selben verboten sie ganz besonders die Brokatkleider und den Per- lenbesatz.
In den letzten Jahren des funfzehnten Jahrhunderts sah sich auch das Reich als solches genöthigt, von dem wachsenden Uebel Notiz zu nehmen. Im Jahr 1496 hatte man in Worms beschlossen, die Angelegenheit auf dem nächstjährigen Reichstag in Lindau vorzunehmen. Das geschah denn auch. Man einigte sich über die Grundsätze und stellte diese den Fürsten und Städ- ten zur Nachahmung und detaillirteren Bestimmung anheim. Das Hauptaugenmerk dabei war, die verschiedenen Stände in strenger Sonderung zu halten. Dem Bauer und der arbeitenden und dienenden Classe in den Städten wurde der Preis des Tu- ches vorgeschrieben: die Elle sollte nicht über einen halben Gul- den kosten. Gold, Perlen, Sammet, Seide, bunt zusammenge- setzte Kleider waren weder ihnen noch ihren Frauen und Kindern gestattet. Die Diener des Adels wurden davon ausgenommen: sie trugen fremde Kleidung und der Herr konnte sie kleiden nach seiner Gewohnheit, wie er wollte. Was zweitens die Handwerker betrifft -- die Verordnung geht alle Stände durch --, so solle es jeder Obrigkeit überlassen sein, darüber geziemend zu bestimmen. Auch die Bürger in den Städten, wenn sie nicht von Adel oder Ritter sind, sollen weder Gold, Perlen, Sammet, Scharlach, Seide, noch Zobel- oder Hermelinunterfutter tragen, zum Wamms ist aber Sammet und Seide, wie Schamlot oder Camelot zur Kleidung erlaubt; auch ihren Frauen und Kindern ist Besatz von Sammet und Seide gestattet, doch nicht von Gold- oder Silber- stoff. Im Adel wurde zwischen denen, die Ritter, und denen, die nicht Ritter sind, ein Unterschied gemacht. Die letzteren dürfen weder Perlen noch Gold offen tragen und sollen sich in Farbe und Zusammensetzung der Kleider in geziemendem Maße halten. Den adligen Rittern wird der Goldstoff auch nur zum Wamms erlaubt. In Bezug auf die Frauen und Kinder wird einem jeden Fürsten anheimgestellt, darüber mit seinen Rittern näher zu be- rathen. Was diese mit einander beschließen, soll auf dem nächsten Reichstag wieder vorgebracht werden. Was die Geistlichkeit be-
II. Das Mittelalter.
ſelben verboten ſie ganz beſonders die Brokatkleider und den Per- lenbeſatz.
In den letzten Jahren des funfzehnten Jahrhunderts ſah ſich auch das Reich als ſolches genöthigt, von dem wachſenden Uebel Notiz zu nehmen. Im Jahr 1496 hatte man in Worms beſchloſſen, die Angelegenheit auf dem nächſtjährigen Reichstag in Lindau vorzunehmen. Das geſchah denn auch. Man einigte ſich über die Grundſätze und ſtellte dieſe den Fürſten und Städ- ten zur Nachahmung und detaillirteren Beſtimmung anheim. Das Hauptaugenmerk dabei war, die verſchiedenen Stände in ſtrenger Sonderung zu halten. Dem Bauer und der arbeitenden und dienenden Claſſe in den Städten wurde der Preis des Tu- ches vorgeſchrieben: die Elle ſollte nicht über einen halben Gul- den koſten. Gold, Perlen, Sammet, Seide, bunt zuſammenge- ſetzte Kleider waren weder ihnen noch ihren Frauen und Kindern geſtattet. Die Diener des Adels wurden davon ausgenommen: ſie trugen fremde Kleidung und der Herr konnte ſie kleiden nach ſeiner Gewohnheit, wie er wollte. Was zweitens die Handwerker betrifft — die Verordnung geht alle Stände durch —, ſo ſolle es jeder Obrigkeit überlaſſen ſein, darüber geziemend zu beſtimmen. Auch die Bürger in den Städten, wenn ſie nicht von Adel oder Ritter ſind, ſollen weder Gold, Perlen, Sammet, Scharlach, Seide, noch Zobel- oder Hermelinunterfutter tragen, zum Wamms iſt aber Sammet und Seide, wie Schamlot oder Camelot zur Kleidung erlaubt; auch ihren Frauen und Kindern iſt Beſatz von Sammet und Seide geſtattet, doch nicht von Gold- oder Silber- ſtoff. Im Adel wurde zwiſchen denen, die Ritter, und denen, die nicht Ritter ſind, ein Unterſchied gemacht. Die letzteren dürfen weder Perlen noch Gold offen tragen und ſollen ſich in Farbe und Zuſammenſetzung der Kleider in geziemendem Maße halten. Den adligen Rittern wird der Goldſtoff auch nur zum Wamms erlaubt. In Bezug auf die Frauen und Kinder wird einem jeden Fürſten anheimgeſtellt, darüber mit ſeinen Rittern näher zu be- rathen. Was dieſe mit einander beſchließen, ſoll auf dem nächſten Reichstag wieder vorgebracht werden. Was die Geiſtlichkeit be-
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II. Das Mittelalter.
ſelben verboten ſie ganz beſonders die Brokatkleider und den Per-
lenbeſatz.
In den letzten Jahren des funfzehnten Jahrhunderts ſah
ſich auch das Reich als ſolches genöthigt, von dem wachſenden
Uebel Notiz zu nehmen. Im Jahr 1496 hatte man in Worms
beſchloſſen, die Angelegenheit auf dem nächſtjährigen Reichstag
in Lindau vorzunehmen. Das geſchah denn auch. Man einigte
ſich über die Grundſätze und ſtellte dieſe den Fürſten und Städ-
ten zur Nachahmung und detaillirteren Beſtimmung anheim.
Das Hauptaugenmerk dabei war, die verſchiedenen Stände in
ſtrenger Sonderung zu halten. Dem Bauer und der arbeitenden
und dienenden Claſſe in den Städten wurde der Preis des Tu-
ches vorgeſchrieben: die Elle ſollte nicht über einen halben Gul-
den koſten. Gold, Perlen, Sammet, Seide, bunt zuſammenge-
ſetzte Kleider waren weder ihnen noch ihren Frauen und Kindern
geſtattet. Die Diener des Adels wurden davon ausgenommen:
ſie trugen fremde Kleidung und der Herr konnte ſie kleiden nach
ſeiner Gewohnheit, wie er wollte. Was zweitens die Handwerker
betrifft — die Verordnung geht alle Stände durch —, ſo ſolle es
jeder Obrigkeit überlaſſen ſein, darüber geziemend zu beſtimmen.
Auch die Bürger in den Städten, wenn ſie nicht von Adel oder
Ritter ſind, ſollen weder Gold, Perlen, Sammet, Scharlach,
Seide, noch Zobel- oder Hermelinunterfutter tragen, zum Wamms
iſt aber Sammet und Seide, wie Schamlot oder Camelot zur
Kleidung erlaubt; auch ihren Frauen und Kindern iſt Beſatz von
Sammet und Seide geſtattet, doch nicht von Gold- oder Silber-
ſtoff. Im Adel wurde zwiſchen denen, die Ritter, und denen, die
nicht Ritter ſind, ein Unterſchied gemacht. Die letzteren dürfen
weder Perlen noch Gold offen tragen und ſollen ſich in Farbe
und Zuſammenſetzung der Kleider in geziemendem Maße halten.
Den adligen Rittern wird der Goldſtoff auch nur zum Wamms
erlaubt. In Bezug auf die Frauen und Kinder wird einem jeden
Fürſten anheimgeſtellt, darüber mit ſeinen Rittern näher zu be-
rathen. Was dieſe mit einander beſchließen, ſoll auf dem nächſten
Reichstag wieder vorgebracht werden. Was die Geiſtlichkeit be-
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/208>, abgerufen am 18.06.2024.
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