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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von denen unterschiedenen arten
nung anbetrift, ingleichen von Herrn D. Glafey,
von welchen man mir referiret, daß er an einem
wercke de stilo publico arbeite, davon freylich et-
was vollkommenes zu vermuthen.

§. 8. Jn sofern er auf Medicinische, Phi-
losophische und Mathematische materien ap-
pliciret wird, hat er wiederum nichts beson-
ders, auffer daß bey einem Medicinischen obie-
cto die kunstwörter den stilum mercklich verän-
dern, und da alles wahrscheinlich ist, was man
von dieser materie fürträgt, so ist insonderheit
bey denen daraus gezogenen folgerungen, in
gewissen fällen, nichts als unstreitig auszudru-
cken.a) Bey dem Philosophischen, in so fern
er nur Logicalische, und Moralische lehrsätze
proponiret, hat man sich nach dem gelehrten
gebrauch zu richten, und hauptsächlich auf die
deutlichkeit und adäquaten ausdruck zu sehen,
dem alle andere eigenschaften weichen
müssen.b) Jn der Mathematick ist gleich-
falls bey dem stilo die deutlichkeit und ordnung
das fürnehmste requisitum.c)

a) Solches zu erinnern giebt mir ein gewisser casus
anlaß, da ein Medicus bey einem todtgefunde-
nen kinde, seine gehabten observationes also für-
brachte, daß man bereits der mutter von kopf-
abhauen fürschwatzte, da die relation des Me-
dici, so viel gab, als ob sie das kind umgebracht,
nachgehends da ein anderer Medicus, voneb en
diesem obiecto seine observationes einschickte,
schämte man sich so gar des angestellten proces-
ses, daß man die mutter heimlich dimittirte. Al-
so ist es eine gefährliche sache, wann die Medici
de lethalitate vulnerum ihre urtheile stellen.

b)
von denen unterſchiedenen arten
nung anbetrift, ingleichen von Herrn D. Glafey,
von welchen man mir referiret, daß er an einem
wercke de ſtilo publico arbeite, davon freylich et-
was vollkommenes zu vermuthen.

§. 8. Jn ſofern er auf Mediciniſche, Phi-
loſophiſche und Mathematiſche materien ap-
pliciret wird, hat er wiederum nichts beſon-
ders, auffer daß bey einem Mediciniſchen obie-
cto die kunſtwoͤrter den ſtilum mercklich veraͤn-
dern, und da alles wahrſcheinlich iſt, was man
von dieſer materie fuͤrtraͤgt, ſo iſt inſonderheit
bey denen daraus gezogenen folgerungen, in
gewiſſen faͤllen, nichts als unſtreitig auszudru-
cken.a) Bey dem Philoſophiſchen, in ſo fern
er nur Logicaliſche, und Moraliſche lehrſaͤtze
proponiret, hat man ſich nach dem gelehrten
gebrauch zu richten, und hauptſaͤchlich auf die
deutlichkeit und adaͤquaten ausdruck zu ſehen,
dem alle andere eigenſchaften weichen
muͤſſen.b) Jn der Mathematick iſt gleich-
falls bey dem ſtilo die deutlichkeit und ordnung
das fuͤrnehmſte requiſitum.c)

a) Solches zu erinnern giebt mir ein gewiſſer caſus
anlaß, da ein Medicus bey einem todtgefunde-
nen kinde, ſeine gehabten obſervationes alſo fuͤr-
brachte, daß man bereits der mutter von kopf-
abhauen fuͤrſchwatzte, da die relation des Me-
dici, ſo viel gab, als ob ſie das kind umgebracht,
nachgehends da ein anderer Medicus, voneb en
dieſem obiecto ſeine obſervationes einſchickte,
ſchaͤmte man ſich ſo gar des angeſtellten proceſ-
ſes, daß man die mutter heimlich dimittirte. Al-
ſo iſt es eine gefaͤhrliche ſache, wann die Medici
de lethalitate vulnerum ihre urtheile ſtellen.

b)
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[312/0330] von denen unterſchiedenen arten nung anbetrift, ingleichen von Herrn D. Glafey, von welchen man mir referiret, daß er an einem wercke de ſtilo publico arbeite, davon freylich et- was vollkommenes zu vermuthen. §. 8. Jn ſofern er auf Mediciniſche, Phi- loſophiſche und Mathematiſche materien ap- pliciret wird, hat er wiederum nichts beſon- ders, auffer daß bey einem Mediciniſchen obie- cto die kunſtwoͤrter den ſtilum mercklich veraͤn- dern, und da alles wahrſcheinlich iſt, was man von dieſer materie fuͤrtraͤgt, ſo iſt inſonderheit bey denen daraus gezogenen folgerungen, in gewiſſen faͤllen, nichts als unſtreitig auszudru- cken. a⁾ Bey dem Philoſophiſchen, in ſo fern er nur Logicaliſche, und Moraliſche lehrſaͤtze proponiret, hat man ſich nach dem gelehrten gebrauch zu richten, und hauptſaͤchlich auf die deutlichkeit und adaͤquaten ausdruck zu ſehen, dem alle andere eigenſchaften weichen muͤſſen. b⁾ Jn der Mathematick iſt gleich- falls bey dem ſtilo die deutlichkeit und ordnung das fuͤrnehmſte requiſitum. c⁾ a⁾ Solches zu erinnern giebt mir ein gewiſſer caſus anlaß, da ein Medicus bey einem todtgefunde- nen kinde, ſeine gehabten obſervationes alſo fuͤr- brachte, daß man bereits der mutter von kopf- abhauen fuͤrſchwatzte, da die relation des Me- dici, ſo viel gab, als ob ſie das kind umgebracht, nachgehends da ein anderer Medicus, voneb en dieſem obiecto ſeine obſervationes einſchickte, ſchaͤmte man ſich ſo gar des angeſtellten proceſ- ſes, daß man die mutter heimlich dimittirte. Al- ſo iſt es eine gefaͤhrliche ſache, wann die Medici de lethalitate vulnerum ihre urtheile ſtellen. b)

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/330>, abgerufen am 22.11.2024.