Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

CXXVI haubtstück,
durch die stadt etc gefüret; er wird entweder am
pranger überhaubt nur gepeitschet, oder alle 10 rc
schritte bekömmt er vom schinder einen hib kreuz-
weiß, bis vor die stadt. Denn dises erwecket mehr
aufsehens; folglich gibet es ein grosses beispil. 3)
Das oren- und nasen-abschneiden ist sehr abgekom-
men, und ist auch so leicht nicht zu unternemen; in
betracht man dadurch ein geschöpf Gottes zerstüm-
melt; mithin den verlust der achtung, welche hirin
den menschen im wege stehet, allemal verursachen
muß; daher kan eine andere strafe an deren statt
gebrauchet werden. 4) Wenn das brandmarken
geschehen soll; so hat der schinder eine kolpfanne mit
glüenden kolen. Hirauf wird das eisen heiß gema-
chet, und auf den rücken etc gebrennet. Der ober-
rheinische kreiß hat im eisen ein O und R in einem
runden kreisse OR etc. Hirbei kömmt nun die
frage für: ob es vor, oder nach der aushauung
geschehen solle? die antwort ist: es kan vor, und
nach derselben geschehen. Der schinder hat |etwas
blutstillendes bei sich, womit er den ausgehauenen
schmiret, und alsdann brandmarket. 5) Wird bei
dem hände- oder finger-abhauen in acht genom-
men: daß es nicht durch das gelenk geschehe; in-
dem sonst das glidwasser heraus gehet, und eine lä-
mung alsdann verursachet wird; welches man doch
vermeiden muß.

Hundert sechs und zwanzigstes haubtstück
von
den scharf- oder nachrichtern etc.

§ 1020

Ein scharfrichter darf nicht eher angenommen
werden, er habe dann seine kunst zuförderst

abge-

CXXVI haubtſtuͤck,
durch die ſtadt ꝛc gefuͤret; er wird entweder am
pranger uͤberhaubt nur gepeitſchet, oder alle 10 ꝛc
ſchritte bekoͤmmt er vom ſchinder einen hib kreuz-
weiß, bis vor die ſtadt. Denn diſes erwecket mehr
aufſehens; folglich gibet es ein groſſes beiſpil. 3)
Das oren- und naſen-abſchneiden iſt ſehr abgekom-
men, und iſt auch ſo leicht nicht zu unternemen; in
betracht man dadurch ein geſchoͤpf Gottes zerſtuͤm-
melt; mithin den verluſt der achtung, welche hirin
den menſchen im wege ſtehet, allemal verurſachen
muß; daher kan eine andere ſtrafe an deren ſtatt
gebrauchet werden. 4) Wenn das brandmarken
geſchehen ſoll; ſo hat der ſchinder eine kolpfanne mit
gluͤenden kolen. Hirauf wird das eiſen heiß gema-
chet, und auf den ruͤcken ꝛc gebrennet. Der ober-
rheiniſche kreiß hat im eiſen ein O und R in einem
runden kreiſſe OR ꝛc. Hirbei koͤmmt nun die
frage fuͤr: ob es vor, oder nach der aushauung
geſchehen ſolle? die antwort iſt: es kan vor, und
nach derſelben geſchehen. Der ſchinder hat |etwas
blutſtillendes bei ſich, womit er den ausgehauenen
ſchmiret, und alsdann brandmarket. 5) Wird bei
dem haͤnde- oder finger-abhauen in acht genom-
men: daß es nicht durch das gelenk geſchehe; in-
dem ſonſt das glidwaſſer heraus gehet, und eine laͤ-
mung alsdann verurſachet wird; welches man doch
vermeiden muß.

Hundert ſechs und zwanzigſtes haubtſtuͤck
von
den ſcharf- oder nachrichtern ꝛc.

§ 1020

Ein ſcharfrichter darf nicht eher angenommen
werden, er habe dann ſeine kunſt zufoͤrderſt

abge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0650" n="626"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CXXVI</hi> haubt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi></fw><lb/>
durch die &#x017F;tadt &#xA75B;c gefu&#x0364;ret; er wird entweder am<lb/>
pranger u&#x0364;berhaubt nur gepeit&#x017F;chet, oder alle 10 &#xA75B;c<lb/>
&#x017F;chritte beko&#x0364;mmt er vom &#x017F;chinder einen hib kreuz-<lb/>
weiß, bis vor die &#x017F;tadt. Denn di&#x017F;es erwecket mehr<lb/>
auf&#x017F;ehens; folglich gibet es ein gro&#x017F;&#x017F;es bei&#x017F;pil. 3)<lb/>
Das oren- und na&#x017F;en-ab&#x017F;chneiden i&#x017F;t &#x017F;ehr abgekom-<lb/>
men, und i&#x017F;t auch &#x017F;o leicht nicht zu unternemen; in<lb/>
betracht man dadurch ein ge&#x017F;cho&#x0364;pf Gottes zer&#x017F;tu&#x0364;m-<lb/>
melt; mithin den verlu&#x017F;t der achtung, welche hirin<lb/>
den men&#x017F;chen im wege &#x017F;tehet, allemal verur&#x017F;achen<lb/>
muß; daher kan eine andere &#x017F;trafe an deren &#x017F;tatt<lb/>
gebrauchet werden. 4) Wenn das brandmarken<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;oll; &#x017F;o hat der &#x017F;chinder eine kolpfanne mit<lb/>
glu&#x0364;enden kolen. Hirauf wird das ei&#x017F;en heiß gema-<lb/>
chet, und auf den ru&#x0364;cken &#xA75B;c gebrennet. Der ober-<lb/>
rheini&#x017F;che kreiß hat im ei&#x017F;en ein O und R in einem<lb/>
runden krei&#x017F;&#x017F;e OR &#xA75B;c. Hirbei ko&#x0364;mmt nun die<lb/>
frage fu&#x0364;r: ob es vor, oder nach der aushauung<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;olle? die antwort i&#x017F;t: es kan vor, und<lb/>
nach der&#x017F;elben ge&#x017F;chehen. Der &#x017F;chinder hat |etwas<lb/>
blut&#x017F;tillendes bei &#x017F;ich, womit er den ausgehauenen<lb/>
&#x017F;chmiret, und alsdann brandmarket. 5) Wird bei<lb/>
dem ha&#x0364;nde- oder finger-abhauen in acht genom-<lb/>
men: daß es nicht durch das gelenk ge&#x017F;chehe; in-<lb/>
dem &#x017F;on&#x017F;t das glidwa&#x017F;&#x017F;er heraus gehet, und eine la&#x0364;-<lb/>
mung alsdann verur&#x017F;achet wird; welches man doch<lb/>
vermeiden muß.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b">Hundert &#x017F;echs und zwanzig&#x017F;tes haubt&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
von<lb/>
den &#x017F;charf- oder nachrichtern &#xA75B;c.</hi><lb/>
§ 1020</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>in &#x017F;charfrichter darf nicht eher angenommen<lb/>
werden, er habe dann &#x017F;eine kun&#x017F;t zufo&#x0364;rder&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">abge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626/0650] CXXVI haubtſtuͤck, durch die ſtadt ꝛc gefuͤret; er wird entweder am pranger uͤberhaubt nur gepeitſchet, oder alle 10 ꝛc ſchritte bekoͤmmt er vom ſchinder einen hib kreuz- weiß, bis vor die ſtadt. Denn diſes erwecket mehr aufſehens; folglich gibet es ein groſſes beiſpil. 3) Das oren- und naſen-abſchneiden iſt ſehr abgekom- men, und iſt auch ſo leicht nicht zu unternemen; in betracht man dadurch ein geſchoͤpf Gottes zerſtuͤm- melt; mithin den verluſt der achtung, welche hirin den menſchen im wege ſtehet, allemal verurſachen muß; daher kan eine andere ſtrafe an deren ſtatt gebrauchet werden. 4) Wenn das brandmarken geſchehen ſoll; ſo hat der ſchinder eine kolpfanne mit gluͤenden kolen. Hirauf wird das eiſen heiß gema- chet, und auf den ruͤcken ꝛc gebrennet. Der ober- rheiniſche kreiß hat im eiſen ein O und R in einem runden kreiſſe OR ꝛc. Hirbei koͤmmt nun die frage fuͤr: ob es vor, oder nach der aushauung geſchehen ſolle? die antwort iſt: es kan vor, und nach derſelben geſchehen. Der ſchinder hat |etwas blutſtillendes bei ſich, womit er den ausgehauenen ſchmiret, und alsdann brandmarket. 5) Wird bei dem haͤnde- oder finger-abhauen in acht genom- men: daß es nicht durch das gelenk geſchehe; in- dem ſonſt das glidwaſſer heraus gehet, und eine laͤ- mung alsdann verurſachet wird; welches man doch vermeiden muß. Hundert ſechs und zwanzigſtes haubtſtuͤck von den ſcharf- oder nachrichtern ꝛc. § 1020 Ein ſcharfrichter darf nicht eher angenommen werden, er habe dann ſeine kunſt zufoͤrderſt abge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/650
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/650>, abgerufen am 22.11.2024.