Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.im Wesen ist, das ist in Christus zur Erscheinung gekom- Die Menschwerdungen Gottes bei den Orientalen, wie *) Hieraus erhellt die Unwahrhaftigkeit und Eitelkeit der modernen
Speculation über die Persönlichkeit Gottes. Schämt ihr euch nicht eines persönlichen Gottes, so schämt euch auch nicht eines fleischlichen Got- tes. Eine abstracte farblose Persönlichkeit, eine Persönlichkeit ohne Fleisch und Blut ist ein hohles Gespenst. im Weſen iſt, das iſt in Chriſtus zur Erſcheinung gekom- Die Menſchwerdungen Gottes bei den Orientalen, wie *) Hieraus erhellt die Unwahrhaftigkeit und Eitelkeit der modernen
Speculation uͤber die Perſönlichkeit Gottes. Schämt ihr euch nicht eines perſönlichen Gottes, ſo ſchämt euch auch nicht eines fleiſchlichen Got- tes. Eine abſtracte farbloſe Perſönlichkeit, eine Perſönlichkeit ohne Fleiſch und Blut iſt ein hohles Geſpenſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0209" n="191"/> im <hi rendition="#g">Weſen</hi> iſt, das iſt in Chriſtus zur <hi rendition="#g">Erſcheinung</hi> gekom-<lb/> men. In ſofern kann man die chriſtliche Religion die abſo-<lb/> lute nennen. Daß Gott, der an <hi rendition="#g">ſich</hi> nichts andres als das<lb/> Weſen des Menſchen iſt, auch <hi rendition="#g">als ſolches</hi> verwirklicht werde,<lb/><hi rendition="#g">als Menſch</hi> dem <hi rendition="#g">Bewußtſein</hi> Gegenſtand ſei, das iſt das<lb/> Ziel der Religion. Und dieſes erreichte die chriſtliche Religion<lb/> in der Menſchwerdung Gottes, die keineswegs ein vorüberge-<lb/> hender Act iſt, denn Chriſtus bleibt auch noch nach ſeiner<lb/> Himmelfahrt Menſch, Menſch von Herzen und Menſch von<lb/> Geſtalt, nur daß jetzt ſein Leib nicht mehr ein irdiſcher, dem<lb/> Leiden unterworfner Körper iſt.</p><lb/> <p>Die Menſchwerdungen Gottes bei den Orientalen, wie<lb/> namentlich den Indern, haben keine ſo intenſive Bedeutung<lb/> als die chriſtliche. Eben weil ſie <hi rendition="#g">oft</hi> geſchehen, werden ſie<lb/> gleichgültig, verlieren ſie ihren Werth. <hi rendition="#g">Die Menſchheit<lb/> Gottes iſt ſeine Perſönlichkeit. Gott iſt ein perſön-<lb/> liches Weſen, heißt: Gott iſt ein menſchliches Weſen,<lb/> Gott iſt Menſch</hi>. Die Perſönlichkeit iſt ein Abſtractum, das<lb/> nur als <hi rendition="#g">wirklicher Menſch</hi> Realität hat<note place="foot" n="*)">Hieraus erhellt die Unwahrhaftigkeit und Eitelkeit der modernen<lb/> Speculation uͤber die Perſönlichkeit Gottes. Schämt ihr euch nicht eines<lb/> perſönlichen Gottes, ſo ſchämt euch auch nicht eines <hi rendition="#g">fleiſchlichen Got-<lb/> tes</hi>. Eine <hi rendition="#g">abſtracte</hi> farbloſe Perſönlichkeit, eine Perſönlichkeit <hi rendition="#g">ohne<lb/> Fleiſch und Blut</hi> iſt ein hohles Geſpenſt.</note>. Der Sinn, der<lb/> den Menſchwerdungen Gottes zu Grunde liegt, iſt daher un-<lb/> endlich beſſer erreicht durch <hi rendition="#g">eine</hi> Menſchwerdung, <hi rendition="#g">eine</hi> Per-<lb/> ſönlichkeit. Wo Gott in mehreren Perſonen nach einander<lb/> erſcheint, da ſind dieſe Perſönlichkeiten verſchwindende. Aber<lb/> es handelt ſich eben um eine <hi rendition="#g">bleibende</hi> Perſönlichkeit, eine<lb/><hi rendition="#g">ausſchließende</hi> Perſönlichkeit. Wo viele Incarnationen vor-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [191/0209]
im Weſen iſt, das iſt in Chriſtus zur Erſcheinung gekom-
men. In ſofern kann man die chriſtliche Religion die abſo-
lute nennen. Daß Gott, der an ſich nichts andres als das
Weſen des Menſchen iſt, auch als ſolches verwirklicht werde,
als Menſch dem Bewußtſein Gegenſtand ſei, das iſt das
Ziel der Religion. Und dieſes erreichte die chriſtliche Religion
in der Menſchwerdung Gottes, die keineswegs ein vorüberge-
hender Act iſt, denn Chriſtus bleibt auch noch nach ſeiner
Himmelfahrt Menſch, Menſch von Herzen und Menſch von
Geſtalt, nur daß jetzt ſein Leib nicht mehr ein irdiſcher, dem
Leiden unterworfner Körper iſt.
Die Menſchwerdungen Gottes bei den Orientalen, wie
namentlich den Indern, haben keine ſo intenſive Bedeutung
als die chriſtliche. Eben weil ſie oft geſchehen, werden ſie
gleichgültig, verlieren ſie ihren Werth. Die Menſchheit
Gottes iſt ſeine Perſönlichkeit. Gott iſt ein perſön-
liches Weſen, heißt: Gott iſt ein menſchliches Weſen,
Gott iſt Menſch. Die Perſönlichkeit iſt ein Abſtractum, das
nur als wirklicher Menſch Realität hat *). Der Sinn, der
den Menſchwerdungen Gottes zu Grunde liegt, iſt daher un-
endlich beſſer erreicht durch eine Menſchwerdung, eine Per-
ſönlichkeit. Wo Gott in mehreren Perſonen nach einander
erſcheint, da ſind dieſe Perſönlichkeiten verſchwindende. Aber
es handelt ſich eben um eine bleibende Perſönlichkeit, eine
ausſchließende Perſönlichkeit. Wo viele Incarnationen vor-
*) Hieraus erhellt die Unwahrhaftigkeit und Eitelkeit der modernen
Speculation uͤber die Perſönlichkeit Gottes. Schämt ihr euch nicht eines
perſönlichen Gottes, ſo ſchämt euch auch nicht eines fleiſchlichen Got-
tes. Eine abſtracte farbloſe Perſönlichkeit, eine Perſönlichkeit ohne
Fleiſch und Blut iſt ein hohles Geſpenſt.
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