Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Die Neuzeit.
vor, über welchem ein kleines goldenes Kreuz schwebte; daneben
waren zwei Schwerter, ein goldenes und ein silbernes, und die
Inschrift: König der Gerechtigkeit über die ganze Welt. Einen
ähnlichen Schmuck trug die Königin.

Für die Feinheit und Reinheit der Haut, sowie den Teint
wurde die größte Sorgfalt angewendet, wenn auch die Mittel
keineswegs immer ungefährlich waren. Eine Schminke z. B.,
deren Gebrauch ein ganz gewöhnlicher war, bestand aus Blei-
weiß mit rother Farbe vermischt. Zum Waschen hatte man eine
Menge verschiedenartiger künstlicher Wasser und feiner Seifen;
die beliebtesten unter den letzteren waren die venetianische und
die neapolitanische. Alle mußten wohlriechend sein, theils um die
quacksalberische Renommisterei zu erhöhen, theils weil man
glaubte, daß diese Wohlgerüche die Luft verbesserten und die
bösen und schädlichen Dünste vertrieben. Man führte daher stets
duftende Sachen bei sich, wie man sie auch in den Schränken
zwischen die Kleider legte. Bisamapfel, auch Thesemknöpfe (von
desem, gährender Stoff, Hefe) nannte man solche wohlriechende
Kugeln, welche die Damen vom Gürtel herabhangen hatten.
Ein Buch von 1540 giebt die Anweisung, dergleichen zu bereiten;
es heißt darin: "Von Poma Ambre oder Bisamknöpfe will ich
etliche anzeigen und beschreiben, darvon das Herz, Hirn, und
leibliche Geist nit ringe Erquickung, Stärk und Kräft empfahen
mögen, und erstlich von den hitzigen Bisamknöpfen, welche zum
füglichsten Winterszeit bei trüber Luft gebraucht werden: Dazu
nimm in den Apotheken gelb wohlriechend Sandelholz 2 Quint-
lein, Paradeis oder Aloeholz 11/2 Quintlein, der edlen purpur-
farben Rosenblätter gedörrt, der kleinen gedörrten wohlriechen-
den Basilien Blätter und Samen, Lavanderblumen, Majoran,
Roßmarin, des Krausenbalsams oder Münzens, jedes 1 Qntl.,
auserlesene Zimmetrinden, Muscatnuß und Plüet, jedes
1/2 Quintlein, feister auserlesener Nägelein, Cardomomelin, Cori-
ander des gemeinen, des schwarzen Corianders jedes 1 Quint-
lein, diese Stück stoß klein zusammen und thu dazu folgende
wohlriechende Gummi als: Laudanum 2 Loth, Benzoe oder

III. Die Neuzeit.
vor, über welchem ein kleines goldenes Kreuz ſchwebte; daneben
waren zwei Schwerter, ein goldenes und ein ſilbernes, und die
Inſchrift: König der Gerechtigkeit über die ganze Welt. Einen
ähnlichen Schmuck trug die Königin.

Für die Feinheit und Reinheit der Haut, ſowie den Teint
wurde die größte Sorgfalt angewendet, wenn auch die Mittel
keineswegs immer ungefährlich waren. Eine Schminke z. B.,
deren Gebrauch ein ganz gewöhnlicher war, beſtand aus Blei-
weiß mit rother Farbe vermiſcht. Zum Waſchen hatte man eine
Menge verſchiedenartiger künſtlicher Waſſer und feiner Seifen;
die beliebteſten unter den letzteren waren die venetianiſche und
die neapolitaniſche. Alle mußten wohlriechend ſein, theils um die
quackſalberiſche Renommiſterei zu erhöhen, theils weil man
glaubte, daß dieſe Wohlgerüche die Luft verbeſſerten und die
böſen und ſchädlichen Dünſte vertrieben. Man führte daher ſtets
duftende Sachen bei ſich, wie man ſie auch in den Schränken
zwiſchen die Kleider legte. Biſamapfel, auch Theſemknöpfe (von
desem, gährender Stoff, Hefe) nannte man ſolche wohlriechende
Kugeln, welche die Damen vom Gürtel herabhangen hatten.
Ein Buch von 1540 giebt die Anweiſung, dergleichen zu bereiten;
es heißt darin: „Von Poma Ambre oder Biſamknöpfe will ich
etliche anzeigen und beſchreiben, darvon das Herz, Hirn, und
leibliche Geiſt nit ringe Erquickung, Stärk und Kräft empfahen
mögen, und erſtlich von den hitzigen Biſamknöpfen, welche zum
füglichſten Winterszeit bei trüber Luft gebraucht werden: Dazu
nimm in den Apotheken gelb wohlriechend Sandelholz 2 Quint-
lein, Paradeis oder Aloeholz 1½ Quintlein, der edlen purpur-
farben Roſenblätter gedörrt, der kleinen gedörrten wohlriechen-
den Baſilien Blätter und Samen, Lavanderblumen, Majoran,
Roßmarin, des Krauſenbalſams oder Münzens, jedes 1 Qntl.,
auserleſene Zimmetrinden, Muscatnuß und Plüet, jedes
½ Quintlein, feiſter auserleſener Nägelein, Cardomomelin, Cori-
ander des gemeinen, des ſchwarzen Corianders jedes 1 Quint-
lein, dieſe Stück ſtoß klein zuſammen und thu dazu folgende
wohlriechende Gummi als: Laudanum 2 Loth, Benzoe oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/>
vor, über welchem ein kleines goldenes Kreuz &#x017F;chwebte; daneben<lb/>
waren zwei Schwerter, ein goldenes und ein &#x017F;ilbernes, und die<lb/>
In&#x017F;chrift: König der Gerechtigkeit über die ganze Welt. Einen<lb/>
ähnlichen Schmuck trug die Königin.</p><lb/>
          <p>Für die Feinheit und Reinheit der <hi rendition="#g">Haut</hi>, &#x017F;owie den <hi rendition="#g">Teint</hi><lb/>
wurde die größte Sorgfalt angewendet, wenn auch die Mittel<lb/>
keineswegs immer ungefährlich waren. Eine Schminke z. B.,<lb/>
deren Gebrauch ein ganz gewöhnlicher war, be&#x017F;tand aus Blei-<lb/>
weiß mit rother Farbe vermi&#x017F;cht. Zum Wa&#x017F;chen hatte man eine<lb/>
Menge ver&#x017F;chiedenartiger kün&#x017F;tlicher Wa&#x017F;&#x017F;er und feiner Seifen;<lb/>
die beliebte&#x017F;ten unter den letzteren waren die venetiani&#x017F;che und<lb/>
die neapolitani&#x017F;che. Alle mußten wohlriechend &#x017F;ein, theils um die<lb/>
quack&#x017F;alberi&#x017F;che Renommi&#x017F;terei zu erhöhen, theils weil man<lb/>
glaubte, daß die&#x017F;e Wohlgerüche die Luft verbe&#x017F;&#x017F;erten und die<lb/>&#x017F;en und &#x017F;chädlichen Dün&#x017F;te vertrieben. Man führte daher &#x017F;tets<lb/>
duftende Sachen bei &#x017F;ich, wie man &#x017F;ie auch in den Schränken<lb/>
zwi&#x017F;chen die Kleider legte. Bi&#x017F;amapfel, auch The&#x017F;emknöpfe (von<lb/><hi rendition="#aq">desem</hi>, gährender Stoff, Hefe) nannte man &#x017F;olche wohlriechende<lb/>
Kugeln, welche die Damen vom Gürtel herabhangen hatten.<lb/>
Ein Buch von 1540 giebt die Anwei&#x017F;ung, dergleichen zu bereiten;<lb/>
es heißt darin: &#x201E;Von <hi rendition="#aq">Poma Ambre</hi> oder Bi&#x017F;amknöpfe will ich<lb/>
etliche anzeigen und be&#x017F;chreiben, darvon das Herz, Hirn, und<lb/>
leibliche Gei&#x017F;t nit ringe Erquickung, Stärk und Kräft empfahen<lb/>
mögen, und er&#x017F;tlich von den hitzigen Bi&#x017F;amknöpfen, welche zum<lb/>
füglich&#x017F;ten Winterszeit bei trüber Luft gebraucht werden: Dazu<lb/>
nimm in den Apotheken gelb wohlriechend Sandelholz 2 Quint-<lb/>
lein, Paradeis oder Aloeholz 1½ Quintlein, der edlen purpur-<lb/>
farben Ro&#x017F;enblätter gedörrt, der kleinen gedörrten wohlriechen-<lb/>
den Ba&#x017F;ilien Blätter und Samen, Lavanderblumen, Majoran,<lb/>
Roßmarin, des Krau&#x017F;enbal&#x017F;ams oder Münzens, jedes 1 Qntl.,<lb/>
auserle&#x017F;ene Zimmetrinden, Muscatnuß und Plüet, jedes<lb/>
½ Quintlein, fei&#x017F;ter auserle&#x017F;ener Nägelein, Cardomomelin, Cori-<lb/>
ander des gemeinen, des &#x017F;chwarzen Corianders jedes 1 Quint-<lb/>
lein, die&#x017F;e Stück &#x017F;toß klein zu&#x017F;ammen und thu dazu folgende<lb/>
wohlriechende Gummi als: Laudanum 2 Loth, Benzoe oder<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0168] III. Die Neuzeit. vor, über welchem ein kleines goldenes Kreuz ſchwebte; daneben waren zwei Schwerter, ein goldenes und ein ſilbernes, und die Inſchrift: König der Gerechtigkeit über die ganze Welt. Einen ähnlichen Schmuck trug die Königin. Für die Feinheit und Reinheit der Haut, ſowie den Teint wurde die größte Sorgfalt angewendet, wenn auch die Mittel keineswegs immer ungefährlich waren. Eine Schminke z. B., deren Gebrauch ein ganz gewöhnlicher war, beſtand aus Blei- weiß mit rother Farbe vermiſcht. Zum Waſchen hatte man eine Menge verſchiedenartiger künſtlicher Waſſer und feiner Seifen; die beliebteſten unter den letzteren waren die venetianiſche und die neapolitaniſche. Alle mußten wohlriechend ſein, theils um die quackſalberiſche Renommiſterei zu erhöhen, theils weil man glaubte, daß dieſe Wohlgerüche die Luft verbeſſerten und die böſen und ſchädlichen Dünſte vertrieben. Man führte daher ſtets duftende Sachen bei ſich, wie man ſie auch in den Schränken zwiſchen die Kleider legte. Biſamapfel, auch Theſemknöpfe (von desem, gährender Stoff, Hefe) nannte man ſolche wohlriechende Kugeln, welche die Damen vom Gürtel herabhangen hatten. Ein Buch von 1540 giebt die Anweiſung, dergleichen zu bereiten; es heißt darin: „Von Poma Ambre oder Biſamknöpfe will ich etliche anzeigen und beſchreiben, darvon das Herz, Hirn, und leibliche Geiſt nit ringe Erquickung, Stärk und Kräft empfahen mögen, und erſtlich von den hitzigen Biſamknöpfen, welche zum füglichſten Winterszeit bei trüber Luft gebraucht werden: Dazu nimm in den Apotheken gelb wohlriechend Sandelholz 2 Quint- lein, Paradeis oder Aloeholz 1½ Quintlein, der edlen purpur- farben Roſenblätter gedörrt, der kleinen gedörrten wohlriechen- den Baſilien Blätter und Samen, Lavanderblumen, Majoran, Roßmarin, des Krauſenbalſams oder Münzens, jedes 1 Qntl., auserleſene Zimmetrinden, Muscatnuß und Plüet, jedes ½ Quintlein, feiſter auserleſener Nägelein, Cardomomelin, Cori- ander des gemeinen, des ſchwarzen Corianders jedes 1 Quint- lein, dieſe Stück ſtoß klein zuſammen und thu dazu folgende wohlriechende Gummi als: Laudanum 2 Loth, Benzoe oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/168
Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/168>, abgerufen am 24.11.2024.