Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.zweyen hätte verrichten können. Weil nun die Laconier sparsamer mit Wor- Auf Gelehrte, in welchen eine übermäßige, und ihnen nicht anständige Curiosite herrschet, kan nachste- hende Relation gezogen werden. GEstriges-Tages wurde von dem Obristen derer Schergen, so von denen Die- N 2
zweyen haͤtte verrichten koͤnnen. Weil nun die Laconier ſparſamer mit Wor- Auf Gelehrte, in welchen eine uͤbermaͤßige, und ihnen nicht anſtaͤndige Curioſité herrſchet, kan nachſte- hende Relation gezogen werden. GEſtriges-Tages wurde von dem Obriſten derer Schergen, ſo von denen Die- N 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0143" n="99"/> zweyen haͤtte verrichten koͤnnen. Weil nun die <hi rendition="#aq">Laconier</hi> ſparſamer mit Wor-<lb/> ten als die Geitzigen mit denen <hi rendition="#aq">Ducaten</hi> umzugehen pflegen, ward dem<lb/> Schwaͤtzer und Plauder-Matz, um ſeines Fehlers willen, der in ſeinem Va-<lb/> terland mehr als <hi rendition="#aq">Capital</hi> iſt, nachdem er bereits acht Monate in beſchwerlichem<lb/> Gefaͤngniße gelegen, vor fuͤnff Tagen auferleget, daß er zur Straffe, den <hi rendition="#aq">Piſa-<lb/> ni</hi>ſchen Krieg von <hi rendition="#aq">Franciſco Guiccardino</hi> beſchrieben, nur einmal durchleſen ſol-<lb/> te. Mit groſſer Muͤhe und Arbeit laſe dieſer <hi rendition="#aq">Laconier</hi> nur das erſte Blat<lb/> durch. Alsdann empfande er einen ſolchen Eckel, ja eine rechte-Todes Angſt,<lb/> wegen des langen Gewaͤſches, daß er hinlieff, denen Richtern welche das Ur-<lb/> theil gefaͤllet, einen Fuͤß-Fall that, und ſie inſtaͤndigſt bat, ihn Zeit ſeines Le<lb/> bens auf die <hi rendition="#aq">Galleren</hi> zu verdammen, oder einzumauren, ja aus Barmhertzig-<lb/> keit lieber lebendig zu ſchinden, als ihn ferner aufzuhalten, die weitlaͤufftigen Er-<lb/> zehlungen, ſo kein Ende naͤhmen, die ſchlaͤffrigen Anſchlaͤge, und verdrießli-<lb/> chen <hi rendition="#aq">Orationes,</hi> welche bey Einnehmung auch eines jeglichen alten Tauben-<lb/> Hauſes gehalten worden, zu leſen. Denn es breche im das Hertz, uͤbertreffe<lb/> auch alle Marter, alle Schmertzen derer gebaͤrenden Weiber, und alle Todes-<lb/> Angſt, ſo, auf Anhalten derer allergreulichſten Tyrannen, der gottloſe <hi rendition="#aq">Pe-<lb/> rillus</hi> jemals haͤtte erdencken koͤnnen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Auf Gelehrte, in welchen eine uͤbermaͤßige, und ihnen<lb/> nicht anſtaͤndige <hi rendition="#aq">Curioſité</hi> herrſchet, kan nachſte-<lb/> hende <hi rendition="#aq">Relation</hi> gezogen werden.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">G</hi>Eſtriges-Tages wurde von dem Obriſten derer Schergen, ſo von denen<lb/> Zuchtmeiſtern uͤber die <hi rendition="#aq">Studia</hi> beſtellet iſt, gefaͤnglich eingebracht ein vor-<lb/> nehmer Gelehrter, welcher auf friſcher That ergriffen worden, daß er, mit der<lb/> Brille auf der Naſen, etliche Italiaͤniſche verliebte <hi rendition="#aq">Poëti</hi>ſche Gedichte geleſen,<lb/> deswegen er, auf Befehl <hi rendition="#aq">Apollinis,</hi> dieſen Morgen dreymahl ziemlich ſtatck<lb/> mit Ruthen geſtrichen, und ihm darneben angezeiget worden, er ſolte in dieſem<lb/> ſeinem Alter, ſo ſich auf 55. Jahre erſtreckete, die Zeit beſſer anwenden, und<lb/> ſich auf nuͤtzlichere und ernſthafftere <hi rendition="#aq">Studia</hi> legen. Denn die Zeit mit Leſung<lb/> dieſer Italiaͤniſchen Geſaͤnge und Reimen zuzubringen und zu verlieren, ſtuͤnde<lb/> denen jungen Leckern und Loͤffel-Maͤulern viel beſſer an, denen es auch, wegen<lb/> ihres Alters, zu gut gehalten wuͤrde; denen Alten aber koͤnte man ſolches nicht<lb/> ungeſtrafft hingehen laſſen.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 2</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Die-</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [99/0143]
zweyen haͤtte verrichten koͤnnen. Weil nun die Laconier ſparſamer mit Wor-
ten als die Geitzigen mit denen Ducaten umzugehen pflegen, ward dem
Schwaͤtzer und Plauder-Matz, um ſeines Fehlers willen, der in ſeinem Va-
terland mehr als Capital iſt, nachdem er bereits acht Monate in beſchwerlichem
Gefaͤngniße gelegen, vor fuͤnff Tagen auferleget, daß er zur Straffe, den Piſa-
niſchen Krieg von Franciſco Guiccardino beſchrieben, nur einmal durchleſen ſol-
te. Mit groſſer Muͤhe und Arbeit laſe dieſer Laconier nur das erſte Blat
durch. Alsdann empfande er einen ſolchen Eckel, ja eine rechte-Todes Angſt,
wegen des langen Gewaͤſches, daß er hinlieff, denen Richtern welche das Ur-
theil gefaͤllet, einen Fuͤß-Fall that, und ſie inſtaͤndigſt bat, ihn Zeit ſeines Le
bens auf die Galleren zu verdammen, oder einzumauren, ja aus Barmhertzig-
keit lieber lebendig zu ſchinden, als ihn ferner aufzuhalten, die weitlaͤufftigen Er-
zehlungen, ſo kein Ende naͤhmen, die ſchlaͤffrigen Anſchlaͤge, und verdrießli-
chen Orationes, welche bey Einnehmung auch eines jeglichen alten Tauben-
Hauſes gehalten worden, zu leſen. Denn es breche im das Hertz, uͤbertreffe
auch alle Marter, alle Schmertzen derer gebaͤrenden Weiber, und alle Todes-
Angſt, ſo, auf Anhalten derer allergreulichſten Tyrannen, der gottloſe Pe-
rillus jemals haͤtte erdencken koͤnnen.
Auf Gelehrte, in welchen eine uͤbermaͤßige, und ihnen
nicht anſtaͤndige Curioſité herrſchet, kan nachſte-
hende Relation gezogen werden.
GEſtriges-Tages wurde von dem Obriſten derer Schergen, ſo von denen
Zuchtmeiſtern uͤber die Studia beſtellet iſt, gefaͤnglich eingebracht ein vor-
nehmer Gelehrter, welcher auf friſcher That ergriffen worden, daß er, mit der
Brille auf der Naſen, etliche Italiaͤniſche verliebte Poëtiſche Gedichte geleſen,
deswegen er, auf Befehl Apollinis, dieſen Morgen dreymahl ziemlich ſtatck
mit Ruthen geſtrichen, und ihm darneben angezeiget worden, er ſolte in dieſem
ſeinem Alter, ſo ſich auf 55. Jahre erſtreckete, die Zeit beſſer anwenden, und
ſich auf nuͤtzlichere und ernſthafftere Studia legen. Denn die Zeit mit Leſung
dieſer Italiaͤniſchen Geſaͤnge und Reimen zuzubringen und zu verlieren, ſtuͤnde
denen jungen Leckern und Loͤffel-Maͤulern viel beſſer an, denen es auch, wegen
ihres Alters, zu gut gehalten wuͤrde; denen Alten aber koͤnte man ſolches nicht
ungeſtrafft hingehen laſſen.
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