regeln der beredsamkeit ibnen bekannt zu ma- chen haben.
Conf.Thomasii ausübung der Sitten-lebre cap. 3. und 4. Ejusdem instit. Jurisprudentiae di- vinae Lib. II. cap. XII. Ridiger S. V. & F. de probabilit. Hermeneutica L. III. C. IIII und ande- re, welche von der interpretatione geschrieben, denn diese müssen, was ich hier kurtz gesetzt, voll- kommener geben.
§. 9. Es ist ein besonderes kunst-stück der klugheit, aus dem ausdruck von der gemüths- beschaffenheit des menschen zu urtheilen, wel- ches aber wegen der vielen dinge, welche hier zusammen genommen werden müssen, nicht so leicht ist, als man meinet, hingegen auch denenienigen, welche die hier zusammen lauf- fende wissenschaften und geschicklichkeiten be- sitzen, nicht sauer ankommt. Jn der rede und dem stilo eines menschen kommen viele solche striche für, darüber der menschliche willkühr nicht disponiren können, und also zeigt sich da die natürliche blösse: Nur muß man so scharf- sichtig seyn selbige zu erkennen und recht zu be- mercken, und man wird daraus theils die be- schaffenheit des verstandes, theils des willens ziemlich abnehmen können, wann man sich nur bescheidet, daß es keine unstreitige, son- dern eine wahrscheinliche sache sey. Es er- fodert aber diese scharf-sichtigkeit, die känntniß der Moral, insonderheit der menschlichen affe- cten, der lehre von der politischen wahrschein- lichkeit, der beschaffenheit des menschlichen
ver-
moraliſche betrachtung
regeln der beredſamkeit ibnen bekannt zu ma- chen haben.
Conf.Thomaſii ausuͤbung der Sitten-lebre cap. 3. und 4. Ejusdem inſtit. Jurisprudentiae di- vinae Lib. II. cap. XII. Ridiger S. V. & F. de probabilit. Hermeneutica L. III. C. IIII und ande- re, welche von der interpretatione geſchrieben, denn dieſe muͤſſen, was ich hier kurtz geſetzt, voll- kommener geben.
§. 9. Es iſt ein beſonderes kunſt-ſtuͤck der klugheit, aus dem ausdruck von der gemuͤths- beſchaffenheit des menſchen zu urtheilen, wel- ches aber wegen der vielen dinge, welche hier zuſammen genommen werden muͤſſen, nicht ſo leicht iſt, als man meinet, hingegen auch denenienigen, welche die hier zuſammen lauf- fende wiſſenſchaften und geſchicklichkeiten be- ſitzen, nicht ſauer ankommt. Jn der rede und dem ſtilo eines menſchen kommen viele ſolche ſtriche fuͤr, daruͤber der menſchliche willkuͤhr nicht diſponiren koͤnnen, und alſo zeigt ſich da die natuͤrliche bloͤſſe: Nur muß man ſo ſcharf- ſichtig ſeyn ſelbige zu erkennen und recht zu be- mercken, und man wird daraus theils die be- ſchaffenheit des verſtandes, theils des willens ziemlich abnehmen koͤnnen, wann man ſich nur beſcheidet, daß es keine unſtreitige, ſon- dern eine wahrſcheinliche ſache ſey. Es er- fodert aber dieſe ſcharf-ſichtigkeit, die kaͤnntniß der Moral, inſonderheit der menſchlichen affe- cten, der lehre von der politiſchen wahrſchein- lichkeit, der beſchaffenheit des menſchlichen
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moraliſche betrachtung
regeln der beredſamkeit ibnen bekannt zu ma-
chen haben.
Conf. Thomaſii ausuͤbung der Sitten-lebre cap.
3. und 4. Ejusdem inſtit. Jurisprudentiae di-
vinae Lib. II. cap. XII. Ridiger S. V. & F. de
probabilit. Hermeneutica L. III. C. IIII und ande-
re, welche von der interpretatione geſchrieben,
denn dieſe muͤſſen, was ich hier kurtz geſetzt, voll-
kommener geben.
§. 9. Es iſt ein beſonderes kunſt-ſtuͤck der
klugheit, aus dem ausdruck von der gemuͤths-
beſchaffenheit des menſchen zu urtheilen, wel-
ches aber wegen der vielen dinge, welche hier
zuſammen genommen werden muͤſſen, nicht
ſo leicht iſt, als man meinet, hingegen auch
denenienigen, welche die hier zuſammen lauf-
fende wiſſenſchaften und geſchicklichkeiten be-
ſitzen, nicht ſauer ankommt. Jn der rede und
dem ſtilo eines menſchen kommen viele ſolche
ſtriche fuͤr, daruͤber der menſchliche willkuͤhr
nicht diſponiren koͤnnen, und alſo zeigt ſich da
die natuͤrliche bloͤſſe: Nur muß man ſo ſcharf-
ſichtig ſeyn ſelbige zu erkennen und recht zu be-
mercken, und man wird daraus theils die be-
ſchaffenheit des verſtandes, theils des willens
ziemlich abnehmen koͤnnen, wann man ſich
nur beſcheidet, daß es keine unſtreitige, ſon-
dern eine wahrſcheinliche ſache ſey. Es er-
fodert aber dieſe ſcharf-ſichtigkeit, die kaͤnntniß
der Moral, inſonderheit der menſchlichen affe-
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/386>, abgerufen am 22.11.2024.
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