verhüllt die ganze Gestalt, eine einfache barettartige Kopfbedeckung ruht auf dem kürzeren Haar.
Den mannigfaltigsten Anblick gewähren die Formen der Hüte und Mützen, wenn wir z. B. einen Blick auf die Minia- turen des Hamburger Stadtrechts (herausgegeben von Lappen- berg) werfen, und sie mit andern Bildern zusammenstellen. Da finden sich hohe und niedere Hüte, mit breitem und mehr noch schmalem Rand; mit vorn aufgestülpter, hinten heruntergelassener Krämpe oder umgekehrt; mit ausgezacktem Rande oder ohne den- selben; rauhhaarige Hüte von Pelzwerk -- z. B. Marder --, oder von Filz und Tuch; Hüte von allen Farben, halbirt und ge- streift, mit Federn, Schnüren, Goldschmuck und Binden, die bis auf den Boden fallen. So giebt es auch Mützen aller Art von Pelz, Filz und Tuch; mit Rand und Ohrenklappen; viereckig, rund und spitz und kaputzenartig mit einer oder mehreren bunt- farbigen Troddeln; Mützen mit schleierartig in den Nacken fallen- dem Stoff, mit Goldschmuck, Kronenreif und Federn; turban- artige Mützen von lang herabfallender rother oder gelber Sendel- binde umwunden, mit Schmuck und Feder. Die hellfarbige Sen- delbinde war bis zum Ende des funfzehnten Jahrhunderts noch immer eine beliebte Tracht in den Städten und namentlich auch beim Handwerker. Sie verschwindet erst, als alle diese verschie- denartigen Formen von Hut und Mütze mit dem Anfang des sechszehnten Jahrhunderts vor dem allein herrschenden Barett mit der dazu gehörigen Haarhaube, der Calotte, zurücktreten. Wir werden beide im nächsten Abschnitt näher kennen lernen. --
Die gleiche Formenfülle zeigen die Kopftrachten der Frauen. Wie schon oben erwähnt, spielt das Haar dabei die geringste Rolle; selbst junge unverheirathete Mädchen verbergen es unter hohen Hauben, um den weißen Hals und den blenden- den Nacken möglichst unverhüllt zu zeigen. Fast die einzige Form, in welcher es gezeigt wird, sind Flechten, die sie um die Ohren gelegt haben. Auch diese sind häufig in goldene Netze eingeschlos- sen oder in kleine Säckchen, die dick und fest an beiden Ohren sitzen; sie sind von goldenem oder von farbigem Stoff, z. B.
II. Das Mittelalter.
verhüllt die ganze Geſtalt, eine einfache barettartige Kopfbedeckung ruht auf dem kürzeren Haar.
Den mannigfaltigſten Anblick gewähren die Formen der Hüte und Mützen, wenn wir z. B. einen Blick auf die Minia- turen des Hamburger Stadtrechts (herausgegeben von Lappen- berg) werfen, und ſie mit andern Bildern zuſammenſtellen. Da finden ſich hohe und niedere Hüte, mit breitem und mehr noch ſchmalem Rand; mit vorn aufgeſtülpter, hinten heruntergelaſſener Krämpe oder umgekehrt; mit ausgezacktem Rande oder ohne den- ſelben; rauhhaarige Hüte von Pelzwerk — z. B. Marder —, oder von Filz und Tuch; Hüte von allen Farben, halbirt und ge- ſtreift, mit Federn, Schnüren, Goldſchmuck und Binden, die bis auf den Boden fallen. So giebt es auch Mützen aller Art von Pelz, Filz und Tuch; mit Rand und Ohrenklappen; viereckig, rund und ſpitz und kaputzenartig mit einer oder mehreren bunt- farbigen Troddeln; Mützen mit ſchleierartig in den Nacken fallen- dem Stoff, mit Goldſchmuck, Kronenreif und Federn; turban- artige Mützen von lang herabfallender rother oder gelber Sendel- binde umwunden, mit Schmuck und Feder. Die hellfarbige Sen- delbinde war bis zum Ende des funfzehnten Jahrhunderts noch immer eine beliebte Tracht in den Städten und namentlich auch beim Handwerker. Sie verſchwindet erſt, als alle dieſe verſchie- denartigen Formen von Hut und Mütze mit dem Anfang des ſechszehnten Jahrhunderts vor dem allein herrſchenden Barett mit der dazu gehörigen Haarhaube, der Calotte, zurücktreten. Wir werden beide im nächſten Abſchnitt näher kennen lernen. —
Die gleiche Formenfülle zeigen die Kopftrachten der Frauen. Wie ſchon oben erwähnt, ſpielt das Haar dabei die geringſte Rolle; ſelbſt junge unverheirathete Mädchen verbergen es unter hohen Hauben, um den weißen Hals und den blenden- den Nacken möglichſt unverhüllt zu zeigen. Faſt die einzige Form, in welcher es gezeigt wird, ſind Flechten, die ſie um die Ohren gelegt haben. Auch dieſe ſind häufig in goldene Netze eingeſchloſ- ſen oder in kleine Säckchen, die dick und feſt an beiden Ohren ſitzen; ſie ſind von goldenem oder von farbigem Stoff, z. B.
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II. Das Mittelalter.
verhüllt die ganze Geſtalt, eine einfache barettartige Kopfbedeckung
ruht auf dem kürzeren Haar.
Den mannigfaltigſten Anblick gewähren die Formen der
Hüte und Mützen, wenn wir z. B. einen Blick auf die Minia-
turen des Hamburger Stadtrechts (herausgegeben von Lappen-
berg) werfen, und ſie mit andern Bildern zuſammenſtellen. Da
finden ſich hohe und niedere Hüte, mit breitem und mehr noch
ſchmalem Rand; mit vorn aufgeſtülpter, hinten heruntergelaſſener
Krämpe oder umgekehrt; mit ausgezacktem Rande oder ohne den-
ſelben; rauhhaarige Hüte von Pelzwerk — z. B. Marder —,
oder von Filz und Tuch; Hüte von allen Farben, halbirt und ge-
ſtreift, mit Federn, Schnüren, Goldſchmuck und Binden, die bis
auf den Boden fallen. So giebt es auch Mützen aller Art von
Pelz, Filz und Tuch; mit Rand und Ohrenklappen; viereckig,
rund und ſpitz und kaputzenartig mit einer oder mehreren bunt-
farbigen Troddeln; Mützen mit ſchleierartig in den Nacken fallen-
dem Stoff, mit Goldſchmuck, Kronenreif und Federn; turban-
artige Mützen von lang herabfallender rother oder gelber Sendel-
binde umwunden, mit Schmuck und Feder. Die hellfarbige Sen-
delbinde war bis zum Ende des funfzehnten Jahrhunderts noch
immer eine beliebte Tracht in den Städten und namentlich auch
beim Handwerker. Sie verſchwindet erſt, als alle dieſe verſchie-
denartigen Formen von Hut und Mütze mit dem Anfang des
ſechszehnten Jahrhunderts vor dem allein herrſchenden Barett
mit der dazu gehörigen Haarhaube, der Calotte, zurücktreten.
Wir werden beide im nächſten Abſchnitt näher kennen lernen. —
Die gleiche Formenfülle zeigen die Kopftrachten der
Frauen. Wie ſchon oben erwähnt, ſpielt das Haar dabei die
geringſte Rolle; ſelbſt junge unverheirathete Mädchen verbergen
es unter hohen Hauben, um den weißen Hals und den blenden-
den Nacken möglichſt unverhüllt zu zeigen. Faſt die einzige Form,
in welcher es gezeigt wird, ſind Flechten, die ſie um die Ohren
gelegt haben. Auch dieſe ſind häufig in goldene Netze eingeſchloſ-
ſen oder in kleine Säckchen, die dick und feſt an beiden Ohren
ſitzen; ſie ſind von goldenem oder von farbigem Stoff, z. B.
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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/320>, abgerufen am 16.02.2025.
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