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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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II. Das Mittelalter.
ger Hofbeamten, der Dauphin von Frankreich und alle Glieder
des Hauses Burgund, Herren und Damen, in langen Gewän-
dern von Gold- und Silberstoff, bedeckt mit Geschmeide und Ju-
welen, die hohe Geistlichkeit in ihrem strahlenden Ornat. --
Werfen wir einen Blick auf das Schlachtfeld von Granson, wo
der Glanz von Burgund erlosch. Da standen über vierhundert
kostbare seidene Zelte mit Fähnlein und anderem Schmuck, unter
ihnen vorragend das herzogliche, mit Sammet inwendig ausge-
schlagen, mit Gold und Perlen besetzt. Im Zelte stand des Her-
zogs goldener Stuhl, daneben lag der reiche Hut, das goldene
Vließ und sein Prachtschwert, dessen Griff mit großen Diaman-
ten, Rubinen und andern Edelsteinen besetzt war. In der Capelle
fand sich der goldene Rosenkranz, dessen Kugeln Edelsteine waren,
das mit Perlen und Rubinen geschmückte Reliquienkästchen und
andere Heiligthümer, das in rothem Sammet und Gold gebun-
dene Gebetbuch mit den feinsten Miniaturen, die große, goldene
Monstranz. Im Speisezelt standen hochaufgethürmt die goldenen
und silbernen Pokale, Schüsseln und Teller und anderes Geräth.
In 400 Kisten lagen die silbernen und goldenen Stoffe, darunter
allein hundert gestickte goldene Röcke, die der Herzog für sich mit-
genommen hatte; die feinste Leinwand und Seide in Ueberfluß
-- alles eine unnütze Beute für solche Sieger, die keinen Begriff
von ihrem Werth hatten. Der größte damals bekannte Diamant,
den Karl nebst andern bei sich führte, wurde vom Finder erst ver-
ächtlich weggeworfen und dann für einen Gulden verkauft. Alle
Großen Karls, die Blüthe des burgundischen und niederländi-
schen Adels, waren im Verhältniß ähnlich ausgerüstet in diesen
Krieg gegangen -- der kostbaren Waffen und Rüstungen nicht
einmal zu gedenken. Nie hatte sich im Mittelalter soviel Pracht
und Kostbarkeit auf einem Schlachtfeld vereinigt gefunden. Der
Herzog schätzte den Verlust seines Eigenthums auf eine Million.
Es mag nicht übertrieben erscheinen, wenn man bedenkt, daß sein
Prachtgewand, welches er zu Hof bei festlichen Gelegenheiten
trug, allein auf 200,000 Ducaten geschätzt wurde. Der Besatz
mit Perlen und Edelsteinen ermöglichte diese enorme Summe.

II. Das Mittelalter.
ger Hofbeamten, der Dauphin von Frankreich und alle Glieder
des Hauſes Burgund, Herren und Damen, in langen Gewän-
dern von Gold- und Silberſtoff, bedeckt mit Geſchmeide und Ju-
welen, die hohe Geiſtlichkeit in ihrem ſtrahlenden Ornat. —
Werfen wir einen Blick auf das Schlachtfeld von Granſon, wo
der Glanz von Burgund erloſch. Da ſtanden über vierhundert
koſtbare ſeidene Zelte mit Fähnlein und anderem Schmuck, unter
ihnen vorragend das herzogliche, mit Sammet inwendig ausge-
ſchlagen, mit Gold und Perlen beſetzt. Im Zelte ſtand des Her-
zogs goldener Stuhl, daneben lag der reiche Hut, das goldene
Vließ und ſein Prachtſchwert, deſſen Griff mit großen Diaman-
ten, Rubinen und andern Edelſteinen beſetzt war. In der Capelle
fand ſich der goldene Roſenkranz, deſſen Kugeln Edelſteine waren,
das mit Perlen und Rubinen geſchmückte Reliquienkäſtchen und
andere Heiligthümer, das in rothem Sammet und Gold gebun-
dene Gebetbuch mit den feinſten Miniaturen, die große, goldene
Monſtranz. Im Speiſezelt ſtanden hochaufgethürmt die goldenen
und ſilbernen Pokale, Schüſſeln und Teller und anderes Geräth.
In 400 Kiſten lagen die ſilbernen und goldenen Stoffe, darunter
allein hundert geſtickte goldene Röcke, die der Herzog für ſich mit-
genommen hatte; die feinſte Leinwand und Seide in Ueberfluß
— alles eine unnütze Beute für ſolche Sieger, die keinen Begriff
von ihrem Werth hatten. Der größte damals bekannte Diamant,
den Karl nebſt andern bei ſich führte, wurde vom Finder erſt ver-
ächtlich weggeworfen und dann für einen Gulden verkauft. Alle
Großen Karls, die Blüthe des burgundiſchen und niederländi-
ſchen Adels, waren im Verhältniß ähnlich ausgerüſtet in dieſen
Krieg gegangen — der koſtbaren Waffen und Rüſtungen nicht
einmal zu gedenken. Nie hatte ſich im Mittelalter ſoviel Pracht
und Koſtbarkeit auf einem Schlachtfeld vereinigt gefunden. Der
Herzog ſchätzte den Verluſt ſeines Eigenthums auf eine Million.
Es mag nicht übertrieben erſcheinen, wenn man bedenkt, daß ſein
Prachtgewand, welches er zu Hof bei feſtlichen Gelegenheiten
trug, allein auf 200,000 Ducaten geſchätzt wurde. Der Beſatz
mit Perlen und Edelſteinen ermöglichte dieſe enorme Summe.

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[262/0280] II. Das Mittelalter. ger Hofbeamten, der Dauphin von Frankreich und alle Glieder des Hauſes Burgund, Herren und Damen, in langen Gewän- dern von Gold- und Silberſtoff, bedeckt mit Geſchmeide und Ju- welen, die hohe Geiſtlichkeit in ihrem ſtrahlenden Ornat. — Werfen wir einen Blick auf das Schlachtfeld von Granſon, wo der Glanz von Burgund erloſch. Da ſtanden über vierhundert koſtbare ſeidene Zelte mit Fähnlein und anderem Schmuck, unter ihnen vorragend das herzogliche, mit Sammet inwendig ausge- ſchlagen, mit Gold und Perlen beſetzt. Im Zelte ſtand des Her- zogs goldener Stuhl, daneben lag der reiche Hut, das goldene Vließ und ſein Prachtſchwert, deſſen Griff mit großen Diaman- ten, Rubinen und andern Edelſteinen beſetzt war. In der Capelle fand ſich der goldene Roſenkranz, deſſen Kugeln Edelſteine waren, das mit Perlen und Rubinen geſchmückte Reliquienkäſtchen und andere Heiligthümer, das in rothem Sammet und Gold gebun- dene Gebetbuch mit den feinſten Miniaturen, die große, goldene Monſtranz. Im Speiſezelt ſtanden hochaufgethürmt die goldenen und ſilbernen Pokale, Schüſſeln und Teller und anderes Geräth. In 400 Kiſten lagen die ſilbernen und goldenen Stoffe, darunter allein hundert geſtickte goldene Röcke, die der Herzog für ſich mit- genommen hatte; die feinſte Leinwand und Seide in Ueberfluß — alles eine unnütze Beute für ſolche Sieger, die keinen Begriff von ihrem Werth hatten. Der größte damals bekannte Diamant, den Karl nebſt andern bei ſich führte, wurde vom Finder erſt ver- ächtlich weggeworfen und dann für einen Gulden verkauft. Alle Großen Karls, die Blüthe des burgundiſchen und niederländi- ſchen Adels, waren im Verhältniß ähnlich ausgerüſtet in dieſen Krieg gegangen — der koſtbaren Waffen und Rüſtungen nicht einmal zu gedenken. Nie hatte ſich im Mittelalter ſoviel Pracht und Koſtbarkeit auf einem Schlachtfeld vereinigt gefunden. Der Herzog ſchätzte den Verluſt ſeines Eigenthums auf eine Million. Es mag nicht übertrieben erſcheinen, wenn man bedenkt, daß ſein Prachtgewand, welches er zu Hof bei feſtlichen Gelegenheiten trug, allein auf 200,000 Ducaten geſchätzt wurde. Der Beſatz mit Perlen und Edelſteinen ermöglichte dieſe enorme Summe.

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/280>, abgerufen am 22.11.2024.