Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Aelteste Zeit bis zu den Kreuzzügen.
konnten der Mann wie die Frau noch Unterkleider tragen, welche
für uns nicht weiter in Frage kommen.

Der Parallelismus zwischen der deutschen und dieser spät-
römischen Kleidung zeigt sich klar. Der deutsche Männerrock und
das Frauenkleid entsprechen der Tunica, nur mochte jener kürzer
sein, und beide legten sich zum Unterschied von dem faltigen rö-
mischen Stück dem Körper eng an. Noch näher stimmen die
Mäntel zusammen, so sehr, daß, während die römischen Schrift-
steller für das enge Unterkleid sich noch nicht alsobald des Aus-
drucks tunica zu bedienen wagen, sondern bei Männern wie bei
Frauen den allgemeineren vestis, Kleid, gebrauchen, sie für den
Mantel unbedenklich pallium und ebenso, wenn er kürzer ist,
sagum oder sagellum setzen. In dieser Bezeichnungsweise blei-
ben sie sich völlig gleich und die lateinisch schreibenden Chronisten
der Deutschen weichen durchaus nicht ab, nur daß, sowie das
Unterkleid sich weitet, auch der Ausdruck tunica häufiger wird.
Zuweilen, zumal bei Dichtern, findet sich auch der Mantel mit
dem griechischen Worte Chlamys bezeichnet, deren Form am
meisten dem Sagum entspricht. --


I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen.
konnten der Mann wie die Frau noch Unterkleider tragen, welche
für uns nicht weiter in Frage kommen.

Der Parallelismus zwiſchen der deutſchen und dieſer ſpät-
römiſchen Kleidung zeigt ſich klar. Der deutſche Männerrock und
das Frauenkleid entſprechen der Tunica, nur mochte jener kürzer
ſein, und beide legten ſich zum Unterſchied von dem faltigen rö-
miſchen Stück dem Körper eng an. Noch näher ſtimmen die
Mäntel zuſammen, ſo ſehr, daß, während die römiſchen Schrift-
ſteller für das enge Unterkleid ſich noch nicht alſobald des Aus-
drucks tunica zu bedienen wagen, ſondern bei Männern wie bei
Frauen den allgemeineren vestis, Kleid, gebrauchen, ſie für den
Mantel unbedenklich pallium und ebenſo, wenn er kürzer iſt,
sagum oder sagellum ſetzen. In dieſer Bezeichnungsweiſe blei-
ben ſie ſich völlig gleich und die lateiniſch ſchreibenden Chroniſten
der Deutſchen weichen durchaus nicht ab, nur daß, ſowie das
Unterkleid ſich weitet, auch der Ausdruck tunica häufiger wird.
Zuweilen, zumal bei Dichtern, findet ſich auch der Mantel mit
dem griechiſchen Worte Chlamys bezeichnet, deren Form am
meiſten dem Sagum entſpricht. —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0038" n="20"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Aelte&#x017F;te Zeit bis zu den Kreuzzügen.</fw><lb/>
konnten der Mann wie die Frau noch Unterkleider tragen, welche<lb/>
für uns nicht weiter in Frage kommen.</p><lb/>
            <p>Der Parallelismus zwi&#x017F;chen der deut&#x017F;chen und die&#x017F;er &#x017F;pät-<lb/>
römi&#x017F;chen Kleidung zeigt &#x017F;ich klar. Der deut&#x017F;che Männerrock und<lb/>
das Frauenkleid ent&#x017F;prechen der Tunica, nur mochte jener kürzer<lb/>
&#x017F;ein, und beide legten &#x017F;ich zum Unter&#x017F;chied von dem faltigen rö-<lb/>
mi&#x017F;chen Stück dem Körper eng an. Noch näher &#x017F;timmen die<lb/>
Mäntel zu&#x017F;ammen, &#x017F;o &#x017F;ehr, daß, während die römi&#x017F;chen Schrift-<lb/>
&#x017F;teller für das enge Unterkleid &#x017F;ich noch nicht al&#x017F;obald des Aus-<lb/>
drucks <hi rendition="#aq">tunica</hi> zu bedienen wagen, &#x017F;ondern bei Männern wie bei<lb/>
Frauen den allgemeineren <hi rendition="#aq">vestis,</hi> Kleid, gebrauchen, &#x017F;ie für den<lb/>
Mantel unbedenklich <hi rendition="#aq">pallium</hi> und eben&#x017F;o, wenn er kürzer i&#x017F;t,<lb/><hi rendition="#aq">sagum</hi> oder <hi rendition="#aq">sagellum</hi> &#x017F;etzen. In die&#x017F;er Bezeichnungswei&#x017F;e blei-<lb/>
ben &#x017F;ie &#x017F;ich völlig gleich und die lateini&#x017F;ch &#x017F;chreibenden Chroni&#x017F;ten<lb/>
der Deut&#x017F;chen weichen durchaus nicht ab, nur daß, &#x017F;owie das<lb/>
Unterkleid &#x017F;ich weitet, auch der Ausdruck <hi rendition="#aq">tunica</hi> häufiger wird.<lb/>
Zuweilen, zumal bei Dichtern, findet &#x017F;ich auch der Mantel mit<lb/>
dem griechi&#x017F;chen Worte <hi rendition="#g">Chlamys</hi> bezeichnet, deren Form am<lb/>
mei&#x017F;ten dem Sagum ent&#x017F;pricht. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0038] I. Aelteſte Zeit bis zu den Kreuzzügen. konnten der Mann wie die Frau noch Unterkleider tragen, welche für uns nicht weiter in Frage kommen. Der Parallelismus zwiſchen der deutſchen und dieſer ſpät- römiſchen Kleidung zeigt ſich klar. Der deutſche Männerrock und das Frauenkleid entſprechen der Tunica, nur mochte jener kürzer ſein, und beide legten ſich zum Unterſchied von dem faltigen rö- miſchen Stück dem Körper eng an. Noch näher ſtimmen die Mäntel zuſammen, ſo ſehr, daß, während die römiſchen Schrift- ſteller für das enge Unterkleid ſich noch nicht alſobald des Aus- drucks tunica zu bedienen wagen, ſondern bei Männern wie bei Frauen den allgemeineren vestis, Kleid, gebrauchen, ſie für den Mantel unbedenklich pallium und ebenſo, wenn er kürzer iſt, sagum oder sagellum ſetzen. In dieſer Bezeichnungsweiſe blei- ben ſie ſich völlig gleich und die lateiniſch ſchreibenden Chroniſten der Deutſchen weichen durchaus nicht ab, nur daß, ſowie das Unterkleid ſich weitet, auch der Ausdruck tunica häufiger wird. Zuweilen, zumal bei Dichtern, findet ſich auch der Mantel mit dem griechiſchen Worte Chlamys bezeichnet, deren Form am meiſten dem Sagum entſpricht. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/38
Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten01_1858/38>, abgerufen am 21.11.2024.