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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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oder geistlichen reden.
ligthum durch den mund des psalmisten seines he-
roldes, an sie ergehen lässet, da es im 50 Psalm
heisset: Ruffe mich an, in der zeit der noth,
so will ich dich erretten und du solst mich
preisen.
Das menschliche hertz wird also abge-
bildet, daß es nur mit einer spitzen sich zur erden
sencket, hingegen oben getheilet und mit zweyen
hügeln himmel an gerichtet ist. Das hertz der
Christen eriunert sich seiner geistlichen und leiblichen
noth, wann es sich gegen die erde neiget. Allein
es ist ein gedoppelter altar, auf welchen einerseits
dem allerhöchsten helfer in aller noth im glauben
und hofnung angeflammte opfer des gebets ge-
bracht werden, auf der andern seite aber die er-
känntliche liebe schuldige danckopfer, dem herrn
zu einen süssen geruch, anzündet. Das irdische
leben ist ein edles kleinod, welches uns die göttli-
che allmacht durch die leibliche geburt mitgethei-
let, aber es ist billich einer rose zu vergleichen, wie
diese mit lauter dornen, also ist ienes mit angst
und noth umgeben. Noth ist verhanden, wenn
der wiedersacher des menschlichen geschlechts, der
fürst der finsterniß, umhergehet, und wie ein
brüllender löwe uns zu verschlingen suchet. Noth
ist verhanden, wenn die im argen liegende welt,
uns mit ihren verächtlichen fesseln, der augenlust,
fleisches-lust und hoffärtigen leben, mit ihren
banden der trübsal und verfolgung drohet. Noth
ist verhanden, wann unser eignes verderbtes sünd-
liches blut in unsern adern tobet, und das ver-
führerische fleisch durch boßhafte neigungen, uns

der
J i 3

oder geiſtlichen reden.
ligthum durch den mund des pſalmiſten ſeines he-
roldes, an ſie ergehen laͤſſet, da es im 50 Pſalm
heiſſet: Ruffe mich an, in der zeit der noth,
ſo will ich dich erretten und du ſolſt mich
preiſen.
Das menſchliche hertz wird alſo abge-
bildet, daß es nur mit einer ſpitzen ſich zur erden
ſencket, hingegen oben getheilet und mit zweyen
huͤgeln himmel an gerichtet iſt. Das hertz der
Chriſten eriũert ſich ſeiner geiſtlichen und leiblichen
noth, wann es ſich gegen die erde neiget. Allein
es iſt ein gedoppelter altar, auf welchen einerſeits
dem allerhoͤchſten helfer in aller noth im glauben
und hofnung angeflammte opfer des gebets ge-
bracht werden, auf der andern ſeite aber die er-
kaͤnntliche liebe ſchuldige danckopfer, dem herrn
zu einen ſuͤſſen geruch, anzuͤndet. Das irdiſche
leben iſt ein edles kleinod, welches uns die goͤttli-
che allmacht durch die leibliche geburt mitgethei-
let, aber es iſt billich einer roſe zu vergleichen, wie
dieſe mit lauter dornen, alſo iſt ienes mit angſt
und noth umgeben. Noth iſt verhanden, wenn
der wiederſacher des menſchlichen geſchlechts, der
fuͤrſt der finſterniß, umhergehet, und wie ein
bruͤllender loͤwe uns zu verſchlingen ſuchet. Noth
iſt verhanden, wenn die im argen liegende welt,
uns mit ihren veraͤchtlichen feſſeln, der augenluſt,
fleiſches-luſt und hoffaͤrtigen leben, mit ihren
banden der truͤbſal und verfolgung drohet. Noth
iſt verhanden, wann unſer eignes verderbtes ſuͤnd-
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[501/0519] oder geiſtlichen reden. ligthum durch den mund des pſalmiſten ſeines he- roldes, an ſie ergehen laͤſſet, da es im 50 Pſalm heiſſet: Ruffe mich an, in der zeit der noth, ſo will ich dich erretten und du ſolſt mich preiſen. Das menſchliche hertz wird alſo abge- bildet, daß es nur mit einer ſpitzen ſich zur erden ſencket, hingegen oben getheilet und mit zweyen huͤgeln himmel an gerichtet iſt. Das hertz der Chriſten eriũert ſich ſeiner geiſtlichen und leiblichen noth, wann es ſich gegen die erde neiget. Allein es iſt ein gedoppelter altar, auf welchen einerſeits dem allerhoͤchſten helfer in aller noth im glauben und hofnung angeflammte opfer des gebets ge- bracht werden, auf der andern ſeite aber die er- kaͤnntliche liebe ſchuldige danckopfer, dem herrn zu einen ſuͤſſen geruch, anzuͤndet. Das irdiſche leben iſt ein edles kleinod, welches uns die goͤttli- che allmacht durch die leibliche geburt mitgethei- let, aber es iſt billich einer roſe zu vergleichen, wie dieſe mit lauter dornen, alſo iſt ienes mit angſt und noth umgeben. Noth iſt verhanden, wenn der wiederſacher des menſchlichen geſchlechts, der fuͤrſt der finſterniß, umhergehet, und wie ein bruͤllender loͤwe uns zu verſchlingen ſuchet. Noth iſt verhanden, wenn die im argen liegende welt, uns mit ihren veraͤchtlichen feſſeln, der augenluſt, fleiſches-luſt und hoffaͤrtigen leben, mit ihren banden der truͤbſal und verfolgung drohet. Noth iſt verhanden, wann unſer eignes verderbtes ſuͤnd- liches blut in unſern adern tobet, und das ver- fuͤhreriſche fleiſch durch boßhafte neigungen, uns der J i 3

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/519>, abgerufen am 22.11.2024.