Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

des stili insonderheit.
rico: Letzlich vehemens, wann der redende im
affect stehet, und temperatus, wann er von
keinem sonderlichen affect gereitzet wird, iener
hat viel mit dem pathetico, dieser mit dem theo-
retico gemein.

Siehe hiebey Kemmerich l. c. p. 1046. 1054.

§. 24. Endlich in ansehung des hörenden,
ist der stilus gar mancherley; doch verdienen
nur der familiaris und dialogisticus, der ga-
lante, cärimoniosus, der epistolaris und letz-
lich der dogmaticus, und polemicus, einige
anmerckungen, welche ich kurtz beyfügen will,
da dieses capitel wider vermuthen schon fast
die gräntzen einer rechten masse überschritten.

§. 25. Den familiären stilum braucht man
im gemeinen leben, zu dem ausdruck seiner
gedancken, welche man mehrentheils von sinn-
lichen dingen gefasset, und gegen leute, bey
denen man nicht nöthig hat, viele cärimonien
zu machen, da sie unseres gleichen oder wohl
geringer als wir, und gute freunde von uns
seyn. Man braucht deßwegen nur seine ge-
dancken, durch reine, deutliche, adäquate wor-
te auszudrucken, wird nicht an einen periodi-
schen numerum gebunden, vielweniger darf
man sich mit tropis und figuren breit machen.
Bleibt er nur bey unterredungen, so heist er
auch stilus dialogisticus, doch richtet er sich
alsdann nach dem begrif des hörenden und
überhaupt nach der beschaffenheit des obiecti
und dem character der personen.


Sie-

des ſtili inſonderheit.
rico: Letzlich vehemens, wann der redende im
affect ſtehet, und temperatus, wann er von
keinem ſonderlichen affect gereitzet wird, iener
hat viel mit dem pathetico, dieſer mit dem theo-
retico gemein.

Siehe hiebey Kemmerich l. c. p. 1046. 1054.

§. 24. Endlich in anſehung des hoͤrenden,
iſt der ſtilus gar mancherley; doch verdienen
nur der familiaris und dialogiſticus, der ga-
lante, caͤrimonioſus, der epiſtolaris und letz-
lich der dogmaticus, und polemicus, einige
anmerckungen, welche ich kurtz beyfuͤgen will,
da dieſes capitel wider vermuthen ſchon faſt
die graͤntzen einer rechten maſſe uͤberſchritten.

§. 25. Den familiaͤren ſtilum braucht man
im gemeinen leben, zu dem ausdruck ſeiner
gedancken, welche man mehrentheils von ſinn-
lichen dingen gefaſſet, und gegen leute, bey
denen man nicht noͤthig hat, viele caͤrimonien
zu machen, da ſie unſeres gleichen oder wohl
geringer als wir, und gute freunde von uns
ſeyn. Man braucht deßwegen nur ſeine ge-
dancken, durch reine, deutliche, adaͤquate wor-
te auszudrucken, wird nicht an einen periodi-
ſchen numerum gebunden, vielweniger darf
man ſich mit tropis und figuren breit machen.
Bleibt er nur bey unterredungen, ſo heiſt er
auch ſtilus dialogiſticus, doch richtet er ſich
alsdann nach dem begrif des hoͤrenden und
uͤberhaupt nach der beſchaffenheit des obiecti
und dem character der perſonen.


Sie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0367" n="349"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des &#x017F;tili                                         in&#x017F;onderheit.</hi></fw><lb/>
rico: Letzlich vehemens,                                 wann der redende im<lb/>
affect &#x017F;tehet, und temperatus, wann                                 er von<lb/>
keinem &#x017F;onderlichen affect gereitzet wird,                                 iener<lb/>
hat viel mit dem pathetico, die&#x017F;er mit dem                                 theo-<lb/>
retico gemein.</p><lb/>
              <list>
                <item>Siehe hiebey <hi rendition="#fr">Kemmerich</hi> <hi rendition="#aq">l. c. p.</hi> 1046. 1054.</item>
              </list><lb/>
              <p>§. 24. Endlich in an&#x017F;ehung des ho&#x0364;renden,<lb/>
i&#x017F;t der &#x017F;tilus gar mancherley; doch verdienen<lb/>
nur                                 der familiaris und dialogi&#x017F;ticus, der ga-<lb/>
lante,                                 ca&#x0364;rimonio&#x017F;us, der epi&#x017F;tolaris und letz-<lb/>
lich der dogmaticus, und polemicus, einige<lb/>
anmerckungen, welche                                 ich kurtz beyfu&#x0364;gen will,<lb/>
da die&#x017F;es capitel wider                                 vermuthen &#x017F;chon fa&#x017F;t<lb/>
die gra&#x0364;ntzen einer                                 rechten ma&#x017F;&#x017F;e u&#x0364;ber&#x017F;chritten.</p><lb/>
              <p>§. 25. Den familia&#x0364;ren &#x017F;tilum braucht man<lb/>
im                                 gemeinen leben, zu dem ausdruck &#x017F;einer<lb/>
gedancken, welche                                 man mehrentheils von &#x017F;inn-<lb/>
lichen dingen                                 gefa&#x017F;&#x017F;et, und gegen leute, bey<lb/>
denen man nicht                                 no&#x0364;thig hat, viele ca&#x0364;rimonien<lb/>
zu machen, da                                 &#x017F;ie un&#x017F;eres gleichen oder wohl<lb/>
geringer als wir,                                 und gute freunde von uns<lb/>
&#x017F;eyn. Man braucht deßwegen nur                                 &#x017F;eine ge-<lb/>
dancken, durch reine, deutliche,                                 ada&#x0364;quate wor-<lb/>
te auszudrucken, wird nicht an einen                                 periodi-<lb/>
&#x017F;chen numerum gebunden, vielweniger darf<lb/>
man &#x017F;ich mit tropis und figuren breit machen.<lb/>
Bleibt er                                 nur bey unterredungen, &#x017F;o hei&#x017F;t er<lb/>
auch                                 &#x017F;tilus dialogi&#x017F;ticus, doch richtet er &#x017F;ich<lb/>
alsdann nach dem begrif des ho&#x0364;renden und<lb/>
u&#x0364;berhaupt nach der be&#x017F;chaffenheit des obiecti<lb/>
und dem character der per&#x017F;onen.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Sie-</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0367] des ſtili inſonderheit. rico: Letzlich vehemens, wann der redende im affect ſtehet, und temperatus, wann er von keinem ſonderlichen affect gereitzet wird, iener hat viel mit dem pathetico, dieſer mit dem theo- retico gemein. Siehe hiebey Kemmerich l. c. p. 1046. 1054. §. 24. Endlich in anſehung des hoͤrenden, iſt der ſtilus gar mancherley; doch verdienen nur der familiaris und dialogiſticus, der ga- lante, caͤrimonioſus, der epiſtolaris und letz- lich der dogmaticus, und polemicus, einige anmerckungen, welche ich kurtz beyfuͤgen will, da dieſes capitel wider vermuthen ſchon faſt die graͤntzen einer rechten maſſe uͤberſchritten. §. 25. Den familiaͤren ſtilum braucht man im gemeinen leben, zu dem ausdruck ſeiner gedancken, welche man mehrentheils von ſinn- lichen dingen gefaſſet, und gegen leute, bey denen man nicht noͤthig hat, viele caͤrimonien zu machen, da ſie unſeres gleichen oder wohl geringer als wir, und gute freunde von uns ſeyn. Man braucht deßwegen nur ſeine ge- dancken, durch reine, deutliche, adaͤquate wor- te auszudrucken, wird nicht an einen periodi- ſchen numerum gebunden, vielweniger darf man ſich mit tropis und figuren breit machen. Bleibt er nur bey unterredungen, ſo heiſt er auch ſtilus dialogiſticus, doch richtet er ſich alsdann nach dem begrif des hoͤrenden und uͤberhaupt nach der beſchaffenheit des obiecti und dem character der perſonen. Sie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/367
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/367>, abgerufen am 22.11.2024.