§. 26. Die andern dinge also, welche man in denen Oratorischen büchern als aetiologien und beweiß-gründe recommandiret, müssen theils zu angeführten gründen, theils unter den fucum oratorium gerechnet werden. Z. e. Te- stimonia haben ihre kraft eigentlich in der Hi- storischen wahrscheinlichkeit, siehe oben §. 12. Jn den übri gen gehören sie zum fuco oratorio. a) Und hier dienen sie, wann man leute für sich hat, die in dem vorurtheil menschlichen an- sehens stehen, und sich von iemand den man an- führet, lauter wahrheiten versprechen, oder die ein groß gedächtniß, wenig iudicium haben. Ferner wann es scheinet, als ob man neuerun- gen fürbrächte, so kan man sich hinter die te- stimonia, angesehener leute verstecken und seine meinung mit ihren worten fürtragen. Geld- geitzigen und aberglaubischen leuten, gefallen testimonia auch sehr wohl. Doch ist es auch nicht verboten testimonia zum putz und ausdeh- nung einer rede anzuführen. Weil die mei- sten allegata, testimonia seyn sollen, so hat es mit denselben fast gleiche bewandniß.b)
a) Z. e. Wann ich sage: EinTheologusmuß La- teinisch Griechisch und Hebräisch können: so wäre dieses mein rechter beweiß-grund: Denn Lateinisch ist die sprache der Gelehrten, Grie- chisch und Hebräisch aber, die grundsprache der Bibel, welche ein Theologus nothwen- dig verstehen soll. Erfoderten es aber die re- geln der klugheit so setzte ich noch hinzu: Siehe Flacium in claue S. Scripturae, Franzium de inter- pretatione Scripturae sacrae, Glassium in Gramma-
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und derſelben erfindung.
§. 26. Die andern dinge alſo, welche man in denen Oratoriſchen buͤchern als aetiologien und beweiß-gruͤnde recommandiret, muͤſſen theils zu angefuͤhrten gruͤnden, theils unter den fucum oratorium gerechnet werden. Z. e. Te- ſtimonia haben ihre kraft eigentlich in der Hi- ſtoriſchen wahrſcheinlichkeit, ſiehe oben §. 12. Jn den uͤbri gen gehoͤren ſie zum fuco oratorio. a) Und hier dienen ſie, wann man leute fuͤr ſich hat, die in dem vorurtheil menſchlichen an- ſehens ſtehen, und ſich von iemand den man an- fuͤhret, lauter wahrheiten verſprechen, oder die ein groß gedaͤchtniß, wenig iudicium haben. Ferner wann es ſcheinet, als ob man neuerun- gen fuͤrbraͤchte, ſo kan man ſich hinter die te- ſtimonia, angeſehener leute verſtecken und ſeine meinung mit ihren worten fuͤrtragen. Geld- geitzigen und aberglaubiſchen leuten, gefallen teſtimonia auch ſehr wohl. Doch iſt es auch nicht verboten teſtimonia zum putz und ausdeh- nung einer rede anzufuͤhren. Weil die mei- ſten allegata, teſtimonia ſeyn ſollen, ſo hat es mit denſelben faſt gleiche bewandniß.b)
a) Z. e. Wann ich ſage: EinTheologusmuß La- teiniſch Griechiſch und Hebraͤiſch koͤnnen: ſo waͤre dieſes mein rechter beweiß-grund: Denn Lateiniſch iſt die ſprache der Gelehrten, Grie- chiſch und Hebraͤiſch aber, die grundſprache der Bibel, welche ein Theologus nothwen- dig verſtehen ſoll. Erfoderten es aber die re- geln der klugheit ſo ſetzte ich noch hinzu: Siehe Flacium in claue S. Scripturae, Franzium de inter- pretatione Scripturae ſacrae, Glaſſium in Gramma-
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und derſelben erfindung.
§. 26. Die andern dinge alſo, welche man
in denen Oratoriſchen buͤchern als aetiologien
und beweiß-gruͤnde recommandiret, muͤſſen
theils zu angefuͤhrten gruͤnden, theils unter den
fucum oratorium gerechnet werden. Z. e. Te-
ſtimonia haben ihre kraft eigentlich in der Hi-
ſtoriſchen wahrſcheinlichkeit, ſiehe oben §. 12.
Jn den uͤbri gen gehoͤren ſie zum fuco oratorio.
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Und hier dienen ſie, wann man leute fuͤr
ſich hat, die in dem vorurtheil menſchlichen an-
ſehens ſtehen, und ſich von iemand den man an-
fuͤhret, lauter wahrheiten verſprechen, oder die
ein groß gedaͤchtniß, wenig iudicium haben.
Ferner wann es ſcheinet, als ob man neuerun-
gen fuͤrbraͤchte, ſo kan man ſich hinter die te-
ſtimonia, angeſehener leute verſtecken und ſeine
meinung mit ihren worten fuͤrtragen. Geld-
geitzigen und aberglaubiſchen leuten, gefallen
teſtimonia auch ſehr wohl. Doch iſt es auch
nicht verboten teſtimonia zum putz und ausdeh-
nung einer rede anzufuͤhren. Weil die mei-
ſten allegata, teſtimonia ſeyn ſollen, ſo hat es
mit denſelben faſt gleiche bewandniß.
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a⁾ Z. e. Wann ich ſage: Ein Theologus muß La-
teiniſch Griechiſch und Hebraͤiſch koͤnnen:
ſo waͤre dieſes mein rechter beweiß-grund: Denn
Lateiniſch iſt die ſprache der Gelehrten, Grie-
chiſch und Hebraͤiſch aber, die grundſprache
der Bibel, welche ein Theologus nothwen-
dig verſtehen ſoll. Erfoderten es aber die re-
geln der klugheit ſo ſetzte ich noch hinzu: Siehe
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/99>, abgerufen am 27.11.2024.
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