Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.4. Die Staatsperrücke u. d. absolute Herrschaft d. franz. Mode. wir in der Zeit Ludwigs XIV., die höchste Gala ausgenommen,wo man sich mit allem belud, was man hatte, die Damen sehr einfach geschmückt: hier und da ein Geschmeide in den Haaren, regelmäßig eine Perlenschnur mit einem Kreuzchen daran um den Hals und am Arm ein gleiches Band. Zu diesem Geschmack der feinen Welt hatte sich die bürgerliche freilich noch nicht er- hoben: hier trug man, was man aus dem sechszehnten Jahr- hundert her, der eigentlichen Blüthezeit des Schmuckes, von Vätern und Müttern ererbt hatte und fügte den windigen Tand der nächstvergangenen Periode hinzu. Die Entblößung des Arms veränderte auch den Hand- Die Schuhe, welche um das Jahr 1650 vorn noch einen Wie die männliche Erscheinung noch durch Degen und Stock 4. Die Staatsperrücke u. d. abſolute Herrſchaft d. franz. Mode. wir in der Zeit Ludwigs XIV., die höchſte Gala ausgenommen,wo man ſich mit allem belud, was man hatte, die Damen ſehr einfach geſchmückt: hier und da ein Geſchmeide in den Haaren, regelmäßig eine Perlenſchnur mit einem Kreuzchen daran um den Hals und am Arm ein gleiches Band. Zu dieſem Geſchmack der feinen Welt hatte ſich die bürgerliche freilich noch nicht er- hoben: hier trug man, was man aus dem ſechszehnten Jahr- hundert her, der eigentlichen Blüthezeit des Schmuckes, von Vätern und Müttern ererbt hatte und fügte den windigen Tand der nächſtvergangenen Periode hinzu. Die Entblößung des Arms veränderte auch den Hand- Die Schuhe, welche um das Jahr 1650 vorn noch einen Wie die männliche Erſcheinung noch durch Degen und Stock <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0267" n="255"/><fw place="top" type="header">4. Die Staatsperrücke u. d. abſolute Herrſchaft d. franz. Mode.</fw><lb/> wir in der Zeit Ludwigs <hi rendition="#aq">XIV.</hi>, die höchſte Gala ausgenommen,<lb/> wo man ſich mit allem belud, was man hatte, die Damen ſehr<lb/> einfach geſchmückt: hier und da ein Geſchmeide in den Haaren,<lb/> regelmäßig eine Perlenſchnur mit einem Kreuzchen daran um<lb/> den Hals und am Arm ein gleiches Band. Zu dieſem Geſchmack<lb/> der feinen Welt hatte ſich die bürgerliche freilich noch nicht er-<lb/> hoben: hier trug man, was man aus dem ſechszehnten Jahr-<lb/> hundert her, der eigentlichen Blüthezeit des Schmuckes, von<lb/> Vätern und Müttern ererbt hatte und fügte den windigen Tand<lb/> der nächſtvergangenen Periode hinzu.</p><lb/> <p>Die Entblößung des Arms veränderte auch den <hi rendition="#g">Hand-<lb/> ſchuh</hi>, der nun lang bis zum Ellbogen getragen wurde, da der<lb/> Arm des Schutzes bedurfte. Geſtickt und mit Spitzen garnirt,<lb/> konnten ſie damals ſehr hoch zu ſtehen kommen. — Ganz die-<lb/> ſelbe Urſache rief auch in dieſer Zeit den Gebrauch des <hi rendition="#g">Muffs</hi><lb/> hervor, der völlig die Geſtalt des heutigen hatte. Es trugen<lb/> ihn die Herren wie die Damen, da auch bei jenen der untere<lb/> Theil des Armes nur mit dem Hemd bedeckt war.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Schuhe</hi>, welche um das Jahr 1650 vorn noch einen<lb/> graden, breiten Schnitt hatten, ſpitzten ſich zeitgemäß wieder zu.<lb/> An Natürlichkeit gewannen ſie nicht, denn ſie erhielten ſo hohe,<lb/> ſpitzzulaufende rothe Abſätze, daß der Fuß nur wie auf zwei<lb/> Punkten in ſchräger Richtung ruhte. Der Gang, der ohnehin<lb/> durch die Kleidung ſteif und langſam war, wurde dadurch noch<lb/> mehr gehindert und nichts weniger als erleichtert, wenn die<lb/> Dame draußen, um gegen Staub und Schmutz geſichert zu ſein,<lb/> Galoſchen trug. Uebrigens waren die Schuhe von den feinſten<lb/> Stoffen, von gepreßtem Leder, Seide, Sammt, geſtickt und ſonſt<lb/> verziert, was auch mit den farbigen Strümpfen geſchah.</p><lb/> <p>Wie die männliche Erſcheinung noch durch Degen und Stock<lb/> ergänzt wurde — wir kommen in der nächſten Periode darauf<lb/> zurück —, ſo die weibliche durch den <hi rendition="#g">Fächer</hi>, deſſen Gebrauch<lb/> und Form ſich nicht änderte; nur hatte der Faltenfächer die<lb/> übrigen verdrängt. Zuweilen zog die Dame auch jetzt ſchon den<lb/> männlichen Stock vor.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0267]
4. Die Staatsperrücke u. d. abſolute Herrſchaft d. franz. Mode.
wir in der Zeit Ludwigs XIV., die höchſte Gala ausgenommen,
wo man ſich mit allem belud, was man hatte, die Damen ſehr
einfach geſchmückt: hier und da ein Geſchmeide in den Haaren,
regelmäßig eine Perlenſchnur mit einem Kreuzchen daran um
den Hals und am Arm ein gleiches Band. Zu dieſem Geſchmack
der feinen Welt hatte ſich die bürgerliche freilich noch nicht er-
hoben: hier trug man, was man aus dem ſechszehnten Jahr-
hundert her, der eigentlichen Blüthezeit des Schmuckes, von
Vätern und Müttern ererbt hatte und fügte den windigen Tand
der nächſtvergangenen Periode hinzu.
Die Entblößung des Arms veränderte auch den Hand-
ſchuh, der nun lang bis zum Ellbogen getragen wurde, da der
Arm des Schutzes bedurfte. Geſtickt und mit Spitzen garnirt,
konnten ſie damals ſehr hoch zu ſtehen kommen. — Ganz die-
ſelbe Urſache rief auch in dieſer Zeit den Gebrauch des Muffs
hervor, der völlig die Geſtalt des heutigen hatte. Es trugen
ihn die Herren wie die Damen, da auch bei jenen der untere
Theil des Armes nur mit dem Hemd bedeckt war.
Die Schuhe, welche um das Jahr 1650 vorn noch einen
graden, breiten Schnitt hatten, ſpitzten ſich zeitgemäß wieder zu.
An Natürlichkeit gewannen ſie nicht, denn ſie erhielten ſo hohe,
ſpitzzulaufende rothe Abſätze, daß der Fuß nur wie auf zwei
Punkten in ſchräger Richtung ruhte. Der Gang, der ohnehin
durch die Kleidung ſteif und langſam war, wurde dadurch noch
mehr gehindert und nichts weniger als erleichtert, wenn die
Dame draußen, um gegen Staub und Schmutz geſichert zu ſein,
Galoſchen trug. Uebrigens waren die Schuhe von den feinſten
Stoffen, von gepreßtem Leder, Seide, Sammt, geſtickt und ſonſt
verziert, was auch mit den farbigen Strümpfen geſchah.
Wie die männliche Erſcheinung noch durch Degen und Stock
ergänzt wurde — wir kommen in der nächſten Periode darauf
zurück —, ſo die weibliche durch den Fächer, deſſen Gebrauch
und Form ſich nicht änderte; nur hatte der Faltenfächer die
übrigen verdrängt. Zuweilen zog die Dame auch jetzt ſchon den
männlichen Stock vor.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |