Sie lesen die heilige schrifft wider die h. schrifft, sie rühmen sich einer heiligkeit, und hassen doch den stifter derselben. Sie halten conventicula, und versammlen sich in den winckeln. well sie das licht scheuen. Sie sind brüder des ordens der unwissenheit, Ritter, so die krancke frömmigkeit in das h. grab bringen. Die ihnen folgen, sind bärtige weiber und ohnbärtige jünglinge. Jenen lernen sie reden, Denn es ist doch gar zu lange seint Pauli zeiten, daß sie schweigenmüssen; Diesen lernen sie schweigen, Denn indem sie selbige ohne die wissenschafften zu berühren, auf die hohe GOttes-gelahrtheit führen, (wie Christus auf die zinnen des tempels geführet wurde) so setzen sie selbige in die innere beschaulichkeit, in ein tieffes stillschweigen, als auf den höchsten grad des gelahrten nichts. Von GOtt haben sie gar zu viel im munde, aber desto weniger im hertzen. Christum lieben sie so sehr, daß sie weder um die vergebung der sünden, noch bey seinem h. abendmahl ihn incommodiren wollen. Den H. Geist verehren sie nach ihrer art, damit er sie nicht zu fromm, sondern zu inspirirten ma- chen möge. Heiliger GOtt! rechne mir eine freye schreib-art nicht zu,
aber
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des ſtili inſonderheit.
Sie leſen die heilige ſchrifft wider die h. ſchrifft, ſie ruͤhmen ſich einer heiligkeit, und haſſen doch den ſtifter derſelben. Sie halten conventicula, und verſammlen ſich in den winckeln. well ſie das licht ſcheuen. Sie ſind bruͤder des ordens der unwiſſenheit, Ritter, ſo die krancke froͤmmigkeit in das h. grab bringen. Die ihnen folgen, ſind baͤrtige weiber und ohnbaͤrtige juͤnglinge. Jenen lernen ſie reden, Denn es iſt doch gar zu lange ſeint Pauli zeiten, daß ſie ſchweigenmuͤſſen; Dieſen lernen ſie ſchweigen, Denn indem ſie ſelbige ohne die wiſſenſchafften zu beruͤhren, auf die hohe GOttes-gelahrtheit fuͤhren, (wie Chriſtus auf die zinnen des tempels gefuͤhret wurde) ſo ſetzen ſie ſelbige in die innere beſchaulichkeit, in ein tieffes ſtillſchweigen, als auf den hoͤchſten grad des gelahrten nichts. Von GOtt haben ſie gar zu viel im munde, aber deſto weniger im hertzen. Chriſtum lieben ſie ſo ſehr, daß ſie weder um die vergebung der ſuͤnden, noch bey ſeinem h. abendmahl ihn incommodiren wollen. Den H. Geiſt verehren ſie nach ihrer art, damit er ſie nicht zu fromm, ſondern zu inſpirirten ma- chen moͤge. Heiliger GOtt! rechne mir eine freye ſchreib-art nicht zu,
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des ſtili inſonderheit.
Sie leſen die heilige ſchrifft wider die h. ſchrifft,
ſie ruͤhmen ſich einer heiligkeit,
und haſſen doch den ſtifter derſelben.
Sie halten conventicula, und verſammlen ſich in den
winckeln.
well ſie das licht ſcheuen.
Sie ſind bruͤder des ordens der unwiſſenheit,
Ritter, ſo die krancke froͤmmigkeit in das h. grab
bringen.
Die ihnen folgen,
ſind
baͤrtige weiber und ohnbaͤrtige juͤnglinge.
Jenen lernen ſie reden,
Denn es iſt doch gar zu lange ſeint Pauli zeiten,
daß ſie ſchweigenmuͤſſen;
Dieſen lernen ſie ſchweigen,
Denn indem ſie ſelbige ohne die wiſſenſchafften zu
beruͤhren,
auf die hohe GOttes-gelahrtheit fuͤhren,
(wie Chriſtus auf die zinnen des tempels gefuͤhret
wurde)
ſo ſetzen ſie ſelbige in die innere beſchaulichkeit,
in ein tieffes ſtillſchweigen,
als auf den hoͤchſten grad des gelahrten nichts.
Von GOtt
haben ſie gar zu viel im munde,
aber deſto weniger im hertzen.
Chriſtum
lieben ſie ſo ſehr,
daß ſie weder um die vergebung der ſuͤnden, noch bey
ſeinem h. abendmahl ihn incommodiren wollen.
Den H. Geiſt
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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