Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Pinti wegen seiner Vortrefflichkeit in dem Lautenschlagen, deshalb er auch zu Rom
der Lauten Ritter genennet worden. In Betrachtung des schlechten und gerin-
gen Herkommens dieses Namens, und der Profession, wurden die sämtlichen Ge-
lehrten so hefftig bestürtzet, daß sie Se. Parnassischen Majestät allerunterthänigst
zu erkennen gaben, sie wären so willig als bereit ihnen in allem, was sie be-
fehlen würden, zu gehorsamen und nachzukommen; wolten aber ihrer
Par-
nassi
schen Majestät nur allein zu Gemüthe führen, daß sie ungerne einen
Musicanten unter ihnen hätten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie
er die gegenwärtige Verwunderung des
Collegii schon lange zuvor gese-
hen, sie solten aber nichts destoweniger gedachten Lauten-Ritter
ad-
mitti
ren, ob es ihnen schon fremd vorkäme, weil er es vor ein sehr noth-
wendiges Werck erachte.
Also wurde, durch einen heimlichen Rathschlag
der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unsterblichkeit seines Na-
mens bewilliget, welcher auch alsobald durch die Magistros Ceremoniarum in
das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Diesen neuen dem
Namen nach Unsterblichen, redete Apollo hernach also an: Vincenti! Ihr
seyd der erste von eurer Kunst, welchem in dem
Collegio derer
Gelehrten
Session gestattet ist; allermassen sonsten die Ehre allein
denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer sauren Mühe und
Arbeit die freyen Künste studieret haben. Aber eure Person, de-
ren man heut zu Tage sehr benöthiget, hat uns gleichsam gezwun-
gen diese
Resolution zu fassen. Unterweiset derohalben die Für-
sten und die
Privat-Personen wohl in dieser sehr nothwendigen
Kunst, die Lauten recht stimmen zu lernen, in welcher ihrer viele
solche
Ignoranten sind, daß sie die Sayten, indem sie solche zu hart
spannen, wollen gar zersprengen. Vornemlich aber lasset euch be-
fohlen seyn etliche wunderliche gelehrte Köpffe von denen ich gewiß
weiß, daß sie euch unter die Hände kommen werden, welche mit
Gewalt wollen, daß der
Bass der Quinte gleich klingen sollen, und
so lange ziehen biß dieselbe, ob es zwar sehr dicke Sayten, mit samt
der Laute in Stücken reissen.

Den

Pinti wegen ſeiner Vortrefflichkeit in dem Lautenſchlagen, deshalb er auch zu Rom
der Lauten Ritter genennet worden. In Betrachtung des ſchlechten und gerin-
gen Herkommens dieſes Namens, und der Profeſſion, wurden die ſaͤmtlichen Ge-
lehrten ſo hefftig beſtuͤrtzet, daß ſie Se. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allerunterthaͤnigſt
zu erkennen gaben, ſie waͤren ſo willig als bereit ihnen in allem, was ſie be-
fehlen wuͤrden, zu gehorſamen und nachzukom̃en; wolten aber ihrer
Par-
naſſi
ſchen Majeſtaͤt nur allein zu Gemuͤthe fuͤhren, daß ſie ungerne einen
Muſicanten unter ihnen haͤtten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie
er die gegenwaͤrtige Verwunderung des
Collegii ſchon lange zuvor geſe-
hen, ſie ſolten aber nichts deſtoweniger gedachten Lauten-Ritter
ad-
mitti
ren, ob es ihnen ſchon fremd vorkaͤme, weil er es vor ein ſehr noth-
wendiges Werck erachte.
Alſo wurde, durch einen heimlichen Rathſchlag
der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unſterblichkeit ſeines Na-
mens bewilliget, welcher auch alſobald durch die Magiſtros Ceremoniarum in
das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Dieſen neuen dem
Namen nach Unſterblichen, redete Apollo hernach alſo an: Vincenti! Ihr
ſeyd der erſte von eurer Kunſt, welchem in dem
Collegio derer
Gelehrten
Seſſion geſtattet iſt; allermaſſen ſonſten die Ehre allein
denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer ſauren Muͤhe und
Arbeit die freyen Kuͤnſte ſtudieret haben. Aber eure Perſon, de-
ren man heut zu Tage ſehr benoͤthiget, hat uns gleichſam gezwun-
gen dieſe
Reſolution zu faſſen. Unterweiſet derohalben die Fuͤr-
ſten und die
Privat-Perſonen wohl in dieſer ſehr nothwendigen
Kunſt, die Lauten recht ſtimmen zu lernen, in welcher ihrer viele
ſolche
Ignoranten ſind, daß ſie die Sayten, indem ſie ſolche zu hart
ſpannen, wollen gar zerſprengen. Vornemlich aber laſſet euch be-
fohlen ſeyn etliche wunderliche gelehrte Koͤpffe von denen ich gewiß
weiß, daß ſie euch unter die Haͤnde kommen werden, welche mit
Gewalt wollen, daß der
Baſſ der Quinte gleich klingen ſollen, und
ſo lange ziehen biß dieſelbe, ob es zwar ſehr dicke Sayten, mit ſamt
der Laute in Stuͤcken reiſſen.

Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0155" n="111"/><hi rendition="#aq">Pinti</hi> wegen &#x017F;einer Vortrefflichkeit in dem Lauten&#x017F;chlagen, deshalb er auch zu Rom<lb/>
der <hi rendition="#fr">Lauten Ritter</hi> genennet worden. In Betrachtung des &#x017F;chlechten und gerin-<lb/>
gen Herkommens die&#x017F;es Namens, und der <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion,</hi> wurden die &#x017F;a&#x0364;mtlichen Ge-<lb/>
lehrten &#x017F;o hefftig be&#x017F;tu&#x0364;rtzet, daß &#x017F;ie Se. <hi rendition="#aq">Parna&#x017F;&#x017F;i</hi>&#x017F;chen Maje&#x017F;ta&#x0364;t alleruntertha&#x0364;nig&#x017F;t<lb/>
zu erkennen gaben, <hi rendition="#fr">&#x017F;ie wa&#x0364;ren &#x017F;o willig als bereit ihnen in allem, was &#x017F;ie be-<lb/>
fehlen wu&#x0364;rden, zu gehor&#x017F;amen und nachzukom&#x0303;en; wolten aber ihrer</hi> <hi rendition="#aq">Par-<lb/>
na&#x017F;&#x017F;i</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;chen Maje&#x017F;ta&#x0364;t nur allein zu Gemu&#x0364;the fu&#x0364;hren, daß &#x017F;ie ungerne einen</hi><lb/><hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ican</hi><hi rendition="#fr">ten unter ihnen ha&#x0364;tten</hi>. Hierauf gab <hi rendition="#aq">Apollo</hi> zur Antwort, <hi rendition="#fr">wie<lb/>
er die gegenwa&#x0364;rtige Verwunderung des</hi> <hi rendition="#aq">Collegii</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;chon lange zuvor ge&#x017F;e-<lb/>
hen, &#x017F;ie &#x017F;olten aber nichts de&#x017F;toweniger gedachten Lauten-Ritter</hi> <hi rendition="#aq">ad-<lb/>
mitti</hi><hi rendition="#fr">ren, ob es ihnen &#x017F;chon fremd vorka&#x0364;me, weil er es vor ein &#x017F;ehr noth-<lb/>
wendiges Werck erachte.</hi> Al&#x017F;o wurde, durch einen heimlichen Rath&#x017F;chlag<lb/>
der Streit beygeleget, und dem <hi rendition="#fr">Lauten-Ritter</hi> die Un&#x017F;terblichkeit &#x017F;eines Na-<lb/>
mens bewilliget, welcher auch al&#x017F;obald durch die <hi rendition="#aq">Magi&#x017F;tros Ceremoniarum</hi> in<lb/>
das <hi rendition="#aq">Collegium</hi> derer Tugendhafften <hi rendition="#aq">iutroduci</hi>ret wurde. Die&#x017F;en neuen dem<lb/>
Namen nach Un&#x017F;terblichen, redete <hi rendition="#aq">Apollo</hi> hernach al&#x017F;o an: <hi rendition="#aq">Vincenti!</hi> <hi rendition="#fr">Ihr<lb/>
&#x017F;eyd der er&#x017F;te von eurer Kun&#x017F;t, welchem in dem</hi> <hi rendition="#aq">Collegio</hi> <hi rendition="#fr">derer<lb/>
Gelehrten</hi> <hi rendition="#aq">Se&#x017F;&#x017F;ion</hi> <hi rendition="#fr">ge&#x017F;tattet i&#x017F;t; allerma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;on&#x017F;ten die Ehre allein<lb/>
denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer &#x017F;auren Mu&#x0364;he und<lb/>
Arbeit die freyen Ku&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;tudieret haben. Aber eure Per&#x017F;on, de-<lb/>
ren man heut zu Tage &#x017F;ehr beno&#x0364;thiget, hat uns gleich&#x017F;am gezwun-<lb/>
gen die&#x017F;e</hi> <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution</hi> <hi rendition="#fr">zu fa&#x017F;&#x017F;en. Unterwei&#x017F;et derohalben die Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten und die</hi> <hi rendition="#aq">Privat-</hi><hi rendition="#fr">Per&#x017F;onen wohl in die&#x017F;er &#x017F;ehr nothwendigen<lb/>
Kun&#x017F;t, die Lauten recht &#x017F;timmen zu lernen, in welcher ihrer viele<lb/>
&#x017F;olche</hi> <hi rendition="#aq">Ignoran</hi><hi rendition="#fr">ten &#x017F;ind, daß &#x017F;ie die Sayten, indem &#x017F;ie &#x017F;olche zu hart<lb/>
&#x017F;pannen, wollen gar zer&#x017F;prengen. Vornemlich aber la&#x017F;&#x017F;et euch be-<lb/>
fohlen &#x017F;eyn etliche wunderliche gelehrte Ko&#x0364;pffe von denen ich gewiß<lb/>
weiß, daß &#x017F;ie euch unter die Ha&#x0364;nde kommen werden, welche mit<lb/>
Gewalt wollen, daß der</hi> <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;&#x017F;</hi> <hi rendition="#fr">der</hi> <hi rendition="#aq">Quinte</hi> <hi rendition="#fr">gleich klingen &#x017F;ollen, und<lb/>
&#x017F;o lange ziehen biß die&#x017F;elbe, ob es zwar &#x017F;ehr dicke Sayten, mit &#x017F;amt<lb/>
der Laute in Stu&#x0364;cken rei&#x017F;&#x017F;en.</hi></p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Den</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0155] Pinti wegen ſeiner Vortrefflichkeit in dem Lautenſchlagen, deshalb er auch zu Rom der Lauten Ritter genennet worden. In Betrachtung des ſchlechten und gerin- gen Herkommens dieſes Namens, und der Profeſſion, wurden die ſaͤmtlichen Ge- lehrten ſo hefftig beſtuͤrtzet, daß ſie Se. Parnaſſiſchen Majeſtaͤt allerunterthaͤnigſt zu erkennen gaben, ſie waͤren ſo willig als bereit ihnen in allem, was ſie be- fehlen wuͤrden, zu gehorſamen und nachzukom̃en; wolten aber ihrer Par- naſſiſchen Majeſtaͤt nur allein zu Gemuͤthe fuͤhren, daß ſie ungerne einen Muſicanten unter ihnen haͤtten. Hierauf gab Apollo zur Antwort, wie er die gegenwaͤrtige Verwunderung des Collegii ſchon lange zuvor geſe- hen, ſie ſolten aber nichts deſtoweniger gedachten Lauten-Ritter ad- mittiren, ob es ihnen ſchon fremd vorkaͤme, weil er es vor ein ſehr noth- wendiges Werck erachte. Alſo wurde, durch einen heimlichen Rathſchlag der Streit beygeleget, und dem Lauten-Ritter die Unſterblichkeit ſeines Na- mens bewilliget, welcher auch alſobald durch die Magiſtros Ceremoniarum in das Collegium derer Tugendhafften iutroduciret wurde. Dieſen neuen dem Namen nach Unſterblichen, redete Apollo hernach alſo an: Vincenti! Ihr ſeyd der erſte von eurer Kunſt, welchem in dem Collegio derer Gelehrten Seſſion geſtattet iſt; allermaſſen ſonſten die Ehre allein denenjenigen vorbehalten wird, welche mit ihrer ſauren Muͤhe und Arbeit die freyen Kuͤnſte ſtudieret haben. Aber eure Perſon, de- ren man heut zu Tage ſehr benoͤthiget, hat uns gleichſam gezwun- gen dieſe Reſolution zu faſſen. Unterweiſet derohalben die Fuͤr- ſten und die Privat-Perſonen wohl in dieſer ſehr nothwendigen Kunſt, die Lauten recht ſtimmen zu lernen, in welcher ihrer viele ſolche Ignoranten ſind, daß ſie die Sayten, indem ſie ſolche zu hart ſpannen, wollen gar zerſprengen. Vornemlich aber laſſet euch be- fohlen ſeyn etliche wunderliche gelehrte Koͤpffe von denen ich gewiß weiß, daß ſie euch unter die Haͤnde kommen werden, welche mit Gewalt wollen, daß der Baſſ der Quinte gleich klingen ſollen, und ſo lange ziehen biß dieſelbe, ob es zwar ſehr dicke Sayten, mit ſamt der Laute in Stuͤcken reiſſen. Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/155
Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/155>, abgerufen am 21.11.2024.