Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.
von der disposition überhaupt. Der krieg nimmt seinen anfang in der hölle,von dem geiste der uneinigkeit und des mordes, dem fürsten der sünde und der finsterniß, und glaube ich gewiß daß dieser listige geist, die menschen in den abgrund zu stürtzen, nichts bessers hätte erfinden können, als eben den krieg. Er ist nichts anders als eine versam- lung zur sünde, und ein weg zur hölle. Die beredsamkeit erfodert einen gebesserten willen und unumschränckte herrschaft über unsere nei- gungen, denen doch der krieg den zügel allzu- weit schiessen läst. Jene ist das leben eines aufgeklärten geistes, und die bemühung einer geschickten zunge, und dieser ist eine verrichtung, welche auch die ungeschicklichkeit selbst über sich nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme gestärcket und rachgierde und neid den degen führen lernen. Ja die beredsamkeit ist der vernunft und eines menschen, der krieg aber der wildniß und grimmigen thiere eigenschaft. Solte aber wohl die menschliche gesellschafft bestehen können, wo sie nicht, durch die unzer- trennlichen ketten der gepriesenen beredsam- keit, so fest verknüpfet wäre? würden wir nicht dem beliebten umgang die schönsten gär- ten verschliessen, und fast alles zieraths berau- ben, dafern wir ihm das vergnügende geschen- cke des himmels die beredsamkeit entzögen. Sie beschützet öfters thron und scepter, mit bessern nachdruck, als eine menge donnern der carthaunen. Den feind hält sie meisten- theils
von der diſpoſition uͤberhaupt. Der krieg nimmt ſeinen anfang in der hoͤlle,von dem geiſte der uneinigkeit und des mordes, dem fuͤrſten der ſuͤnde und der finſterniß, und glaube ich gewiß daß dieſer liſtige geiſt, die menſchen in den abgrund zu ſtuͤrtzen, nichts beſſers haͤtte erfinden koͤnnen, als eben den krieg. Er iſt nichts anders als eine verſam- lung zur ſuͤnde, und ein weg zur hoͤlle. Die beredſamkeit erfodert einen gebeſſerten willen und unumſchraͤnckte herrſchaft uͤber unſere nei- gungen, denen doch der krieg den zuͤgel allzu- weit ſchieſſen laͤſt. Jene iſt das leben eines aufgeklaͤrten geiſtes, und die bemuͤhung einer geſchickten zunge, und dieſer iſt eine verrichtung, welche auch die ungeſchicklichkeit ſelbſt uͤber ſich nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme geſtaͤrcket und rachgierde und neid den degen fuͤhren lernen. Ja die beredſamkeit iſt der vernunft und eines menſchen, der krieg aber der wildniß und grimmigen thiere eigenſchaft. Solte aber wohl die menſchliche geſellſchafft beſtehen koͤnnen, wo ſie nicht, durch die unzer- trennlichen ketten der geprieſenen beredſam- keit, ſo feſt verknuͤpfet waͤre? wuͤrden wir nicht dem beliebten umgang die ſchoͤnſten gaͤr- ten verſchlieſſen, und faſt alles zieraths berau- ben, dafern wir ihm das vergnuͤgende geſchen- cke des himmels die beredſamkeit entzoͤgen. Sie beſchuͤtzet oͤfters thron und ſcepter, mit beſſern nachdruck, als eine menge donnern der carthaunen. Den feind haͤlt ſie meiſten- theils
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0396" n="378"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der diſpoſition uͤberhaupt.</hi></fw><lb/> Der krieg nimmt ſeinen anfang in der hoͤlle,<lb/> von dem geiſte der uneinigkeit und des mordes,<lb/> dem fuͤrſten der ſuͤnde und der finſterniß, und<lb/> glaube ich gewiß daß dieſer liſtige geiſt, die<lb/> menſchen in den abgrund zu ſtuͤrtzen, nichts<lb/> beſſers haͤtte erfinden koͤnnen, als eben den<lb/> krieg. Er iſt nichts anders als eine verſam-<lb/> lung zur ſuͤnde, und ein weg zur hoͤlle. Die<lb/> beredſamkeit erfodert einen gebeſſerten willen<lb/> und unumſchraͤnckte herrſchaft uͤber unſere nei-<lb/> gungen, denen doch der krieg den zuͤgel allzu-<lb/> weit ſchieſſen laͤſt. Jene iſt das leben eines<lb/> aufgeklaͤrten geiſtes, und die bemuͤhung einer<lb/> geſchickten zunge, und dieſer iſt eine verrichtung,<lb/> welche auch die ungeſchicklichkeit ſelbſt uͤber ſich<lb/> nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme<lb/> geſtaͤrcket und rachgierde und neid den degen<lb/> fuͤhren lernen. Ja die beredſamkeit iſt der<lb/> vernunft und eines menſchen, der krieg aber<lb/> der wildniß und grimmigen thiere eigenſchaft.<lb/> Solte aber wohl die menſchliche geſellſchafft<lb/> beſtehen koͤnnen, wo ſie nicht, durch die unzer-<lb/> trennlichen ketten der geprieſenen beredſam-<lb/> keit, ſo feſt verknuͤpfet waͤre? wuͤrden wir<lb/> nicht dem beliebten umgang die ſchoͤnſten gaͤr-<lb/> ten verſchlieſſen, und faſt alles zieraths berau-<lb/> ben, dafern wir ihm das vergnuͤgende geſchen-<lb/> cke des himmels die beredſamkeit entzoͤgen.<lb/> Sie beſchuͤtzet oͤfters thron und ſcepter, mit<lb/> beſſern nachdruck, als eine menge donnern<lb/> der carthaunen. Den feind haͤlt ſie meiſten-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">theils</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [378/0396]
von der diſpoſition uͤberhaupt.
Der krieg nimmt ſeinen anfang in der hoͤlle,
von dem geiſte der uneinigkeit und des mordes,
dem fuͤrſten der ſuͤnde und der finſterniß, und
glaube ich gewiß daß dieſer liſtige geiſt, die
menſchen in den abgrund zu ſtuͤrtzen, nichts
beſſers haͤtte erfinden koͤnnen, als eben den
krieg. Er iſt nichts anders als eine verſam-
lung zur ſuͤnde, und ein weg zur hoͤlle. Die
beredſamkeit erfodert einen gebeſſerten willen
und unumſchraͤnckte herrſchaft uͤber unſere nei-
gungen, denen doch der krieg den zuͤgel allzu-
weit ſchieſſen laͤſt. Jene iſt das leben eines
aufgeklaͤrten geiſtes, und die bemuͤhung einer
geſchickten zunge, und dieſer iſt eine verrichtung,
welche auch die ungeſchicklichkeit ſelbſt uͤber ſich
nimmt, nachdem ihr zorn und haß die arme
geſtaͤrcket und rachgierde und neid den degen
fuͤhren lernen. Ja die beredſamkeit iſt der
vernunft und eines menſchen, der krieg aber
der wildniß und grimmigen thiere eigenſchaft.
Solte aber wohl die menſchliche geſellſchafft
beſtehen koͤnnen, wo ſie nicht, durch die unzer-
trennlichen ketten der geprieſenen beredſam-
keit, ſo feſt verknuͤpfet waͤre? wuͤrden wir
nicht dem beliebten umgang die ſchoͤnſten gaͤr-
ten verſchlieſſen, und faſt alles zieraths berau-
ben, dafern wir ihm das vergnuͤgende geſchen-
cke des himmels die beredſamkeit entzoͤgen.
Sie beſchuͤtzet oͤfters thron und ſcepter, mit
beſſern nachdruck, als eine menge donnern
der carthaunen. Den feind haͤlt ſie meiſten-
theils
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/396 |
| Zitationshilfe: | Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/396>, abgerufen am 22.11.2024. |
