Deßwegen schleichen sie umher in die häuser, da haben sie die betten zum knie-beugen nicht weit, und führen die weiblein gefangen, oder Sie spaziren wie iener clericus in einen grünen wald. Auf solche weise feyren sie alle tage ihren sabbath, und sind doch niemahls müßig. Warum solten sie denn in die kirche gehen? Zumahl, da sie nicht wollen von menschen gelehret seyn? Sie sind geistliche priester, ia gar Päpste: Warum sollen sie denn die prediger verehren? Sie sind viel scharf-sichtiger als Bileam: Warum solten sie dann erst daß sie die boten GOttes sehen, durch den honig des göttlichen worts, wie Jonathan, ihre angen wacker machen? Jhre collecte fängt sich allezeit also an: Gold haben und einen samtnen hut, oder daß ich mich nicht verspreche, Gedult haben und einen sanfften muth, ist mir für allen andern gut. Sie sind propheten, deßwegen kommen sie in schaafs-kleidern: Denn von wem solte der spruch wohl am besten zu verstehen seyn als von ihnen: Thut meinen propheten kein leid. Und wie solten sie nicht denen böses prophezeyen können, denen sie übel wollen, und denen gutes, denen sie weder schaden können noch dürfen. Sie sind könige: Doch halt! Könige haben lange hände: ich muß aufhören:
Sonst
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des ſtili inſonderheit.
Deßwegen ſchleichen ſie umher in die haͤuſer, da haben ſie die betten zum knie-beugen nicht weit, und fuͤhren die weiblein gefangen, oder Sie ſpaziren wie iener clericus in einen gruͤnen wald. Auf ſolche weiſe feyren ſie alle tage ihren ſabbath, und ſind doch niemahls muͤßig. Warum ſolten ſie denn in die kirche gehen? Zumahl, da ſie nicht wollen von menſchen gelehret ſeyn? Sie ſind geiſtliche prieſter, ia gar Paͤpſte: Warum ſollen ſie denn die prediger verehren? Sie ſind viel ſcharf-ſichtiger als Bileam: Warum ſolten ſie dann erſt daß ſie die boten GOttes ſehen, durch den honig des goͤttlichen worts, wie Jonathan, ihre angen wacker machen? Jhre collecte faͤngt ſich allezeit alſo an: Gold haben und einen ſamtnen hut, oder daß ich mich nicht verſpreche, Gedult haben und einen ſanfften muth, iſt mir fuͤr allen andern gut. Sie ſind propheten, deßwegen kommen ſie in ſchaafs-kleidern: Denn von wem ſolte der ſpruch wohl am beſten zu verſtehen ſeyn als von ihnen: Thut meinen propheten kein leid. Und wie ſolten ſie nicht denen boͤſes prophezeyen koͤnnen, denen ſie uͤbel wollen, und denen gutes, denen ſie weder ſchaden koͤnnen noch duͤrfen. Sie ſind koͤnige: Doch halt! Koͤnige haben lange haͤnde: ich muß aufhoͤren:
Sonſt
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des ſtili inſonderheit.
Deßwegen ſchleichen ſie umher in die haͤuſer,
da haben ſie die betten zum knie-beugen nicht weit,
und fuͤhren die weiblein gefangen,
oder
Sie ſpaziren wie iener clericus in einen gruͤnen wald.
Auf ſolche weiſe feyren ſie alle tage ihren ſabbath,
und ſind doch niemahls muͤßig.
Warum ſolten ſie denn in die kirche gehen?
Zumahl, da ſie nicht wollen von menſchen
gelehret ſeyn?
Sie ſind geiſtliche prieſter,
ia gar Paͤpſte:
Warum ſollen ſie denn die prediger verehren?
Sie ſind viel ſcharf-ſichtiger als Bileam:
Warum ſolten ſie dann erſt
daß ſie die boten GOttes ſehen,
durch den honig des goͤttlichen worts, wie Jonathan,
ihre angen wacker machen?
Jhre collecte faͤngt ſich allezeit alſo an:
Gold haben und einen ſamtnen hut,
oder daß ich mich nicht verſpreche,
Gedult haben und einen ſanfften muth,
iſt mir fuͤr allen andern gut.
Sie ſind propheten,
deßwegen kommen ſie in ſchaafs-kleidern:
Denn von wem ſolte der ſpruch wohl am beſten zu
verſtehen ſeyn als von ihnen:
Thut meinen propheten kein leid.
Und wie ſolten ſie nicht denen boͤſes prophezeyen
koͤnnen,
denen ſie uͤbel wollen,
und denen gutes,
denen ſie weder ſchaden koͤnnen noch duͤrfen.
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Doch halt!
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ich muß aufhoͤren:
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/347>, abgerufen am 22.11.2024.
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