Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.III. Die Neuzeit. oder der Hellebarde auf der Schulter sich in die Reihe der Fuß-knechte stellten. Gar manchen erlauchten Namen finden wir unter ihnen, manchen, der sich von unten auf zum Hauptmann, Ober- sten oder berühmten Führer emporrang, aber auch gar mancher fand seinen Tod als gemeiner Landsknecht. Vaterlandsliebe darf man nicht allzuviel bei ihnen suchen; "Wir han gar kleine Sorgen Sie dienten, wer ihnen am meisten zahlte, und schlugen seineWohl um das römisch Reich, Es sterb heut oder morgen, Es gilt uns alles gleich." Schlachten, wo und gegen wen es auch sein mochte. Sie dien- ten dem Kaiser auf allen Grenzen des Reichs gegen die Franzo- sen wie gegen die Türken und den Papst; und wieder standen sie im Sold Frankreichs gegen das Vaterland und kämpften in Spa- nien, in England, in Italien, Afrika und Amerika. Wo immer nur eine Schlacht geschlagen wurde, deutsche Landsknechte waren gewiß dabei. Nicht leicht trat in jener bewegten Periode eine Zeit ein, wo es nichts für sie zu thun gegeben hätte, wo nicht irgendwo ein ehrlicher oder unehrlicher Krieg im Gange gewesen wäre. Und ereignete es sich einmal, daß der abgeschlossene Friede sie in die Heimath schickte, bevor schon an neuer Stelle die Trom- mel wieder geschlagen war, oder daß der Winter sie zur Unthä- tigkeit gezwungen hatte, so zogen sie mit der gemachten Beute -- denn nicht leicht verschmähten sie eine -- nach Haus und ver- brachten sie, wie sie gewonnen war, bis wieder ein bekannter Oberst seinen Ruf ergehen ließ. Dann "fleugt und schneit es zu wie die Fliegen in dem Sommer, daß sich doch jemand zu Tode verwundern möchte, wo dieser Schwarm nur aller herkam und sich den Winter erhalten hat." Kein abenteuerlicheres und wechselvolleres Leben ist denk- III. Die Neuzeit. oder der Hellebarde auf der Schulter ſich in die Reihe der Fuß-knechte ſtellten. Gar manchen erlauchten Namen finden wir unter ihnen, manchen, der ſich von unten auf zum Hauptmann, Ober- ſten oder berühmten Führer emporrang, aber auch gar mancher fand ſeinen Tod als gemeiner Landsknecht. Vaterlandsliebe darf man nicht allzuviel bei ihnen ſuchen; „Wir han gar kleine Sorgen Sie dienten, wer ihnen am meiſten zahlte, und ſchlugen ſeineWohl um das römiſch Reich, Es ſterb heut oder morgen, Es gilt uns alles gleich.“ Schlachten, wo und gegen wen es auch ſein mochte. Sie dien- ten dem Kaiſer auf allen Grenzen des Reichs gegen die Franzo- ſen wie gegen die Türken und den Papſt; und wieder ſtanden ſie im Sold Frankreichs gegen das Vaterland und kämpften in Spa- nien, in England, in Italien, Afrika und Amerika. Wo immer nur eine Schlacht geſchlagen wurde, deutſche Landsknechte waren gewiß dabei. Nicht leicht trat in jener bewegten Periode eine Zeit ein, wo es nichts für ſie zu thun gegeben hätte, wo nicht irgendwo ein ehrlicher oder unehrlicher Krieg im Gange geweſen wäre. Und ereignete es ſich einmal, daß der abgeſchloſſene Friede ſie in die Heimath ſchickte, bevor ſchon an neuer Stelle die Trom- mel wieder geſchlagen war, oder daß der Winter ſie zur Unthä- tigkeit gezwungen hatte, ſo zogen ſie mit der gemachten Beute — denn nicht leicht verſchmähten ſie eine — nach Haus und ver- brachten ſie, wie ſie gewonnen war, bis wieder ein bekannter Oberſt ſeinen Ruf ergehen ließ. Dann „fleugt und ſchneit es zu wie die Fliegen in dem Sommer, daß ſich doch jemand zu Tode verwundern möchte, wo dieſer Schwarm nur aller herkam und ſich den Winter erhalten hat.“ Kein abenteuerlicheres und wechſelvolleres Leben iſt denk- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0048" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">III.</hi> Die Neuzeit.</fw><lb/> oder der Hellebarde auf der Schulter ſich in die Reihe der Fuß-<lb/> knechte ſtellten. 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III. Die Neuzeit.
oder der Hellebarde auf der Schulter ſich in die Reihe der Fuß-
knechte ſtellten. Gar manchen erlauchten Namen finden wir unter
ihnen, manchen, der ſich von unten auf zum Hauptmann, Ober-
ſten oder berühmten Führer emporrang, aber auch gar mancher
fand ſeinen Tod als gemeiner Landsknecht.
Vaterlandsliebe darf man nicht allzuviel bei ihnen ſuchen;
es war genug, daß, wo und wem ſie dienten, ſie überall mit
ihrer Tapferkeit die Kriegsehre des deutſchen Namens aufrecht
erhielten.
„Wir han gar kleine Sorgen
Wohl um das römiſch Reich,
Es ſterb heut oder morgen,
Es gilt uns alles gleich.“
Sie dienten, wer ihnen am meiſten zahlte, und ſchlugen ſeine
Schlachten, wo und gegen wen es auch ſein mochte. Sie dien-
ten dem Kaiſer auf allen Grenzen des Reichs gegen die Franzo-
ſen wie gegen die Türken und den Papſt; und wieder ſtanden ſie
im Sold Frankreichs gegen das Vaterland und kämpften in Spa-
nien, in England, in Italien, Afrika und Amerika. Wo immer
nur eine Schlacht geſchlagen wurde, deutſche Landsknechte waren
gewiß dabei. Nicht leicht trat in jener bewegten Periode eine
Zeit ein, wo es nichts für ſie zu thun gegeben hätte, wo nicht
irgendwo ein ehrlicher oder unehrlicher Krieg im Gange geweſen
wäre. Und ereignete es ſich einmal, daß der abgeſchloſſene Friede
ſie in die Heimath ſchickte, bevor ſchon an neuer Stelle die Trom-
mel wieder geſchlagen war, oder daß der Winter ſie zur Unthä-
tigkeit gezwungen hatte, ſo zogen ſie mit der gemachten Beute —
denn nicht leicht verſchmähten ſie eine — nach Haus und ver-
brachten ſie, wie ſie gewonnen war, bis wieder ein bekannter
Oberſt ſeinen Ruf ergehen ließ. Dann „fleugt und ſchneit es zu
wie die Fliegen in dem Sommer, daß ſich doch jemand zu Tode
verwundern möchte, wo dieſer Schwarm nur aller herkam und
ſich den Winter erhalten hat.“
Kein abenteuerlicheres und wechſelvolleres Leben iſt denk-
bar, als wie es dieſer Haufe trieb. Der Krieg war ihre Lebens-
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