Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.che in dieser Kurtzen Frist zu thun gesonnen? Wolten sie sich etwa mit Als ich mich Anno 1711. das erstemal zu Wien befande, gienge ich, nebst Ein andermal trate er auf die Cantzel, und verglieche die Welt einem Meer,
che in dieſer Kurtzen Friſt zu thun geſonnen? Wolten ſie ſich etwa mit Als ich mich Anno 1711. das erſtemal zu Wien befande, gienge ich, nebſt Ein andermal trate er auf die Cantzel, und verglieche die Welt einem Meer,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0198" n="154"/> <hi rendition="#fr">che in dieſer Kurtzen Friſt zu thun geſonnen? Wolten ſie ſich etwa mit<lb/> der Flucht zu retten ſuchen? Thorheit; Die Kerls hatten Pferde, und<lb/> wuͤrden ſie leichtlich eingeholet haben. Oder wolten ſich dieſelben zu<lb/> einer tapffern Gegenwehr entſchließen? Mit nichten. Es waren ja<lb/> drey ſchwache Werckzeuge, welche wieder Soldaten wenig ausgerich-<lb/> tet haͤtten. Wolan dann! was thaten ſolche? Sie fielen nieder auf<lb/> ihre Knie, und ſchrien mit dieſen Worten gen Himmel: Ach Marial<lb/> du Koͤnigin des Himmels und aller Jungfrauen! Siehe auf uns, in<lb/> dieſer unſerer Noth, und gieb vielmehr, daß ſich die Erde aufthue<lb/> und uns verſchlinge, als daß unſere Leiber durch dieſe Boͤßewichter,<lb/> ſolten geſchaͤndet werden! Was geſchah? Ihre Bitte ward erhoͤret.<lb/> Die Erdethat ſich auf, und nahm dieſe drey keuſchen Jungfrauen zu ſich;<lb/> uͤber welches</hi> <hi rendition="#aq">Miracul</hi> <hi rendition="#fr">die Dragoner dermaſſen erſchrocken ſind, daß ſie in<lb/> die Stadt Bruͤſſel geritten, und die Sache ſelbſten angegeben haben.<lb/> Darauf hat man die Leichname dieſer dreyen Perſonen geſuchet, und<lb/> in der Erde gefunden. Man zeiget ſie auch noch jetzo, als ein groſſes<lb/> Heiligthum in nur bemelter Stadt Bruͤſſel. Alſo ihr meine lieben<lb/> Jungfern! woferne heute oder Morgen eine oder die andere von euch<lb/> in dergleichen Noth gerathen moͤchte, und nicht Luſt haͤtte unziem-<lb/> lichen Zumuthungen</hi> <hi rendition="#aq">Satisfaction</hi> <hi rendition="#fr">zu geben, die ſchreye auch gen Himmel,<lb/> zur Koͤnigin aller Jungfrauen, welche euch gantz gewiß erhoͤren, und<lb/> aus aller eurer Noth erretten wird.</hi> </p><lb/> <p>Als ich mich <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1711. das erſtemal zu Wien befande, gienge ich, nebſt<lb/> verſchiedenen andern Lutheranern, des Sonntags fleißig, den <hi rendition="#aq">ordinai</hi>ren Pre-<lb/> diger in dem Francißcaner-Cloſter, welches nicht ferne vom <hi rendition="#aq">Johannis-</hi>Gaͤß-<lb/> gen, bey einem kleinem Platz gelegen, zu hoͤren, weil wir gemeiniglich ſo viel<lb/> zu Ohren faſſeten, daß wir hernach die gantze Woche durch daruͤber lachen kun-<lb/> ten. Einſtmals ſtellete er die Eitelkeit der Welt vor, und ſagte Ketterl! <hi rendition="#aq">(Ca-<lb/> tharina)</hi> Was macht der Kayſer? Eitelkeit, Eitelkeit, <hi rendition="#aq">Vanitas Vanitas Va-<lb/> nitatum Vanitas,</hi> alles iſt in der Welt eitel, eitel, eitel; wobey er gantz ent-<lb/> ſetzlich mit denen Haͤnden auf die Cantzel ſchlug. Dergleichen Fragen tha-<lb/> te er auch von andern Potentaten, und beantwortete ſie auf eben dieſe<lb/> Weiſe.</p><lb/> <p>Ein andermal trate er auf die Cantzel, und verglieche die Welt einem<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Meer,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0198]
che in dieſer Kurtzen Friſt zu thun geſonnen? Wolten ſie ſich etwa mit
der Flucht zu retten ſuchen? Thorheit; Die Kerls hatten Pferde, und
wuͤrden ſie leichtlich eingeholet haben. Oder wolten ſich dieſelben zu
einer tapffern Gegenwehr entſchließen? Mit nichten. Es waren ja
drey ſchwache Werckzeuge, welche wieder Soldaten wenig ausgerich-
tet haͤtten. Wolan dann! was thaten ſolche? Sie fielen nieder auf
ihre Knie, und ſchrien mit dieſen Worten gen Himmel: Ach Marial
du Koͤnigin des Himmels und aller Jungfrauen! Siehe auf uns, in
dieſer unſerer Noth, und gieb vielmehr, daß ſich die Erde aufthue
und uns verſchlinge, als daß unſere Leiber durch dieſe Boͤßewichter,
ſolten geſchaͤndet werden! Was geſchah? Ihre Bitte ward erhoͤret.
Die Erdethat ſich auf, und nahm dieſe drey keuſchen Jungfrauen zu ſich;
uͤber welches Miracul die Dragoner dermaſſen erſchrocken ſind, daß ſie in
die Stadt Bruͤſſel geritten, und die Sache ſelbſten angegeben haben.
Darauf hat man die Leichname dieſer dreyen Perſonen geſuchet, und
in der Erde gefunden. Man zeiget ſie auch noch jetzo, als ein groſſes
Heiligthum in nur bemelter Stadt Bruͤſſel. Alſo ihr meine lieben
Jungfern! woferne heute oder Morgen eine oder die andere von euch
in dergleichen Noth gerathen moͤchte, und nicht Luſt haͤtte unziem-
lichen Zumuthungen Satisfaction zu geben, die ſchreye auch gen Himmel,
zur Koͤnigin aller Jungfrauen, welche euch gantz gewiß erhoͤren, und
aus aller eurer Noth erretten wird.
Als ich mich Anno 1711. das erſtemal zu Wien befande, gienge ich, nebſt
verſchiedenen andern Lutheranern, des Sonntags fleißig, den ordinairen Pre-
diger in dem Francißcaner-Cloſter, welches nicht ferne vom Johannis-Gaͤß-
gen, bey einem kleinem Platz gelegen, zu hoͤren, weil wir gemeiniglich ſo viel
zu Ohren faſſeten, daß wir hernach die gantze Woche durch daruͤber lachen kun-
ten. Einſtmals ſtellete er die Eitelkeit der Welt vor, und ſagte Ketterl! (Ca-
tharina) Was macht der Kayſer? Eitelkeit, Eitelkeit, Vanitas Vanitas Va-
nitatum Vanitas, alles iſt in der Welt eitel, eitel, eitel; wobey er gantz ent-
ſetzlich mit denen Haͤnden auf die Cantzel ſchlug. Dergleichen Fragen tha-
te er auch von andern Potentaten, und beantwortete ſie auf eben dieſe
Weiſe.
Ein andermal trate er auf die Cantzel, und verglieche die Welt einem
Meer,
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