Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
vernünftige anleitung
den (natürlicher ordentlicher weise) aber nicht
alle menschen reden wohl und sind beredt. Die-
ses können nur diejenigen welche die grund re-
geln der beredsamkeit inne haben und beobach-
ten.

§. 6. Jch weiß also nicht ob es eine heilige
oder närrische einfalt sey, wenn man die Ora-
torie für eine sache hält, welche weil sie welt-
lich, das ist, nicht aus der offenbahrung ent-
sprungen, einen nothwendigen zusammenhang
mit der sündlichen welt habe.a) Dieienigen
welche sonst der Oratorie gram, erklären sich
auch für feinde der wahren beredsamkeit, und
unterscheiden nicht eine vernünftige Oratorie,
von einem Scholastischen wörterbuch,b) oder
wollen lieber übelreden, als auf einen vernünf-
tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht seyn,
oder halten ihre fertigkeit im plaudern für be-
redsamkeit, wie dieienigen thun, welche sich ein-
bilden von natur beredt zu seyn,c) oder ste-
hen sonst in albernen vorurtheilen.d)

a) Warum sagt doch Dippel im Jlluminirten
grundriß der aeademischen Gottes-gelahr-
heit: Logic Rhetorick
&c. wären erfindun-
gen und gaben des teuffels:
Mir dünckt weil
er sie weder als treuhertzige schwestern, noch als
goldtincturen gebrauchen konte. Uberhaupt
wo die gelehrsamkeit reden darf, da spricht sie
der unwissenheit dem aberglauben und der athei-
sterey ein scharffes urtheil, was wunder dann
daß dieser Cerberus seinen geiffer wieder die
beredsamkeit ausschüttet.
b) Dergleichen sind die meisten Rhetoriken.

c) Es
vernuͤnftige anleitung
den (natuͤrlicher ordentlicher weiſe) aber nicht
alle menſchen reden wohl und ſind beredt. Die-
ſes koͤnnen nur diejenigen welche die grund re-
geln der beredſamkeit inne haben und beobach-
ten.

§. 6. Jch weiß alſo nicht ob es eine heilige
oder naͤrriſche einfalt ſey, wenn man die Ora-
torie fuͤr eine ſache haͤlt, welche weil ſie welt-
lich, das iſt, nicht aus der offenbahrung ent-
ſprungen, einen nothwendigen zuſammenhang
mit der ſuͤndlichen welt habe.a) Dieienigen
welche ſonſt der Oratorie gram, erklaͤren ſich
auch fuͤr feinde der wahren beredſamkeit, und
unterſcheiden nicht eine vernuͤnftige Oratorie,
von einem Scholaſtiſchen woͤrterbuch,b) oder
wollen lieber uͤbelreden, als auf einen vernuͤnf-
tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht ſeyn,
oder halten ihre fertigkeit im plaudern fuͤr be-
redſamkeit, wie dieienigen thun, welche ſich ein-
bilden von natur beredt zu ſeyn,c) oder ſte-
hen ſonſt in albernen vorurtheilen.d)

a) Warum ſagt doch Dippel im Jlluminirten
grundriß der aeademiſchen Gottes-gelahr-
heit: Logic Rhetorick
&c. waͤren erfindun-
gen und gaben des teuffels:
Mir duͤnckt weil
er ſie weder als treuhertzige ſchweſtern, noch als
goldtincturen gebrauchen konte. Uberhaupt
wo die gelehrſamkeit reden darf, da ſpricht ſie
der unwiſſenheit dem aberglauben und der athei-
ſterey ein ſcharffes urtheil, was wunder dann
daß dieſer Cerberus ſeinen geiffer wieder die
beredſamkeit ausſchuͤttet.
b) Dergleichen ſind die meiſten Rhetoriken.

c) Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item><pb facs="#f0024" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vernu&#x0364;nftige                                 anleitung</hi></fw><lb/>
den (natu&#x0364;rlicher ordentlicher                         wei&#x017F;e) aber nicht<lb/>
alle men&#x017F;chen reden wohl und                         &#x017F;ind beredt. Die-<lb/>
&#x017F;es ko&#x0364;nnen nur diejenigen                         welche die grund re-<lb/>
geln der bered&#x017F;amkeit inne haben und                         beobach-<lb/>
ten.</item>
        </list><lb/>
        <p>§. 6. Jch weiß al&#x017F;o nicht ob es eine heilige<lb/>
oder                     na&#x0364;rri&#x017F;che einfalt &#x017F;ey, wenn man die Ora-<lb/>
torie                     fu&#x0364;r eine &#x017F;ache ha&#x0364;lt, welche weil &#x017F;ie welt-<lb/>
lich, das i&#x017F;t, nicht aus der offenbahrung ent-<lb/>
&#x017F;prungen,                     einen nothwendigen zu&#x017F;ammenhang<lb/>
mit der &#x017F;u&#x0364;ndlichen                     welt habe.<note xml:id="notefn-a-4" next="#note-a-4" place="end" n="a)"/> Dieienigen<lb/>
welche                     &#x017F;on&#x017F;t der Oratorie gram, erkla&#x0364;ren &#x017F;ich<lb/>
auch                     fu&#x0364;r feinde der wahren bered&#x017F;amkeit, und<lb/>
unter&#x017F;cheiden                     nicht eine vernu&#x0364;nftige Oratorie,<lb/>
von einem                     Schola&#x017F;ti&#x017F;chen wo&#x0364;rterbuch,<note xml:id="notefn-b-3" next="#note-b-3" place="end" n="b)"/>                     oder<lb/>
wollen lieber u&#x0364;belreden, als auf einen vernu&#x0364;nf-<lb/>
tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht &#x017F;eyn,<lb/>
oder halten ihre                     fertigkeit im plaudern fu&#x0364;r be-<lb/>
red&#x017F;amkeit, wie dieienigen                     thun, welche &#x017F;ich ein-<lb/>
bilden von natur beredt zu &#x017F;eyn,<note xml:id="notefn-c-2" next="#note-c-2" place="end" n="c)"/> oder &#x017F;te-<lb/>
hen &#x017F;on&#x017F;t in                     albernen vorurtheilen.<note xml:id="notefn-d-2" next="#note-d-2" place="end" n="d)"/></p><lb/>
        <note xml:id="note-a-4" prev="#notefn-a-4" place="end" n="a)">Warum &#x017F;agt doch <hi rendition="#fr">Dippel im Jlluminirten<lb/>
grundriß der aeademi&#x017F;chen                             Gottes-gelahr-<lb/>
heit: Logic Rhetorick</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&amp;c</hi>.</hi> <hi rendition="#fr">wa&#x0364;ren erfindun-<lb/>
gen und gaben des                             teuffels:</hi> Mir du&#x0364;nckt weil<lb/>
er &#x017F;ie weder als                         treuhertzige &#x017F;chwe&#x017F;tern, noch als<lb/>
goldtincturen                         gebrauchen konte. Uberhaupt<lb/>
wo die gelehr&#x017F;amkeit reden darf, da                         &#x017F;pricht &#x017F;ie<lb/>
der unwi&#x017F;&#x017F;enheit dem                         aberglauben und der athei-<lb/>
&#x017F;terey ein &#x017F;charffes urtheil,                         was wunder dann<lb/>
daß die&#x017F;er Cerberus &#x017F;einen geiffer wieder                         die<lb/>
bered&#x017F;amkeit aus&#x017F;chu&#x0364;ttet.<lb/></note>
        <note xml:id="note-b-3" prev="#notefn-b-3" place="end" n="b)">Dergleichen &#x017F;ind die mei&#x017F;ten                         Rhetoriken.<lb/></note><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">c</hi>) Es</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0024] vernuͤnftige anleitung den (natuͤrlicher ordentlicher weiſe) aber nicht alle menſchen reden wohl und ſind beredt. Die- ſes koͤnnen nur diejenigen welche die grund re- geln der beredſamkeit inne haben und beobach- ten. §. 6. Jch weiß alſo nicht ob es eine heilige oder naͤrriſche einfalt ſey, wenn man die Ora- torie fuͤr eine ſache haͤlt, welche weil ſie welt- lich, das iſt, nicht aus der offenbahrung ent- ſprungen, einen nothwendigen zuſammenhang mit der ſuͤndlichen welt habe. a⁾ Dieienigen welche ſonſt der Oratorie gram, erklaͤren ſich auch fuͤr feinde der wahren beredſamkeit, und unterſcheiden nicht eine vernuͤnftige Oratorie, von einem Scholaſtiſchen woͤrterbuch, b⁾ oder wollen lieber uͤbelreden, als auf einen vernuͤnf- tigen ausdruck ihrer gedancken bedacht ſeyn, oder halten ihre fertigkeit im plaudern fuͤr be- redſamkeit, wie dieienigen thun, welche ſich ein- bilden von natur beredt zu ſeyn, c⁾ oder ſte- hen ſonſt in albernen vorurtheilen. d⁾ a⁾ Warum ſagt doch Dippel im Jlluminirten grundriß der aeademiſchen Gottes-gelahr- heit: Logic Rhetorick &c. waͤren erfindun- gen und gaben des teuffels: Mir duͤnckt weil er ſie weder als treuhertzige ſchweſtern, noch als goldtincturen gebrauchen konte. Uberhaupt wo die gelehrſamkeit reden darf, da ſpricht ſie der unwiſſenheit dem aberglauben und der athei- ſterey ein ſcharffes urtheil, was wunder dann daß dieſer Cerberus ſeinen geiffer wieder die beredſamkeit ausſchuͤttet. b⁾ Dergleichen ſind die meiſten Rhetoriken. c) Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/24
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/24>, abgerufen am 21.11.2024.