Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

CXXVII h. von den verstorbenen,
den soll. Die erbbegräbnisse ersihet sich einer für
seine person, und seine erben, auch erbnemen aus;
dahingegen werden die familien-begräbnisse für di-
jenigen, welche zur famili rechtmässiger weise gehö-
ren lediglich bestimmet. Wer allso rechtlicher art
nach zur famili gezälet werden kan; gleichwohl
stirbet; der kan auch der glückseligkeit, in dem gra-
be seiner väter begraben zu ligen, teilhaftig seyn.
Solchemnach haben auch die unverheiratete töchter
einen plaz in den familien-begräbnissen; die ver-
ehelichte töchter aber werden sofort zu irer ehemän-
ner geschlecht gerechnet; wohlfolglich gehören sie
nicht mehr zu der väter geschlechte, noch die schwi-
gersöne, noch natürliche, oder uneheliche kinder;
wohl aber die ehegenossinnen der zur famili gehöri-
gen mannspersonen; allein bei dergleichen eheleu-
ten ist zuförderst zu betrachten: ob sie aus hohen,
oder nideren adel ersprossen sind, und ebenbürtige
eheconsortinnen, oder unebenbürtige genommen ha-
ben, oder nicht? sind die gemalinnen bei dem hohen
adel nicht ebenbürtig: so werden sie auch in das
familien-begräbniß nicht gern gelassen, wie die bei-
spile bezeugen. Das einstands- oder erblösungs-
recht kan auch hirbei statt finden, ausweißlich der
von Jac. Fels unter dem Hofmannischen vorsize
gehaltenen streitschrift: de retractu etc Jena 1750,
§ 21.

§ 1035
von begräbniß-
malzeiten, oder
dem leibessen,
auch der trau-
er in den hisi-
gen landen.

Obschon die alte Teutsche ein leidmal gegeben
haben (§ 1027); so ist doch dises neuerer zeiten
von polizei wegen in den meresten teutschen staten,
wo nicht gänzlich abgeschaffet, und verboten; iedoch
sehr beschränket worden. Jn den fürstl. hessen-
casselischen landen sind die leidmale, vermöge einer
verordnung vom 10ten nov. 1725, verboten, wel-

che

CXXVII h. von den verſtorbenen,
den ſoll. Die erbbegraͤbniſſe erſihet ſich einer fuͤr
ſeine perſon, und ſeine erben, auch erbnemen aus;
dahingegen werden die familien-begraͤbniſſe fuͤr di-
jenigen, welche zur famili rechtmaͤſſiger weiſe gehoͤ-
ren lediglich beſtimmet. Wer allſo rechtlicher art
nach zur famili gezaͤlet werden kan; gleichwohl
ſtirbet; der kan auch der gluͤckſeligkeit, in dem gra-
be ſeiner vaͤter begraben zu ligen, teilhaftig ſeyn.
Solchemnach haben auch die unverheiratete toͤchter
einen plaz in den familien-begraͤbniſſen; die ver-
ehelichte toͤchter aber werden ſofort zu irer ehemaͤn-
ner geſchlecht gerechnet; wohlfolglich gehoͤren ſie
nicht mehr zu der vaͤter geſchlechte, noch die ſchwi-
gerſoͤne, noch natuͤrliche, oder uneheliche kinder;
wohl aber die ehegenoſſinnen der zur famili gehoͤri-
gen mannsperſonen; allein bei dergleichen eheleu-
ten iſt zufoͤrderſt zu betrachten: ob ſie aus hohen,
oder nideren adel erſproſſen ſind, und ebenbuͤrtige
eheconſortinnen, oder unebenbuͤrtige genommen ha-
ben, oder nicht? ſind die gemalinnen bei dem hohen
adel nicht ebenbuͤrtig: ſo werden ſie auch in das
familien-begraͤbniß nicht gern gelaſſen, wie die bei-
ſpile bezeugen. Das einſtands- oder erbloͤſungs-
recht kan auch hirbei ſtatt finden, ausweißlich der
von Jac. Fels unter dem Hofmanniſchen vorſize
gehaltenen ſtreitſchrift: de retractu etc Jena 1750,
§ 21.

§ 1035
von begraͤbniß-
malzeiten, oder
dem leibeſſen,
auch der trau-
er in den hiſi-
gen landen.

Obſchon die alte Teutſche ein leidmal gegeben
haben (§ 1027); ſo iſt doch diſes neuerer zeiten
von polizei wegen in den mereſten teutſchen ſtaten,
wo nicht gaͤnzlich abgeſchaffet, und verboten; iedoch
ſehr beſchraͤnket worden. Jn den fuͤrſtl. heſſen-
caſſeliſchen landen ſind die leidmale, vermoͤge einer
verordnung vom 10ten nov. 1725, verboten, wel-

che
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0656" n="632"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CXXVII</hi> h. von den ver&#x017F;torbenen,</hi></fw><lb/>
den &#x017F;oll. Die erbbegra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;e er&#x017F;ihet &#x017F;ich einer fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;eine per&#x017F;on, und &#x017F;eine erben, auch erbnemen aus;<lb/>
dahingegen werden die familien-begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r di-<lb/>
jenigen, welche zur famili rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger wei&#x017F;e geho&#x0364;-<lb/>
ren lediglich be&#x017F;timmet. Wer all&#x017F;o rechtlicher art<lb/>
nach zur famili geza&#x0364;let werden kan; gleichwohl<lb/>
&#x017F;tirbet; der kan auch der glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit, in dem gra-<lb/>
be &#x017F;einer va&#x0364;ter begraben zu ligen, teilhaftig &#x017F;eyn.<lb/>
Solchemnach haben auch die unverheiratete to&#x0364;chter<lb/>
einen plaz in den familien-begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;en; die ver-<lb/>
ehelichte to&#x0364;chter aber werden &#x017F;ofort zu irer ehema&#x0364;n-<lb/>
ner ge&#x017F;chlecht gerechnet; wohlfolglich geho&#x0364;ren &#x017F;ie<lb/>
nicht mehr zu der va&#x0364;ter ge&#x017F;chlechte, noch die &#x017F;chwi-<lb/>
ger&#x017F;o&#x0364;ne, noch natu&#x0364;rliche, oder uneheliche kinder;<lb/>
wohl aber die ehegeno&#x017F;&#x017F;innen der zur famili geho&#x0364;ri-<lb/>
gen mannsper&#x017F;onen; allein bei dergleichen eheleu-<lb/>
ten i&#x017F;t zufo&#x0364;rder&#x017F;t zu betrachten: ob &#x017F;ie aus hohen,<lb/>
oder nideren adel er&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, und ebenbu&#x0364;rtige<lb/>
ehecon&#x017F;ortinnen, oder unebenbu&#x0364;rtige genommen ha-<lb/>
ben, oder nicht? &#x017F;ind die gemalinnen bei dem hohen<lb/>
adel nicht ebenbu&#x0364;rtig: &#x017F;o werden &#x017F;ie auch in das<lb/>
familien-begra&#x0364;bniß nicht gern gela&#x017F;&#x017F;en, wie die bei-<lb/>
&#x017F;pile bezeugen. Das ein&#x017F;tands- oder erblo&#x0364;&#x017F;ungs-<lb/>
recht kan auch hirbei &#x017F;tatt finden, ausweißlich der<lb/>
von <hi rendition="#fr">Jac. Fels</hi> unter dem <hi rendition="#fr">Hofmanni&#x017F;chen</hi> vor&#x017F;ize<lb/>
gehaltenen &#x017F;treit&#x017F;chrift: <hi rendition="#aq">de retractu etc</hi> Jena 1750,<lb/>
§ 21.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 1035</head><lb/>
          <note place="left">von begra&#x0364;bniß-<lb/>
malzeiten, oder<lb/>
dem leibe&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
auch der trau-<lb/>
er in den hi&#x017F;i-<lb/>
gen landen.</note>
          <p>Ob&#x017F;chon die alte Teut&#x017F;che ein leidmal gegeben<lb/>
haben (§ 1027); &#x017F;o i&#x017F;t doch di&#x017F;es neuerer zeiten<lb/>
von polizei wegen in den mere&#x017F;ten teut&#x017F;chen &#x017F;taten,<lb/>
wo nicht ga&#x0364;nzlich abge&#x017F;chaffet, und verboten; iedoch<lb/>
&#x017F;ehr be&#x017F;chra&#x0364;nket worden. Jn den fu&#x0364;r&#x017F;tl. he&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
ca&#x017F;&#x017F;eli&#x017F;chen landen &#x017F;ind die leidmale, vermo&#x0364;ge einer<lb/>
verordnung vom 10ten nov. 1725, verboten, wel-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[632/0656] CXXVII h. von den verſtorbenen, den ſoll. Die erbbegraͤbniſſe erſihet ſich einer fuͤr ſeine perſon, und ſeine erben, auch erbnemen aus; dahingegen werden die familien-begraͤbniſſe fuͤr di- jenigen, welche zur famili rechtmaͤſſiger weiſe gehoͤ- ren lediglich beſtimmet. Wer allſo rechtlicher art nach zur famili gezaͤlet werden kan; gleichwohl ſtirbet; der kan auch der gluͤckſeligkeit, in dem gra- be ſeiner vaͤter begraben zu ligen, teilhaftig ſeyn. Solchemnach haben auch die unverheiratete toͤchter einen plaz in den familien-begraͤbniſſen; die ver- ehelichte toͤchter aber werden ſofort zu irer ehemaͤn- ner geſchlecht gerechnet; wohlfolglich gehoͤren ſie nicht mehr zu der vaͤter geſchlechte, noch die ſchwi- gerſoͤne, noch natuͤrliche, oder uneheliche kinder; wohl aber die ehegenoſſinnen der zur famili gehoͤri- gen mannsperſonen; allein bei dergleichen eheleu- ten iſt zufoͤrderſt zu betrachten: ob ſie aus hohen, oder nideren adel erſproſſen ſind, und ebenbuͤrtige eheconſortinnen, oder unebenbuͤrtige genommen ha- ben, oder nicht? ſind die gemalinnen bei dem hohen adel nicht ebenbuͤrtig: ſo werden ſie auch in das familien-begraͤbniß nicht gern gelaſſen, wie die bei- ſpile bezeugen. Das einſtands- oder erbloͤſungs- recht kan auch hirbei ſtatt finden, ausweißlich der von Jac. Fels unter dem Hofmanniſchen vorſize gehaltenen ſtreitſchrift: de retractu etc Jena 1750, § 21. § 1035 Obſchon die alte Teutſche ein leidmal gegeben haben (§ 1027); ſo iſt doch diſes neuerer zeiten von polizei wegen in den mereſten teutſchen ſtaten, wo nicht gaͤnzlich abgeſchaffet, und verboten; iedoch ſehr beſchraͤnket worden. Jn den fuͤrſtl. heſſen- caſſeliſchen landen ſind die leidmale, vermoͤge einer verordnung vom 10ten nov. 1725, verboten, wel- che

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/656
Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/656>, abgerufen am 22.11.2024.