andenken, we-
gen der boͤſen tat, und hoͤchſt verhaſſeten, auch
ſchaͤndlichen ausweichung davon uͤbrig bleibe.
Wenn allſo einer den andern einen haaſen nennet,
iſt es ſo vil, als zu ſagen: daß er kein herz habe.
Wer aber diſes nicht hatte, der wurde fuͤr anruͤch-
tig gehalten. Hiraus iſt auch zu begreiffen: war-
um ausreiſſende ſoldaten, im falle ſie pardon erhal-
ten, erlich gemachet werden; oder wenn man ſie
nicht begnadiget, aufgehenket werden, welches eine
alte teutſche ſtrafe iſt. Jm krige wird derjenige,
welcher one ordre etwas tut, ſich retiriret, oder zu-
ruͤck gehet, ſofort ſeines lebens fuͤr verluſtig, oder
erloß gehalten; welches auch geſchehen kan, dafern
einer rechtsum ſagen ſoll, aber linksum ſaget, und
auf diſe weiſe eine verwirrung anrichtet; wie vil-
mehr, wenn er gar flihet. Wenn von der uͤberga-
be einer feſtung in einem krigesrahte geſprochen
wird, kan ein jeder, auch der geringeſte officir, nein
ſagen; obſchon die generale, und officirs auf die
uͤbergabe dringen; in welchem falle jenem das com-
mando in der feſtung zu uͤberlaſſen ſtehet, und die
ſoldaten ſind ihm, vermoͤge der kriges-artikel, da ſie
als tapfere leute ſich weren ſollen, zu gehorchen
ſchuldig; denn, wenn ſie nicht brav ſich bezeigen,
werden ſie anruͤchtig.

§ 996

Verſchidene waͤnen: daß derjenige, welcher fuͤrvon den kaͤm-
pfern, klopf-
fechtern, ſpil-
leuten ꝛc.

eine andere perſon den zuerkannten zweikampf uͤber-
nommen, ſeine ere dadurch gekraͤnket habe. Allein
diſes iſt unrichtig; vilmehr war diſes eine anſtaͤn-
dige handelung; in betracht dergleichen zweikampf
den haubtbeweiß einer im proceſſe befangenen ſtreit-
ſache ausmachete. Wenn allſo eine weibesper-
perſon, eine ehefrau (§ 981), ein mit leibesſchwach-

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[619/0643] befleckt. menſch. u. andern lump. volke. mit auch nicht einmal ein einziges andenken, we- gen der boͤſen tat, und hoͤchſt verhaſſeten, auch ſchaͤndlichen ausweichung davon uͤbrig bleibe. Wenn allſo einer den andern einen haaſen nennet, iſt es ſo vil, als zu ſagen: daß er kein herz habe. Wer aber diſes nicht hatte, der wurde fuͤr anruͤch- tig gehalten. Hiraus iſt auch zu begreiffen: war- um ausreiſſende ſoldaten, im falle ſie pardon erhal- ten, erlich gemachet werden; oder wenn man ſie nicht begnadiget, aufgehenket werden, welches eine alte teutſche ſtrafe iſt. Jm krige wird derjenige, welcher one ordre etwas tut, ſich retiriret, oder zu- ruͤck gehet, ſofort ſeines lebens fuͤr verluſtig, oder erloß gehalten; welches auch geſchehen kan, dafern einer rechtsum ſagen ſoll, aber linksum ſaget, und auf diſe weiſe eine verwirrung anrichtet; wie vil- mehr, wenn er gar flihet. Wenn von der uͤberga- be einer feſtung in einem krigesrahte geſprochen wird, kan ein jeder, auch der geringeſte officir, nein ſagen; obſchon die generale, und officirs auf die uͤbergabe dringen; in welchem falle jenem das com- mando in der feſtung zu uͤberlaſſen ſtehet, und die ſoldaten ſind ihm, vermoͤge der kriges-artikel, da ſie als tapfere leute ſich weren ſollen, zu gehorchen ſchuldig; denn, wenn ſie nicht brav ſich bezeigen, werden ſie anruͤchtig. § 996 Verſchidene waͤnen: daß derjenige, welcher fuͤr eine andere perſon den zuerkannten zweikampf uͤber- nommen, ſeine ere dadurch gekraͤnket habe. Allein diſes iſt unrichtig; vilmehr war diſes eine anſtaͤn- dige handelung; in betracht dergleichen zweikampf den haubtbeweiß einer im proceſſe befangenen ſtreit- ſache ausmachete. Wenn allſo eine weibesper- perſon, eine ehefrau (§ 981), ein mit leibesſchwach- heit von den kaͤm- pfern, klopf- fechtern, ſpil- leuten ꝛc.

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/643>, abgerufen am 22.11.2024.