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Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800.

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Viertes Kapitel.
mittelt und aus Erfahrung fest gesetzt werden, mit welcher der Strom bei einer mittleren
Wasserhöhe, hinlänglich ohne über die Ufer zu treten abfließen kann, gehörige Tiefe zur Schif-
fahrt
hat, das Bett nicht auswühlt, die Ufer nicht leicht abbrüchig macht und die Strom-
bahn rein erhält.

Als eine Grundregel bei Buhnenanlagen läßt sich annehmen: daß so bald eine Buhne
die Normalbreite eines Stroms überschreitet, sie auf Vertiefung des Grundbettes oder auf
den Abbruch des gegenüberliegenden Ufers, nachdem das Grundbett oder Ufer aus einem
festeren Material bestehet, oder wenn die Festigkeit beider gleich ist, auch beide Wirkungen in
dem Grade mehr hervorbringt, nach dem die Normalbreite mehr überschritten wird. Bei
breiten Strömen entstehen indessen nur selten Wirkungen auf das gegenüberli[e]gende Ufer,
und die Einbaue wirken größtentheils auf Vertiefung und auch wohl dem Zweck entgegen,
auf den Abbruch des disseitigen Ufers.

§. 15

Gewöhnlich macht man sich von der Wirkung einer Buhne auf das gegenüberlie-
gende Ufer unrichtige Vorstellungen. Man glaubt, daß wenn die Verlängerung der Buhne
Taf. I.A B (Figur 11) das gegenüberliegende Ufer in C trift, alsdenn auch der Abbruch bei C er-
folgen müsse. Dieses gründet sich auf die falsche Vorstellung, daß das in der Richtung A B
abfließende Wasser fortfahre, sich in dieser Richtung zu bewegen und endlich bei C wirke,
wo es Widerstand finde. Dieses könnte der Fall seyn, wenn das so abfließende Wasser,
keine Hindernisse bei der Fortsetzung seiner Bewegung nach A B fände; aber vorzüglich das
von oberhalb fortwährend durch D B zufließende Wasser, lenkt den Strahl von seiner Bahn
ab, und macht ihn in Bezug auf den Punkt C unwirksam. Wenn daher eine Buhne am
gegenüberliegenden Ufer Abbruch verursacht, so ist der Grund in einer ganz andern Ursache
zu suchen. Gewöhnlich findet man in der Strombahn da Abbruch, wo sich der Strom
schneller bewegt, und es läßt sich die Vertiefung des Grundbettes oder der Abbruch der Ufer
alsdenn nur durch die vermehrte Geschwindigkeit des Wassers erklären; den von Eisgängen
und von Windschlag verursachten Abbruch ausgenommen. Nun aber entstehet durch einen
jeden Einbau eine Verengung des Profils und daher eine größere Geschwindigkeit des Was-
sers, und gewöhnlich ist diese Geschwindigkeit in dem Profil, welches durch den Kopf des
Einbaues geht, hier in B D am größten. Diese vergrößerte Geschwindigkeit des Wassers
verursacht in dem Maaße einen größern Abbruch des Ufers gleich unterhalb D, nachdem der

Viertes Kapitel.
mittelt und aus Erfahrung feſt geſetzt werden, mit welcher der Strom bei einer mittleren
Waſſerhoͤhe, hinlaͤnglich ohne uͤber die Ufer zu treten abfließen kann, gehoͤrige Tiefe zur Schif-
fahrt
hat, das Bett nicht auswuͤhlt, die Ufer nicht leicht abbruͤchig macht und die Strom-
bahn rein erhaͤlt.

Als eine Grundregel bei Buhnenanlagen laͤßt ſich annehmen: daß ſo bald eine Buhne
die Normalbreite eines Stroms uͤberſchreitet, ſie auf Vertiefung des Grundbettes oder auf
den Abbruch des gegenuͤberliegenden Ufers, nachdem das Grundbett oder Ufer aus einem
feſteren Material beſtehet, oder wenn die Feſtigkeit beider gleich iſt, auch beide Wirkungen in
dem Grade mehr hervorbringt, nach dem die Normalbreite mehr uͤberſchritten wird. Bei
breiten Stroͤmen entſtehen indeſſen nur ſelten Wirkungen auf das gegenuͤberli[e]gende Ufer,
und die Einbaue wirken groͤßtentheils auf Vertiefung und auch wohl dem Zweck entgegen,
auf den Abbruch des diſſeitigen Ufers.

§. 15

Gewoͤhnlich macht man ſich von der Wirkung einer Buhne auf das gegenuͤberlie-
gende Ufer unrichtige Vorſtellungen. Man glaubt, daß wenn die Verlaͤngerung der Buhne
Taf. I.A B (Figur 11) das gegenuͤberliegende Ufer in C trift, alsdenn auch der Abbruch bei C er-
folgen muͤſſe. Dieſes gruͤndet ſich auf die falſche Vorſtellung, daß das in der Richtung A B
abfließende Waſſer fortfahre, ſich in dieſer Richtung zu bewegen und endlich bei C wirke,
wo es Widerſtand finde. Dieſes koͤnnte der Fall ſeyn, wenn das ſo abfließende Waſſer,
keine Hinderniſſe bei der Fortſetzung ſeiner Bewegung nach A B faͤnde; aber vorzuͤglich das
von oberhalb fortwaͤhrend durch D B zufließende Waſſer, lenkt den Strahl von ſeiner Bahn
ab, und macht ihn in Bezug auf den Punkt C unwirkſam. Wenn daher eine Buhne am
gegenuͤberliegenden Ufer Abbruch verurſacht, ſo iſt der Grund in einer ganz andern Urſache
zu ſuchen. Gewoͤhnlich findet man in der Strombahn da Abbruch, wo ſich der Strom
ſchneller bewegt, und es laͤßt ſich die Vertiefung des Grundbettes oder der Abbruch der Ufer
alsdenn nur durch die vermehrte Geſchwindigkeit des Waſſers erklaͤren; den von Eisgaͤngen
und von Windſchlag verurſachten Abbruch ausgenommen. Nun aber entſtehet durch einen
jeden Einbau eine Verengung des Profils und daher eine groͤßere Geſchwindigkeit des Waſ-
ſers, und gewoͤhnlich iſt dieſe Geſchwindigkeit in dem Profil, welches durch den Kopf des
Einbaues geht, hier in B D am groͤßten. Dieſe vergroͤßerte Geſchwindigkeit des Waſſers
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[18/0038] Viertes Kapitel. mittelt und aus Erfahrung feſt geſetzt werden, mit welcher der Strom bei einer mittleren Waſſerhoͤhe, hinlaͤnglich ohne uͤber die Ufer zu treten abfließen kann, gehoͤrige Tiefe zur Schif- fahrt hat, das Bett nicht auswuͤhlt, die Ufer nicht leicht abbruͤchig macht und die Strom- bahn rein erhaͤlt. Als eine Grundregel bei Buhnenanlagen laͤßt ſich annehmen: daß ſo bald eine Buhne die Normalbreite eines Stroms uͤberſchreitet, ſie auf Vertiefung des Grundbettes oder auf den Abbruch des gegenuͤberliegenden Ufers, nachdem das Grundbett oder Ufer aus einem feſteren Material beſtehet, oder wenn die Feſtigkeit beider gleich iſt, auch beide Wirkungen in dem Grade mehr hervorbringt, nach dem die Normalbreite mehr uͤberſchritten wird. Bei breiten Stroͤmen entſtehen indeſſen nur ſelten Wirkungen auf das gegenuͤberliegende Ufer, und die Einbaue wirken groͤßtentheils auf Vertiefung und auch wohl dem Zweck entgegen, auf den Abbruch des diſſeitigen Ufers. §. 15 Gewoͤhnlich macht man ſich von der Wirkung einer Buhne auf das gegenuͤberlie- gende Ufer unrichtige Vorſtellungen. Man glaubt, daß wenn die Verlaͤngerung der Buhne A B (Figur 11) das gegenuͤberliegende Ufer in C trift, alsdenn auch der Abbruch bei C er- folgen muͤſſe. Dieſes gruͤndet ſich auf die falſche Vorſtellung, daß das in der Richtung A B abfließende Waſſer fortfahre, ſich in dieſer Richtung zu bewegen und endlich bei C wirke, wo es Widerſtand finde. Dieſes koͤnnte der Fall ſeyn, wenn das ſo abfließende Waſſer, keine Hinderniſſe bei der Fortſetzung ſeiner Bewegung nach A B faͤnde; aber vorzuͤglich das von oberhalb fortwaͤhrend durch D B zufließende Waſſer, lenkt den Strahl von ſeiner Bahn ab, und macht ihn in Bezug auf den Punkt C unwirkſam. Wenn daher eine Buhne am gegenuͤberliegenden Ufer Abbruch verurſacht, ſo iſt der Grund in einer ganz andern Urſache zu ſuchen. Gewoͤhnlich findet man in der Strombahn da Abbruch, wo ſich der Strom ſchneller bewegt, und es laͤßt ſich die Vertiefung des Grundbettes oder der Abbruch der Ufer alsdenn nur durch die vermehrte Geſchwindigkeit des Waſſers erklaͤren; den von Eisgaͤngen und von Windſchlag verurſachten Abbruch ausgenommen. Nun aber entſtehet durch einen jeden Einbau eine Verengung des Profils und daher eine groͤßere Geſchwindigkeit des Waſ- ſers, und gewoͤhnlich iſt dieſe Geſchwindigkeit in dem Profil, welches durch den Kopf des Einbaues geht, hier in B D am groͤßten. Dieſe vergroͤßerte Geſchwindigkeit des Waſſers verurſacht in dem Maaße einen groͤßern Abbruch des Ufers gleich unterhalb D, nachdem der Taf. I.

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Zitationshilfe: Eytelwein, Johann Albert: Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Berlin, 1800, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eytelwein_faschinenwerke_1800/38>, abgerufen am 21.11.2024.