würde. Welchen Werth und welche Be- deutung aber konnte dieser durch die Folge der Zeiten herabgekommene Un- terricht haben? so frage ich eben sowohl in meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver- nunft Fesseln anlegen, den freien Forschungstrieb durch Autorität niederschlagen und blinden Glau- ben gebieten? -- Kühn und so laut als möglich und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern sey es vom Maurer, der alle Fesseln der Autorität abge- legt haben soll, daß er hier sich in neue geheime Fesseln schlagen lasse, fern sey es von ihm, der reinmenschliche Bildung zu erlangen und überall nur im Geiste zu leben strebt, daß er hier sich an einen neuen Buchstaben binden lasse; fern sei es von der Gesellschaft, die jeden Zunftgeist ver- schmäht, daß sie selbst sich in eine Zunft ver- wandle! -- Was waren denn die, welche den ersten Keim dieses, möglicherweise vorhandenen Unterrichts legten, die Späteren, die ihn ausbil- deten, vervollkommten, vermehrten? was waren denn sie, das ihre späten Nachkommen nicht auch wären? Was hatten sie an sich, das diese nicht eben sowohl an sich hätten? mit welchem Rechte thaten jene, was sie thaten, daß diese nicht das- selbe Recht hätten?
Die öffentliche Kultur ist mit dem Fortgange der Zeiten fortgeschritten, die geheime hat es wahr- scheinlich auch gethan; die öffentliche wird es fer-
wuͤrde. Welchen Werth und welche Be- deutung aber konnte dieſer durch die Folge der Zeiten herabgekommene Un- terricht haben? ſo frage ich eben ſowohl in meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver- nunft Feſſeln anlegen, den freien Forſchungstrieb durch Autoritaͤt niederſchlagen und blinden Glau- ben gebieten? — Kuͤhn und ſo laut als moͤglich und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern ſey es vom Maurer, der alle Feſſeln der Autoritaͤt abge- legt haben ſoll, daß er hier ſich in neue geheime Feſſeln ſchlagen laſſe, fern ſey es von ihm, der reinmenſchliche Bildung zu erlangen und uͤberall nur im Geiſte zu leben ſtrebt, daß er hier ſich an einen neuen Buchſtaben binden laſſe; fern ſei es von der Geſellſchaft, die jeden Zunftgeiſt ver- ſchmaͤht, daß ſie ſelbſt ſich in eine Zunft ver- wandle! — Was waren denn die, welche den erſten Keim dieſes, moͤglicherweiſe vorhandenen Unterrichts legten, die Spaͤteren, die ihn ausbil- deten, vervollkommten, vermehrten? was waren denn ſie, das ihre ſpaͤten Nachkommen nicht auch waͤren? Was hatten ſie an ſich, das dieſe nicht eben ſowohl an ſich haͤtten? mit welchem Rechte thaten jene, was ſie thaten, daß dieſe nicht daſ- ſelbe Recht haͤtten?
Die oͤffentliche Kultur iſt mit dem Fortgange der Zeiten fortgeſchritten, die geheime hat es wahr- ſcheinlich auch gethan; die oͤffentliche wird es fer-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0078"n="56"/>
wuͤrde. <hirendition="#g">Welchen Werth und welche Be-<lb/>
deutung aber konnte dieſer durch die<lb/>
Folge der Zeiten herabgekommene Un-<lb/>
terricht haben</hi>? ſo frage ich eben ſowohl in<lb/>
meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er<lb/>
etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver-<lb/>
nunft Feſſeln anlegen, den freien Forſchungstrieb<lb/>
durch Autoritaͤt niederſchlagen und blinden Glau-<lb/>
ben gebieten? — Kuͤhn und ſo laut als moͤglich<lb/>
und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern ſey es<lb/>
vom Maurer, der alle Feſſeln der Autoritaͤt abge-<lb/>
legt haben ſoll, daß er hier ſich in neue geheime<lb/>
Feſſeln ſchlagen laſſe, fern ſey es von ihm, der<lb/>
reinmenſchliche Bildung zu erlangen und uͤberall<lb/>
nur <hirendition="#g">im Geiſte</hi> zu leben ſtrebt, daß er hier ſich<lb/>
an einen neuen Buchſtaben binden laſſe; fern ſei<lb/>
es von der Geſellſchaft, die jeden Zunftgeiſt ver-<lb/>ſchmaͤht, daß ſie ſelbſt ſich in eine Zunft ver-<lb/>
wandle! — Was waren denn die, welche den<lb/>
erſten Keim dieſes, moͤglicherweiſe vorhandenen<lb/>
Unterrichts legten, die Spaͤteren, die ihn ausbil-<lb/>
deten, vervollkommten, vermehrten? was waren<lb/>
denn ſie, das ihre ſpaͤten Nachkommen nicht auch<lb/>
waͤren? Was hatten ſie an ſich, das dieſe nicht<lb/>
eben ſowohl an ſich haͤtten? mit welchem Rechte<lb/>
thaten jene, was ſie thaten, daß dieſe nicht daſ-<lb/>ſelbe Recht haͤtten?</p><lb/><p>Die oͤffentliche Kultur iſt mit dem Fortgange<lb/>
der Zeiten fortgeſchritten, die geheime hat es wahr-<lb/>ſcheinlich auch gethan; die oͤffentliche wird es fer-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[56/0078]
wuͤrde. Welchen Werth und welche Be-
deutung aber konnte dieſer durch die
Folge der Zeiten herabgekommene Un-
terricht haben? ſo frage ich eben ſowohl in
meinem Namen, als in dem Deinigen. Soll er
etwa der Freiheit und dem Fortgange der Ver-
nunft Feſſeln anlegen, den freien Forſchungstrieb
durch Autoritaͤt niederſchlagen und blinden Glau-
ben gebieten? — Kuͤhn und ſo laut als moͤglich
und auf jede Gefahr rufe ich: Fern, fern ſey es
vom Maurer, der alle Feſſeln der Autoritaͤt abge-
legt haben ſoll, daß er hier ſich in neue geheime
Feſſeln ſchlagen laſſe, fern ſey es von ihm, der
reinmenſchliche Bildung zu erlangen und uͤberall
nur im Geiſte zu leben ſtrebt, daß er hier ſich
an einen neuen Buchſtaben binden laſſe; fern ſei
es von der Geſellſchaft, die jeden Zunftgeiſt ver-
ſchmaͤht, daß ſie ſelbſt ſich in eine Zunft ver-
wandle! — Was waren denn die, welche den
erſten Keim dieſes, moͤglicherweiſe vorhandenen
Unterrichts legten, die Spaͤteren, die ihn ausbil-
deten, vervollkommten, vermehrten? was waren
denn ſie, das ihre ſpaͤten Nachkommen nicht auch
waͤren? Was hatten ſie an ſich, das dieſe nicht
eben ſowohl an ſich haͤtten? mit welchem Rechte
thaten jene, was ſie thaten, daß dieſe nicht daſ-
ſelbe Recht haͤtten?
Die oͤffentliche Kultur iſt mit dem Fortgange
der Zeiten fortgeſchritten, die geheime hat es wahr-
ſcheinlich auch gethan; die oͤffentliche wird es fer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin, 1803, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fessler_eleusinien02_1803/78>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.