Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Eilftes Kapitel.

Von den Anschlägen.
§. 75.

Wenn schon die Verfertigung eines genauen Anschlags bei Landbauen vielen Schwierigkei-
ten unterworfen ist, so treten bei Wasserbauen noch weit mehr Umstände ein, die eine ge-
naue Bestimmung der Materialienmenge und der Kosten höchst unsicher machen. Bald ver-
tieft sich während dem Baue der Grund weit mehr als man berechtiget war vorauszusetzen,
bald pressen sich die Faschinen mehr als gewöhnlich zusammen, bald kann wegen widriger
Winde die Erde nicht in gehöriger Menge angefahren werden, weshalb man zu Landfuhren
seine Zuflucht nehmen muß, und so können mannichfaltige Veranlassungen eine Abweichung
von dem ursprünglichen Anschlage veranlassen. So unmöglich es aber auch ist, auf derglei-
chen Umstände Rücksicht zu nehmen, so wird dennoch erfordert, daß vor der Ausführung
eines jeden Baues, ein so viel wie möglich genauer Anschlag von den Materialien und Ko-
sten, vorher verfertiget werde.

§. 76.

Vor der nähern Untersuchung des Materialienbedarfs und des Arbeitslohns, wird es
nöthig seyn, einige Bemerkungen darüber anzustellen, in wie fern Faschinenbaue durch Entre-
penneurs oder auf Rechnung am vortheilhaftesten auszuführen sind.

Aus dem Vorhergehenden wird hinlänglich erhellen, daß nur derjenige einen Faschi-
nenbau zweckmäßig ausführen kann, welcher genaue Kenntniß des Strombaues besitzet, die
man bei einem Entreprenneur der nicht zugleich Baumeister ist, nicht wohl voraussetzen darf.
Wenn es sich aber sehr wohl ereignen kann, daß ein Wasserbau beinahe noch einmal so viel
auszuführen kostet, als veranschlagt worden, so wird nicht leicht ein Entreprenneur einen solchen
Bau übernehmen, wenn er nicht durch die bewilligten Kosten, auch für die möglich nachthei-
ligen Umstände gesichert ist. So oft nun diese Umstände nicht eintreten, so ist der Staat um
die mehrern Kosten gebracht, die besser angewandt werden könnten. Selbst wenn man dem
Enterprenneur in besondern Fällen, etwa bei großer Vertiefung während dem Baue, Nach-
schuß bewilligen wollte, so ist die Mehrausgabe schwer zu bestimmen, weil Werke unter dem

L 2
Eilftes Kapitel.

Von den Anſchlaͤgen.
§. 75.

Wenn ſchon die Verfertigung eines genauen Anſchlags bei Landbauen vielen Schwierigkei-
ten unterworfen iſt, ſo treten bei Waſſerbauen noch weit mehr Umſtaͤnde ein, die eine ge-
naue Beſtimmung der Materialienmenge und der Koſten hoͤchſt unſicher machen. Bald ver-
tieft ſich waͤhrend dem Baue der Grund weit mehr als man berechtiget war vorauszuſetzen,
bald preſſen ſich die Faſchinen mehr als gewoͤhnlich zuſammen, bald kann wegen widriger
Winde die Erde nicht in gehoͤriger Menge angefahren werden, weshalb man zu Landfuhren
ſeine Zuflucht nehmen muß, und ſo koͤnnen mannichfaltige Veranlaſſungen eine Abweichung
von dem urſpruͤnglichen Anſchlage veranlaſſen. So unmoͤglich es aber auch iſt, auf derglei-
chen Umſtaͤnde Ruͤckſicht zu nehmen, ſo wird dennoch erfordert, daß vor der Ausfuͤhrung
eines jeden Baues, ein ſo viel wie moͤglich genauer Anſchlag von den Materialien und Ko-
ſten, vorher verfertiget werde.

§. 76.

Vor der naͤhern Unterſuchung des Materialienbedarfs und des Arbeitslohns, wird es
noͤthig ſeyn, einige Bemerkungen daruͤber anzuſtellen, in wie fern Faſchinenbaue durch Entre-
penneurs oder auf Rechnung am vortheilhafteſten auszufuͤhren ſind.

Aus dem Vorhergehenden wird hinlaͤnglich erhellen, daß nur derjenige einen Faſchi-
nenbau zweckmaͤßig ausfuͤhren kann, welcher genaue Kenntniß des Strombaues beſitzet, die
man bei einem Entreprenneur der nicht zugleich Baumeiſter iſt, nicht wohl vorausſetzen darf.
Wenn es ſich aber ſehr wohl ereignen kann, daß ein Waſſerbau beinahe noch einmal ſo viel
auszufuͤhren koſtet, als veranſchlagt worden, ſo wird nicht leicht ein Entreprenneur einen ſolchen
Bau uͤbernehmen, wenn er nicht durch die bewilligten Koſten, auch fuͤr die moͤglich nachthei-
ligen Umſtaͤnde geſichert iſt. So oft nun dieſe Umſtaͤnde nicht eintreten, ſo iſt der Staat um
die mehrern Koſten gebracht, die beſſer angewandt werden koͤnnten. Selbſt wenn man dem
Enterprenneur in beſondern Faͤllen, etwa bei großer Vertiefung waͤhrend dem Baue, Nach-
ſchuß bewilligen wollte, ſo iſt die Mehrausgabe ſchwer zu beſtimmen, weil Werke unter dem

L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0103" n="83"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Eilftes Kapitel</hi>.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><hi rendition="#g">Von den An&#x017F;chla&#x0364;gen</hi>.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 75.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>enn &#x017F;chon die Verfertigung eines genauen An&#x017F;chlags bei Landbauen vielen Schwierigkei-<lb/>
ten unterworfen i&#x017F;t, &#x017F;o treten bei Wa&#x017F;&#x017F;erbauen noch weit mehr Um&#x017F;ta&#x0364;nde ein, die eine ge-<lb/>
naue Be&#x017F;timmung der Materialienmenge und der Ko&#x017F;ten ho&#x0364;ch&#x017F;t un&#x017F;icher machen. Bald ver-<lb/>
tieft &#x017F;ich wa&#x0364;hrend dem Baue der Grund weit mehr als man berechtiget war vorauszu&#x017F;etzen,<lb/>
bald pre&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Fa&#x017F;chinen mehr als gewo&#x0364;hnlich zu&#x017F;ammen, bald kann wegen widriger<lb/>
Winde die Erde nicht in geho&#x0364;riger Menge angefahren werden, weshalb man zu Landfuhren<lb/>
&#x017F;eine Zuflucht nehmen muß, und &#x017F;o ko&#x0364;nnen mannichfaltige Veranla&#x017F;&#x017F;ungen eine Abweichung<lb/>
von dem ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen An&#x017F;chlage veranla&#x017F;&#x017F;en. So unmo&#x0364;glich es aber auch i&#x017F;t, auf derglei-<lb/>
chen Um&#x017F;ta&#x0364;nde Ru&#x0364;ck&#x017F;icht zu nehmen, &#x017F;o wird dennoch erfordert, daß vor der Ausfu&#x0364;hrung<lb/>
eines jeden Baues, ein &#x017F;o viel wie mo&#x0364;glich genauer An&#x017F;chlag von den Materialien und Ko-<lb/>
&#x017F;ten, vorher verfertiget werde.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 76.</head><lb/>
          <p>Vor der na&#x0364;hern Unter&#x017F;uchung des Materialienbedarfs und des Arbeitslohns, wird es<lb/>
no&#x0364;thig &#x017F;eyn, einige Bemerkungen daru&#x0364;ber anzu&#x017F;tellen, in wie fern Fa&#x017F;chinenbaue durch Entre-<lb/>
penneurs oder auf Rechnung am vortheilhafte&#x017F;ten auszufu&#x0364;hren &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Aus dem Vorhergehenden wird hinla&#x0364;nglich erhellen, daß nur derjenige einen Fa&#x017F;chi-<lb/>
nenbau zweckma&#x0364;ßig ausfu&#x0364;hren kann, welcher genaue Kenntniß des Strombaues be&#x017F;itzet, die<lb/>
man bei einem Entreprenneur der nicht zugleich Baumei&#x017F;ter i&#x017F;t, nicht wohl voraus&#x017F;etzen darf.<lb/>
Wenn es &#x017F;ich aber &#x017F;ehr wohl ereignen kann, daß ein Wa&#x017F;&#x017F;erbau beinahe noch einmal &#x017F;o viel<lb/>
auszufu&#x0364;hren ko&#x017F;tet, als veran&#x017F;chlagt worden, &#x017F;o wird nicht leicht ein Entreprenneur einen &#x017F;olchen<lb/>
Bau u&#x0364;bernehmen, wenn er nicht durch die bewilligten Ko&#x017F;ten, auch fu&#x0364;r die mo&#x0364;glich nachthei-<lb/>
ligen Um&#x017F;ta&#x0364;nde ge&#x017F;ichert i&#x017F;t. So oft nun die&#x017F;e Um&#x017F;ta&#x0364;nde nicht eintreten, &#x017F;o i&#x017F;t der Staat um<lb/>
die mehrern Ko&#x017F;ten gebracht, die be&#x017F;&#x017F;er angewandt werden ko&#x0364;nnten. Selb&#x017F;t wenn man dem<lb/>
Enterprenneur in be&#x017F;ondern Fa&#x0364;llen, etwa bei großer Vertiefung wa&#x0364;hrend dem Baue, Nach-<lb/>
&#x017F;chuß bewilligen wollte, &#x017F;o i&#x017F;t die Mehrausgabe &#x017F;chwer zu be&#x017F;timmen, weil Werke unter dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0103] Eilftes Kapitel. Von den Anſchlaͤgen. §. 75. Wenn ſchon die Verfertigung eines genauen Anſchlags bei Landbauen vielen Schwierigkei- ten unterworfen iſt, ſo treten bei Waſſerbauen noch weit mehr Umſtaͤnde ein, die eine ge- naue Beſtimmung der Materialienmenge und der Koſten hoͤchſt unſicher machen. Bald ver- tieft ſich waͤhrend dem Baue der Grund weit mehr als man berechtiget war vorauszuſetzen, bald preſſen ſich die Faſchinen mehr als gewoͤhnlich zuſammen, bald kann wegen widriger Winde die Erde nicht in gehoͤriger Menge angefahren werden, weshalb man zu Landfuhren ſeine Zuflucht nehmen muß, und ſo koͤnnen mannichfaltige Veranlaſſungen eine Abweichung von dem urſpruͤnglichen Anſchlage veranlaſſen. So unmoͤglich es aber auch iſt, auf derglei- chen Umſtaͤnde Ruͤckſicht zu nehmen, ſo wird dennoch erfordert, daß vor der Ausfuͤhrung eines jeden Baues, ein ſo viel wie moͤglich genauer Anſchlag von den Materialien und Ko- ſten, vorher verfertiget werde. §. 76. Vor der naͤhern Unterſuchung des Materialienbedarfs und des Arbeitslohns, wird es noͤthig ſeyn, einige Bemerkungen daruͤber anzuſtellen, in wie fern Faſchinenbaue durch Entre- penneurs oder auf Rechnung am vortheilhafteſten auszufuͤhren ſind. Aus dem Vorhergehenden wird hinlaͤnglich erhellen, daß nur derjenige einen Faſchi- nenbau zweckmaͤßig ausfuͤhren kann, welcher genaue Kenntniß des Strombaues beſitzet, die man bei einem Entreprenneur der nicht zugleich Baumeiſter iſt, nicht wohl vorausſetzen darf. Wenn es ſich aber ſehr wohl ereignen kann, daß ein Waſſerbau beinahe noch einmal ſo viel auszufuͤhren koſtet, als veranſchlagt worden, ſo wird nicht leicht ein Entreprenneur einen ſolchen Bau uͤbernehmen, wenn er nicht durch die bewilligten Koſten, auch fuͤr die moͤglich nachthei- ligen Umſtaͤnde geſichert iſt. So oft nun dieſe Umſtaͤnde nicht eintreten, ſo iſt der Staat um die mehrern Koſten gebracht, die beſſer angewandt werden koͤnnten. Selbſt wenn man dem Enterprenneur in beſondern Faͤllen, etwa bei großer Vertiefung waͤhrend dem Baue, Nach- ſchuß bewilligen wollte, ſo iſt die Mehrausgabe ſchwer zu beſtimmen, weil Werke unter dem L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/103
Zitationshilfe: Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/103>, abgerufen am 24.11.2024.