Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Vorrede. sich bestrebet, es denen alten Egyptiern in ihrer Hierogly-phischen Schreib-Art gleich zu thun; geschweige wann man sich etwa gar bemühet, ein Meister in der Steganogra- phia Sympathetica zu werden. Von so unzehligen Jdeen nun wird der Kopf confundi- Academische Titel, wann sie tumme einfältige Schöpfe an toribus
Vorrede. ſich beſtrebet, es denen alten Egyptiern in ihrer Hierogly-phiſchen Schreib-Art gleich zu thun; geſchweige wann man ſich etwa gar bemuͤhet, ein Meiſter in der Steganogra- phia Sympathetica zu werden. Von ſo unzehligen Jdéen nun wird der Kopf confundi- Academiſche Titel, wann ſie tumme einfaͤltige Schoͤpfe an toribus
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Vorrede.
ſich beſtrebet, es denen alten Egyptiern in ihrer Hierogly-
phiſchen Schreib-Art gleich zu thun; geſchweige wann
man ſich etwa gar bemuͤhet, ein Meiſter in der Steganogra-
phia Sympathetica zu werden.
Von ſo unzehligen Jdéen nun wird der Kopf confundi-
ret; woraus nachgehends erſchreckliche Lapſus Judicii di-
ſcretivi entſtehen. Endlich kommet eine ſtarcke Diſtracti-
on bey noch ſehr guten Jahren darzu, und hiermit iſt der
Narr da. Er ſeines Orts bildet ſich zwar wohl ein, weit
mehr als ſonſt alle Gelehrte zu wiſſen, meynet auch, daß an-
dere Menſchen, die keine Studia haben, gegen ihn ein bloſſes
nichts, ja wohl gar Beſtien ſeyen. Allein er iſt und bleibet
ein Narr und purer Pedant, der wie ein Papagey herſchwa-
tzet, was er von andern gehoͤret, oder in ihren Schriften auf-
geklaubet; keinesweges aber capable iſt, uͤber eine vorkom-
mende Materie ſelber ein geſundes Urtheil zu faͤllen.
Academiſche Titel, wann ſie tumme einfaͤltige Schoͤpfe an
ſich bringen, die nichts gelernet haben, thun ebenfalls eine
gantz greuliche Wirckung. Denn der tumme und einfaͤltige
Schoͤps, ſo bald er damit pranget, vermeynet, er muͤſſe nun-
mehro groß thun, ſtoltz und hoffaͤrtig ſeyn, mithin andere
Menſchen nur uͤber die Schultern anſehen, weshalb er ſich
ſolche Airs und Minen giebet, die nicht affectirter ſeyn koͤn-
nen. Er ſpricht wenig, damit er ſeine Jgnorantz nicht ver-
rathe; es waͤre dann, daß bißweilen eine lateiniſche Paſſage,
oder etliche Phraſes, ihm entfahren, die er in dem Seneca, in
dem Cicerone, in dem Ariſtotele, oder in andern alten Au-
toribus
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