Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von der disposition überhaupt.
Tractatio:
1. Ponit definitionem eloquentiae. Nicht
alles reden, nicht alles unnütze ob wohl zier-
liche reden, verdienet den nahmen der bered-
samkeit sondern das ist beredsamkeit, wenn
man eine geschicklichkeit besitzet:
&c. jam
sequitur definitio.
Und dazu führt uns die
Oratorie.
2. Applicat definitionem:
1. ad jurisprudentiam legislatoriam: Diese bered-
samkeit nun ist es, welche denen bürgern die
mittel zu ibrer bürgerlichen wohlfar[t]h in
heilsamen gesetzen fürträgt.
Illustrans I. Nero ließ seine gesetze gar zart schrei-
ben, und hernach sehr hoch anbeften, daß sie nie-
mand lesen konte, damit er desto eher seine bur-
ger straffen möchte Eben so tyrannisch handelt
ein regent welcher undeutliche, zweydeutige gese-
tze fürträgt, und nicht durch die Orototie seinen
willen mit genauen worten ausdrucken lernet:
Illustrans II. Alexander M. Julius Cäsarcet wür-
den nicht so glücklich commandiret haben ohne
beredsamkeit.
II. Ad Jurisprud. Consultaioriam: Ohne diese be-
redsamkeit ist es nicht möglich daß ein Jurist
bey bofe seinem printzen und dem lande dienen
kan.

Illustrans I. a simili. Ein freund der nicht reden
kan, schaft uns wenig vergnügen, und ein bof-
mann der seine anschläge zu des landes besten
nicht fürbringen kan, oder kauderwelsch fürbrin-
get der das maul nicht aufthut wann es die wohl
farth des landes erfordert, und den printzen durch
vernünftige fürstellungen sucht auf das zufüh-
ren, welches ihm am zuträglichsten ist, ein sol-
cher ist ebenfalls nichts nutze.
Illustrans II. ab exemplo: Demosthenes war de-
nen Atheniensern mehr nutze als eine gantze ar-
mee und Philipyus Macedo wolte nur die Ora-
tores heraus haben.

III.
C c 4
von der diſpoſition uͤberhaupt.
Tractatio:
1. Ponit definitionem eloquentiae. Nicht
alles reden, nicht alles unnuͤtze ob wohl zier-
liche reden, verdienet den nahmen der bered-
ſamkeit ſondern das iſt beredſamkeit, wenn
man eine geſchicklichkeit beſitzet:
&c. jam
ſequitur definitio.
Und dazu fuͤhrt uns die
Oratorie.
2. Applicat definitionem:
1. ad jurisprudentiam legislatoriam: Dieſe bered-
ſamkeit nun iſt es, welche denen buͤrgern die
mittel zu ibrer buͤrgerlichen wohlfar[t]h in
heilſamen geſetzen fuͤrtraͤgt.
Illuſtrans I. Nero ließ ſeine geſetze gar zart ſchrei-
ben, und hernach ſehr hoch anbeften, daß ſie nie-
mand leſen konte, damit er deſto eher ſeine bur-
ger ſtraffen moͤchte Eben ſo tyranniſch handelt
ein regent welcher undeutliche, zweydeutige geſe-
tze fuͤrtraͤgt, und nicht durch die Orototie ſeinen
willen mit genauen worten ausdrucken lernet:
Illuſtrans II. Alexander M. Julius Caͤſarcet wuͤr-
den nicht ſo gluͤcklich commandiret haben ohne
beredſamkeit.
II. Ad Jurisprud. Conſultaioriam: Ohne dieſe be-
redſamkeit iſt es nicht moͤglich daß ein Juriſt
bey bofe ſeinem printzen und dem lande dienen
kan.

Illuſtrans I. a ſimili. Ein freund der nicht reden
kan, ſchaft uns wenig vergnuͤgen, und ein bof-
mann der ſeine anſchlaͤge zu des landes beſten
nicht fuͤrbringen kan, oder kauderwelſch fuͤrbrin-
get der das maul nicht aufthut wann es die wohl
farth des landes erfordert, und den printzen durch
vernuͤnftige fuͤrſtellungen ſucht auf das zufuͤh-
ren, welches ihm am zutraͤglichſten iſt, ein ſol-
cher iſt ebenfalls nichts nutze.
Illuſtrans II. ab exemplo: Demoſthenes war de-
nen Athenienſern mehr nutze als eine gantze ar-
mee und Philipyus Macedo wolte nur die Ora-
tores heraus haben.

III.
C c 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0425" n="407"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von der                                 di&#x017F;po&#x017F;ition u&#x0364;berhaupt.</hi> </fw><lb/>
            <list>
              <item> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Tractatio:</hi> </hi> <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">1. Ponit definitionem                                             eloquentiae.</hi> <hi rendition="#fr">Nicht<lb/>
alles reden, nicht alles                                             unnu&#x0364;tze ob wohl zier-<lb/>
liche reden,                                             verdienet den nahmen der bered-<lb/>
&#x017F;amkeit                                             &#x017F;ondern das i&#x017F;t bered&#x017F;amkeit,                                             wenn<lb/>
man eine ge&#x017F;chicklichkeit                                             be&#x017F;itzet:</hi> <hi rendition="#aq">&amp;c. jam<lb/>
&#x017F;equitur                                             definitio.</hi> <hi rendition="#fr">Und dazu fu&#x0364;hrt uns die<lb/>
Oratorie.</hi> </item><lb/>
                  <item>2. <hi rendition="#aq">Applicat definitionem:</hi></item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">1. ad jurisprudentiam                                             legislatoriam:</hi> <hi rendition="#fr">Die&#x017F;e bered-<lb/>
&#x017F;amkeit                                             nun i&#x017F;t es, welche denen bu&#x0364;rgern die<lb/>
mittel zu ibrer bu&#x0364;rgerlichen                                                 wohlfar<supplied>t</supplied>h in<lb/>
heil&#x017F;amen ge&#x017F;etzen                                             fu&#x0364;rtra&#x0364;gt.</hi> </item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">Illu&#x017F;trans I.</hi> Nero ließ                                         &#x017F;eine ge&#x017F;etze gar zart &#x017F;chrei-<lb/>
ben, und hernach &#x017F;ehr hoch anbeften, daß &#x017F;ie                                         nie-<lb/>
mand le&#x017F;en konte, damit er de&#x017F;to                                         eher &#x017F;eine bur-<lb/>
ger &#x017F;traffen                                         mo&#x0364;chte Eben &#x017F;o tyranni&#x017F;ch handelt<lb/>
ein regent welcher undeutliche, zweydeutige                                         ge&#x017F;e-<lb/>
tze fu&#x0364;rtra&#x0364;gt, und nicht                                         durch die Orototie &#x017F;einen<lb/>
willen mit genauen                                         worten ausdrucken lernet:</item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">Illu&#x017F;trans II.</hi> Alexander <hi rendition="#aq">M.</hi> Julius                                         Ca&#x0364;&#x017F;arcet wu&#x0364;r-<lb/>
den nicht                                         &#x017F;o glu&#x0364;cklich commandiret haben ohne<lb/>
bered&#x017F;amkeit.</item>
                </list>
              </item><lb/>
              <item> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">II. Ad Jurisprud.                                         Con&#x017F;ultaioriam:</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Ohne die&#x017F;e be-<lb/>
red&#x017F;amkeit                                     i&#x017F;t es nicht mo&#x0364;glich daß ein Juri&#x017F;t<lb/>
bey bofe &#x017F;einem printzen und dem lande dienen<lb/>
kan.</hi><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">Illu&#x017F;trans I. a                                             &#x017F;imili.</hi> Ein freund der nicht reden<lb/>
kan,                                         &#x017F;chaft uns wenig vergnu&#x0364;gen, und ein bof-<lb/>
mann der &#x017F;eine an&#x017F;chla&#x0364;ge zu des landes                                         be&#x017F;ten<lb/>
nicht fu&#x0364;rbringen kan, oder                                         kauderwel&#x017F;ch fu&#x0364;rbrin-<lb/>
get der das maul                                         nicht aufthut wann es die wohl<lb/>
farth des landes                                         erfordert, und den printzen durch<lb/>
vernu&#x0364;nftige                                         fu&#x0364;r&#x017F;tellungen &#x017F;ucht auf das                                         zufu&#x0364;h-<lb/>
ren, welches ihm am                                         zutra&#x0364;glich&#x017F;ten i&#x017F;t, ein                                         &#x017F;ol-<lb/>
cher i&#x017F;t ebenfalls nichts                                         nutze.</item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">Illu&#x017F;trans II. ab exemplo:</hi> Demo&#x017F;thenes war de-<lb/>
nen Athenien&#x017F;ern mehr                                         nutze als eine gantze ar-<lb/>
mee und Philipyus Macedo                                         wolte nur die Ora-<lb/>
tores heraus haben.</item>
                </list>
              </item>
            </list>
            <fw place="bottom" type="sig">C c 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">III.</hi> </hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0425] von der diſpoſition uͤberhaupt. Tractatio: 1. Ponit definitionem eloquentiae. Nicht alles reden, nicht alles unnuͤtze ob wohl zier- liche reden, verdienet den nahmen der bered- ſamkeit ſondern das iſt beredſamkeit, wenn man eine geſchicklichkeit beſitzet: &c. jam ſequitur definitio. Und dazu fuͤhrt uns die Oratorie. 2. Applicat definitionem: 1. ad jurisprudentiam legislatoriam: Dieſe bered- ſamkeit nun iſt es, welche denen buͤrgern die mittel zu ibrer buͤrgerlichen wohlfarth in heilſamen geſetzen fuͤrtraͤgt. Illuſtrans I. Nero ließ ſeine geſetze gar zart ſchrei- ben, und hernach ſehr hoch anbeften, daß ſie nie- mand leſen konte, damit er deſto eher ſeine bur- ger ſtraffen moͤchte Eben ſo tyranniſch handelt ein regent welcher undeutliche, zweydeutige geſe- tze fuͤrtraͤgt, und nicht durch die Orototie ſeinen willen mit genauen worten ausdrucken lernet: Illuſtrans II. Alexander M. Julius Caͤſarcet wuͤr- den nicht ſo gluͤcklich commandiret haben ohne beredſamkeit. II. Ad Jurisprud. Conſultaioriam: Ohne dieſe be- redſamkeit iſt es nicht moͤglich daß ein Juriſt bey bofe ſeinem printzen und dem lande dienen kan. Illuſtrans I. a ſimili. Ein freund der nicht reden kan, ſchaft uns wenig vergnuͤgen, und ein bof- mann der ſeine anſchlaͤge zu des landes beſten nicht fuͤrbringen kan, oder kauderwelſch fuͤrbrin- get der das maul nicht aufthut wann es die wohl farth des landes erfordert, und den printzen durch vernuͤnftige fuͤrſtellungen ſucht auf das zufuͤh- ren, welches ihm am zutraͤglichſten iſt, ein ſol- cher iſt ebenfalls nichts nutze. Illuſtrans II. ab exemplo: Demoſthenes war de- nen Athenienſern mehr nutze als eine gantze ar- mee und Philipyus Macedo wolte nur die Ora- tores heraus haben. III. C c 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/425
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/425>, abgerufen am 24.11.2024.