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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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las furca, tamen usque recurret. Man kan dieses auch vornehmlich an dem
Exempel vieler bekannten Nationen abnehmen, da sonderlich Handwercks-
und gemeine Leute diesen und jenen Handwercks-Purschen, welcher sich aus
dieser und jener Stadt zu nennen pfleget, nach ihrem eigenen Geständniß nicht
gerne Arbeit geben wollen, weil sie aus der verkehrten Gewohnheit solcher
Stadt gar wohl wissen, daß sie mehr verschwelgen als erwerben, mehr zur ver-
geblichen Galanterie und unnöthigen Putz, von Jugend auf, als zur nöthigen
Arbeit angeführet worden sind. Also pflegen die paar tausend Thälergen,
welche etwa die Eltern verlassen, insgemein über zwey Jahre nicht zu dauren,
weil sie das bisgen Patrimonium entweder versauffen, verreithen, verfahren,
oder mit verführten Nymphen durchbringen. Deswegen ist es auch kein
Wunder, wann vielmals gantze Familien, und vornehme Geschlechter in die
äusserste Armuth gerathen, so daß sie nachgehends Subsidien-Gelder, oder bes-
ser zu sagen, Allmosen hier und da geniessen, und das Gnaden-Brod biß an
ihr Ende zu sich nehmen müssen, weil sie, nach ihrer verkehrten Art zu leben,
Meister an ihrem eigenen Unglück gewesen sind. Denn daß hernachmals sol-
che liederiiche Leute einwenden und sagen wollen, dieses wäre ein großes
Malheur zu nennen, und vor ein Fatum inevitabile zu achten, so halte ich
dieses in der That vor etwas unchristliches und heydnisches, weil ja GOtt
niemals verbunden ist, einen solchem liederlichen Vogel und Banqueroutma-
cher die Ducaten wiederum Hauffenweise ins Haus regnen zu lassen. Denn
wann solche unersättliche Schmauß-Brüder und müßige Tag-Diebe, ihr
bißgen Vermögen etwas genauer überlegen, ihre Einnahm und Ausgabe mit
einander conferirten, und von ihren vergangenen Schmauserey auf ein zu-
künfftiges vernünfftiges Leben gedächten, so würden sie ohne grosses Kopff-
Brechen, gar leichte ausrechnen können, daß bey einer solchen blanquen Le-
bens-Art nicht allein Häuser, Güther und Lehn-Güther, sondern gar Städte
und Länder, in sehr kurtzer Zeit verfressen und versoffen werden könten.

Mancher hat ein geringes Vermögen, verstudieret es, lernet auch davor
in der That etwas rechtschaffenes, und kan gleichwohl nicht fort, noch zu et-
was kommen, sondern bleibet, weit dahinden sitzen. Solches rührer guten
Theils daher, weil die Aemter derer Professorum auf Universitaeten zu unsern
Zeiten fast meistens erblich worden. Hieraus aber erwächset vor das gelehrte
Wesen noch ein anderer grosser Nachtheil. Denn dasjenige, was der ver-
storbene Herr Professor seinem Sohn im Manuseript, als ein Heiligthum und

My-

las furca, tamen usque recurret. Man kan dieſes auch vornehmlich an dem
Exempel vieler bekannten Nationen abnehmen, da ſonderlich Handwercks-
und gemeine Leute dieſen und jenen Handwercks-Purſchen, welcher ſich aus
dieſer und jener Stadt zu nennen pfleget, nach ihrem eigenen Geſtaͤndniß nicht
gerne Arbeit geben wollen, weil ſie aus der verkehrten Gewohnheit ſolcher
Stadt gar wohl wiſſen, daß ſie mehr verſchwelgen als erwerben, mehr zur ver-
geblichen Galanterie und unnoͤthigen Putz, von Jugend auf, als zur noͤthigen
Arbeit angefuͤhret worden ſind. Alſo pflegen die paar tauſend Thaͤlergen,
welche etwa die Eltern verlaſſen, insgemein uͤber zwey Jahre nicht zu dauren,
weil ſie das bisgen Patrimonium entweder verſauffen, verreithen, verfahren,
oder mit verfuͤhrten Nymphen durchbringen. Deswegen iſt es auch kein
Wunder, wann vielmals gantze Familien, und vornehme Geſchlechter in die
aͤuſſerſte Armuth gerathen, ſo daß ſie nachgehends Subſidien-Gelder, oder beſ-
ſer zu ſagen, Allmoſen hier und da genieſſen, und das Gnaden-Brod biß an
ihr Ende zu ſich nehmen muͤſſen, weil ſie, nach ihrer verkehrten Art zu leben,
Meiſter an ihrem eigenen Ungluͤck geweſen ſind. Denn daß hernachmals ſol-
che liederiiche Leute einwenden und ſagen wollen, dieſes waͤre ein großes
Malheur zu nennen, und vor ein Fatum inevitabile zu achten, ſo halte ich
dieſes in der That vor etwas unchriſtliches und heydniſches, weil ja GOtt
niemals verbunden iſt, einen ſolchem liederlichen Vogel und Banqueroutma-
cher die Ducaten wiederum Hauffenweiſe ins Haus regnen zu laſſen. Denn
wann ſolche unerſaͤttliche Schmauß-Bruͤder und muͤßige Tag-Diebe, ihr
bißgen Vermoͤgen etwas genauer uͤberlegen, ihre Einnahm und Ausgabe mit
einander conferirten, und von ihren vergangenen Schmauſerey auf ein zu-
kuͤnfftiges vernuͤnfftiges Leben gedaͤchten, ſo wuͤrden ſie ohne groſſes Kopff-
Brechen, gar leichte ausrechnen koͤnnen, daß bey einer ſolchen blanquen Le-
bens-Art nicht allein Haͤuſer, Guͤther und Lehn-Guͤther, ſondern gar Staͤdte
und Laͤnder, in ſehr kurtzer Zeit verfreſſen und verſoffen werden koͤnten.

Mancher hat ein geringes Vermoͤgen, verſtudieret es, lernet auch davor
in der That etwas rechtſchaffenes, und kan gleichwohl nicht fort, noch zu et-
was kommen, ſondern bleibet, weit dahinden ſitzen. Solches ruͤhrer guten
Theils daher, weil die Aemter derer Profeſſorum auf Univerſitæten zu unſern
Zeiten faſt meiſtens erblich worden. Hieraus aber erwaͤchſet vor das gelehrte
Weſen noch ein anderer groſſer Nachtheil. Denn dasjenige, was der ver-
ſtorbene Herr Profeſſor ſeinem Sohn im Manuſeript, als ein Heiligthum und

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[188/0232] las furca, tamen usque recurret. Man kan dieſes auch vornehmlich an dem Exempel vieler bekannten Nationen abnehmen, da ſonderlich Handwercks- und gemeine Leute dieſen und jenen Handwercks-Purſchen, welcher ſich aus dieſer und jener Stadt zu nennen pfleget, nach ihrem eigenen Geſtaͤndniß nicht gerne Arbeit geben wollen, weil ſie aus der verkehrten Gewohnheit ſolcher Stadt gar wohl wiſſen, daß ſie mehr verſchwelgen als erwerben, mehr zur ver- geblichen Galanterie und unnoͤthigen Putz, von Jugend auf, als zur noͤthigen Arbeit angefuͤhret worden ſind. Alſo pflegen die paar tauſend Thaͤlergen, welche etwa die Eltern verlaſſen, insgemein uͤber zwey Jahre nicht zu dauren, weil ſie das bisgen Patrimonium entweder verſauffen, verreithen, verfahren, oder mit verfuͤhrten Nymphen durchbringen. Deswegen iſt es auch kein Wunder, wann vielmals gantze Familien, und vornehme Geſchlechter in die aͤuſſerſte Armuth gerathen, ſo daß ſie nachgehends Subſidien-Gelder, oder beſ- ſer zu ſagen, Allmoſen hier und da genieſſen, und das Gnaden-Brod biß an ihr Ende zu ſich nehmen muͤſſen, weil ſie, nach ihrer verkehrten Art zu leben, Meiſter an ihrem eigenen Ungluͤck geweſen ſind. Denn daß hernachmals ſol- che liederiiche Leute einwenden und ſagen wollen, dieſes waͤre ein großes Malheur zu nennen, und vor ein Fatum inevitabile zu achten, ſo halte ich dieſes in der That vor etwas unchriſtliches und heydniſches, weil ja GOtt niemals verbunden iſt, einen ſolchem liederlichen Vogel und Banqueroutma- cher die Ducaten wiederum Hauffenweiſe ins Haus regnen zu laſſen. Denn wann ſolche unerſaͤttliche Schmauß-Bruͤder und muͤßige Tag-Diebe, ihr bißgen Vermoͤgen etwas genauer uͤberlegen, ihre Einnahm und Ausgabe mit einander conferirten, und von ihren vergangenen Schmauſerey auf ein zu- kuͤnfftiges vernuͤnfftiges Leben gedaͤchten, ſo wuͤrden ſie ohne groſſes Kopff- Brechen, gar leichte ausrechnen koͤnnen, daß bey einer ſolchen blanquen Le- bens-Art nicht allein Haͤuſer, Guͤther und Lehn-Guͤther, ſondern gar Staͤdte und Laͤnder, in ſehr kurtzer Zeit verfreſſen und verſoffen werden koͤnten. Mancher hat ein geringes Vermoͤgen, verſtudieret es, lernet auch davor in der That etwas rechtſchaffenes, und kan gleichwohl nicht fort, noch zu et- was kommen, ſondern bleibet, weit dahinden ſitzen. Solches ruͤhrer guten Theils daher, weil die Aemter derer Profeſſorum auf Univerſitæten zu unſern Zeiten faſt meiſtens erblich worden. Hieraus aber erwaͤchſet vor das gelehrte Weſen noch ein anderer groſſer Nachtheil. Denn dasjenige, was der ver- ſtorbene Herr Profeſſor ſeinem Sohn im Manuſeript, als ein Heiligthum und My-

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/232>, abgerufen am 24.11.2024.