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[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803.

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desto mehr wahre, dauerhafte, freundschaftliche Liebe,
weil sie auf diesen Grund erbauet ist. Ich kenne
Ihr feuriges Herz. Wenn es nicht schon wirklich
die Tugend liebte, es würde durch so kräftige Bei-
spiele sie lieben lernen. Diese Glückseeligkeit könnte
ich Ihnen und dem O. versprechen. Ich kann es
um desto mehr, da ich weiß, wie stark Ihr Herz und
Geschmack sowohl vom sittlichen als sinnlich
Schönen, Guten und Bessern gerührt werden kann.

Allein mein Bruder, ich muß Ihrer Erfah-
rung zuvorkommen, und die Verwunderung ver-
mindern, die Sie überfallen würde, wenn Sie in
der Folge fänden, daß es in einem O., welcher die
wahre allgemeine und die besondere zärtliche Bru-
derliebe, durch so herrliche Gesetze und Beispiele
lehrt, dennoch Egoisten giebt, solche kleine We-
sen, welche beständig Freundschaft erwarten und
verlangen, ohne daß es ihnen auch nur einmahl
im Traume einfallen sollte, solche zu leisten. Wenn
es Sie befremdet, daß ich dieses aus Liebe zur
Wahrheit habe sagen müssen, so danke ich dafür
Ihrem Herzen. Und es wird Sie desto weniger
befremden, wenn ich Sie anmahne, diese unsere
schwachen Brüder zu lieben, und ihnen diese Liebe
auf die beste thätige Weise zu bezeigen.

Ich mahne sie nicht an, die Brüder zu lieben,
deren gute Eigenschaften, und Liebe Sie empfinden;
es ist zu natürlich und leicht. Aber diejenigen zu
lieben, die, ich weiß nicht aus was für einer Un-
art, alle oder doch den größten Theil ihrer
Pflichten unausgeübt lassen, daß ist um desto mehr

deſto mehr wahre, dauerhafte, freundſchaftliche Liebe,
weil ſie auf dieſen Grund erbauet iſt. Ich kenne
Ihr feuriges Herz. Wenn es nicht ſchon wirklich
die Tugend liebte, es wuͤrde durch ſo kraͤftige Bei-
ſpiele ſie lieben lernen. Dieſe Gluͤckſeeligkeit koͤnnte
ich Ihnen und dem O. verſprechen. Ich kann es
um deſto mehr, da ich weiß, wie ſtark Ihr Herz und
Geſchmack ſowohl vom ſittlichen als ſinnlich
Schoͤnen, Guten und Beſſern geruͤhrt werden kann.

Allein mein Bruder, ich muß Ihrer Erfah-
rung zuvorkommen, und die Verwunderung ver-
mindern, die Sie uͤberfallen wuͤrde, wenn Sie in
der Folge faͤnden, daß es in einem O., welcher die
wahre allgemeine und die beſondere zaͤrtliche Bru-
derliebe, durch ſo herrliche Geſetze und Beiſpiele
lehrt, dennoch Egoiſten giebt, ſolche kleine We-
ſen, welche beſtaͤndig Freundſchaft erwarten und
verlangen, ohne daß es ihnen auch nur einmahl
im Traume einfallen ſollte, ſolche zu leiſten. Wenn
es Sie befremdet, daß ich dieſes aus Liebe zur
Wahrheit habe ſagen muͤſſen, ſo danke ich dafuͤr
Ihrem Herzen. Und es wird Sie deſto weniger
befremden, wenn ich Sie anmahne, dieſe unſere
ſchwachen Bruͤder zu lieben, und ihnen dieſe Liebe
auf die beſte thaͤtige Weiſe zu bezeigen.

Ich mahne ſie nicht an, die Bruͤder zu lieben,
deren gute Eigenſchaften, und Liebe Sie empfinden;
es iſt zu natuͤrlich und leicht. Aber diejenigen zu
lieben, die, ich weiß nicht aus was fuͤr einer Un-
art, alle oder doch den groͤßten Theil ihrer
Pflichten unausgeuͤbt laſſen, daß iſt um deſto mehr

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[260/0282] deſto mehr wahre, dauerhafte, freundſchaftliche Liebe, weil ſie auf dieſen Grund erbauet iſt. Ich kenne Ihr feuriges Herz. Wenn es nicht ſchon wirklich die Tugend liebte, es wuͤrde durch ſo kraͤftige Bei- ſpiele ſie lieben lernen. Dieſe Gluͤckſeeligkeit koͤnnte ich Ihnen und dem O. verſprechen. Ich kann es um deſto mehr, da ich weiß, wie ſtark Ihr Herz und Geſchmack ſowohl vom ſittlichen als ſinnlich Schoͤnen, Guten und Beſſern geruͤhrt werden kann. Allein mein Bruder, ich muß Ihrer Erfah- rung zuvorkommen, und die Verwunderung ver- mindern, die Sie uͤberfallen wuͤrde, wenn Sie in der Folge faͤnden, daß es in einem O., welcher die wahre allgemeine und die beſondere zaͤrtliche Bru- derliebe, durch ſo herrliche Geſetze und Beiſpiele lehrt, dennoch Egoiſten giebt, ſolche kleine We- ſen, welche beſtaͤndig Freundſchaft erwarten und verlangen, ohne daß es ihnen auch nur einmahl im Traume einfallen ſollte, ſolche zu leiſten. Wenn es Sie befremdet, daß ich dieſes aus Liebe zur Wahrheit habe ſagen muͤſſen, ſo danke ich dafuͤr Ihrem Herzen. Und es wird Sie deſto weniger befremden, wenn ich Sie anmahne, dieſe unſere ſchwachen Bruͤder zu lieben, und ihnen dieſe Liebe auf die beſte thaͤtige Weiſe zu bezeigen. Ich mahne ſie nicht an, die Bruͤder zu lieben, deren gute Eigenſchaften, und Liebe Sie empfinden; es iſt zu natuͤrlich und leicht. Aber diejenigen zu lieben, die, ich weiß nicht aus was fuͤr einer Un- art, alle oder doch den groͤßten Theil ihrer Pflichten unausgeuͤbt laſſen, daß iſt um deſto mehr

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Zitationshilfe: [Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/282>, abgerufen am 22.11.2024.