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Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

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Pflanze und das Mehl das Fleisch der Pflanze ist, welches
dem Wohle Deiner Existenz geopfert wird! Vergiß nicht, daß
die Pflanze Dir das Wesen der Natur versinnbildlicht, die sich
liebevoll Dir zum Genusse hingibt! Vergiß also nicht den Dank,
den Du der natürlichen Qualität des Brotes und Weines
schuldest! Und willst Du darüber lächeln, daß ich das Essen
und Trinken, weil sie gemeine, alltägliche Acte sind, deßwegen
von Unzähligen ohne Geist, ohne Gesinnung ausgeübt werden,
religiöse Acte nenne; nun so denke daran, daß auch das Abend-
mahl ein gesinnungsloser, geistloser Act bei Unzähligen ist,
weil er oft geschieht, und versetze Dich, um die religiöse Be-
deutung des Genusses von Brot und Wein zu erfassen, in die
Lage hinein, wo der sonst alltägliche Act unnatürlich, gewalt-
sam unterbrochen wird. Hunger und Durst zerstören nicht nur
die physische, sondern auch geistige und moralische Kraft des
Menschen, sie berauben ihn der Menschheit, des Verstandes,
des Bewußtseins. O wenn Du je solchen Mangel, solches
Unglück erlebtest, wie würdest Du segnen und preisen die na-
türliche Qualität des Brotes und Weines, die Dir wieder Deine
Menschheit, Deinen Verstand gegeben! So braucht man nur den
gewöhnlichen gemeinen Lauf der Dinge zu unterbrechen, um
dem Gemeinen ungemeine Bedeutung, dem Leben als sol-
chem
überhaupt religiöse Bedeutung abzugewinnen. Hei-
lig
sei uns darum das Brot, heilig der Wein, aber auch
heilig das Wasser! Amen.


Pflanze und das Mehl das Fleiſch der Pflanze iſt, welches
dem Wohle Deiner Exiſtenz geopfert wird! Vergiß nicht, daß
die Pflanze Dir das Weſen der Natur verſinnbildlicht, die ſich
liebevoll Dir zum Genuſſe hingibt! Vergiß alſo nicht den Dank,
den Du der natürlichen Qualität des Brotes und Weines
ſchuldeſt! Und willſt Du darüber lächeln, daß ich das Eſſen
und Trinken, weil ſie gemeine, alltägliche Acte ſind, deßwegen
von Unzähligen ohne Geiſt, ohne Geſinnung ausgeübt werden,
religiöſe Acte nenne; nun ſo denke daran, daß auch das Abend-
mahl ein geſinnungsloſer, geiſtloſer Act bei Unzähligen iſt,
weil er oft geſchieht, und verſetze Dich, um die religiöſe Be-
deutung des Genuſſes von Brot und Wein zu erfaſſen, in die
Lage hinein, wo der ſonſt alltägliche Act unnatürlich, gewalt-
ſam unterbrochen wird. Hunger und Durſt zerſtören nicht nur
die phyſiſche, ſondern auch geiſtige und moraliſche Kraft des
Menſchen, ſie berauben ihn der Menſchheit, des Verſtandes,
des Bewußtſeins. O wenn Du je ſolchen Mangel, ſolches
Unglück erlebteſt, wie würdeſt Du ſegnen und preiſen die na-
türliche Qualität des Brotes und Weines, die Dir wieder Deine
Menſchheit, Deinen Verſtand gegeben! So braucht man nur den
gewöhnlichen gemeinen Lauf der Dinge zu unterbrechen, um
dem Gemeinen ungemeine Bedeutung, dem Leben als ſol-
chem
überhaupt religiöſe Bedeutung abzugewinnen. Hei-
lig
ſei uns darum das Brot, heilig der Wein, aber auch
heilig das Waſſer! Amen.


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[380/0398] Pflanze und das Mehl das Fleiſch der Pflanze iſt, welches dem Wohle Deiner Exiſtenz geopfert wird! Vergiß nicht, daß die Pflanze Dir das Weſen der Natur verſinnbildlicht, die ſich liebevoll Dir zum Genuſſe hingibt! Vergiß alſo nicht den Dank, den Du der natürlichen Qualität des Brotes und Weines ſchuldeſt! Und willſt Du darüber lächeln, daß ich das Eſſen und Trinken, weil ſie gemeine, alltägliche Acte ſind, deßwegen von Unzähligen ohne Geiſt, ohne Geſinnung ausgeübt werden, religiöſe Acte nenne; nun ſo denke daran, daß auch das Abend- mahl ein geſinnungsloſer, geiſtloſer Act bei Unzähligen iſt, weil er oft geſchieht, und verſetze Dich, um die religiöſe Be- deutung des Genuſſes von Brot und Wein zu erfaſſen, in die Lage hinein, wo der ſonſt alltägliche Act unnatürlich, gewalt- ſam unterbrochen wird. Hunger und Durſt zerſtören nicht nur die phyſiſche, ſondern auch geiſtige und moraliſche Kraft des Menſchen, ſie berauben ihn der Menſchheit, des Verſtandes, des Bewußtſeins. O wenn Du je ſolchen Mangel, ſolches Unglück erlebteſt, wie würdeſt Du ſegnen und preiſen die na- türliche Qualität des Brotes und Weines, die Dir wieder Deine Menſchheit, Deinen Verſtand gegeben! So braucht man nur den gewöhnlichen gemeinen Lauf der Dinge zu unterbrechen, um dem Gemeinen ungemeine Bedeutung, dem Leben als ſol- chem überhaupt religiöſe Bedeutung abzugewinnen. Hei- lig ſei uns darum das Brot, heilig der Wein, aber auch heilig das Waſſer! Amen.

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Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/398>, abgerufen am 05.12.2024.