Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.liche Composition der Mutter Gottes ist daher nicht mehr be- *) In der strengen Orthodoxie wird allerdings jede Subordination des Sohnes aufs sorgfältigste vermieden, aber eben dadurch, wie überhaupt durch die völlige Einheit und Gleichheit, geht auch die Realität der Unter- schiede und Personen, hiemit der mystische Reiz der Trinität verloren. Uebrigens ist diese Bemerkung überflüssig. Alle Einwendungen, die man gegen die Auffassungsweise im ersten Theil dieser Schrift vorbringen kann, kommen im zweiten Theil zwar nicht ausdrücklich, was zu langweilig wäre, aber dem Princip nach zur Sprache. **) In der jüdischen Mystik ist Gott nach einer Partei ein männliches, Feuerbach. 6
liche Compoſition der Mutter Gottes iſt daher nicht mehr be- *) In der ſtrengen Orthodoxie wird allerdings jede Subordination des Sohnes aufs ſorgfältigſte vermieden, aber eben dadurch, wie überhaupt durch die völlige Einheit und Gleichheit, geht auch die Realität der Unter- ſchiede und Perſonen, hiemit der myſtiſche Reiz der Trinität verloren. Uebrigens iſt dieſe Bemerkung überflüſſig. Alle Einwendungen, die man gegen die Auffaſſungsweiſe im erſten Theil dieſer Schrift vorbringen kann, kommen im zweiten Theil zwar nicht ausdrücklich, was zu langweilig wäre, aber dem Princip nach zur Sprache. **) In der jüdiſchen Myſtik iſt Gott nach einer Partei ein männliches, Feuerbach. 6
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liche Compoſition der Mutter Gottes iſt daher nicht mehr be-
fremdlich oder paradox als der Sohn Gottes, widerſpricht nicht
mehr den allgemeinen metaphyſiſchen Beſtimmungen der Gott-
heit, als die Vater- und Sohnſchaft. Die Maria paßt viel-
mehr ganz in die Kategorie der Dreieinigkeitsverhältniſſe, weil
ſie ohne männliche Befruchtung den Sohn gebar, wie Gott
Vater ohne weiblichen Schooß den Sohn erzeugte, ſo daß
alſo die Maria eine nothwendige, innerlich herausgeforderte,
ergänzende Antitheſe zum Vater im Schooße der Dreieinigkeit
bildet. Auch haben wir ja ſchon, wenn auch nicht in concreto
und explicite, doch in abstracto und implicite das weibliche
Princip im Sohne. Der Sohn Gottes iſt das milde ſanfte
Weſen, das weibliche Gemüth Gottes; im Sohn gibt Gott
ſein rigoroſes, ausſchließliches Selbſtbewußtſein auf. Gott als
Vater iſt nur Zeuger, das Activum, das Princip der männlichen
Spontaneität; aber der Sohn iſt gezeugt, ohne ſelbſt zu zeugen,
Deus genitus, das Paſſivum, das leidende empfangende We-
ſen: der Sohn empfängt vom Vater ſein Sein. Der Sohn
iſt als Sohn, natürlich nicht als Gott, abhängig vom Vater,
der väterlichen Autorität unterworfen *). Der Sohn iſt alſo
das weibliche Abhängigkeitsgefühl in Gott; der Sohn dringt
uns daher auch unwillkührlich das Bedürfniß nach einem
wirklichen weiblichen Weſen auf **).
*) In der ſtrengen Orthodoxie wird allerdings jede Subordination
des Sohnes aufs ſorgfältigſte vermieden, aber eben dadurch, wie überhaupt
durch die völlige Einheit und Gleichheit, geht auch die Realität der Unter-
ſchiede und Perſonen, hiemit der myſtiſche Reiz der Trinität verloren.
Uebrigens iſt dieſe Bemerkung überflüſſig. Alle Einwendungen, die man
gegen die Auffaſſungsweiſe im erſten Theil dieſer Schrift vorbringen kann,
kommen im zweiten Theil zwar nicht ausdrücklich, was zu langweilig wäre,
aber dem Princip nach zur Sprache.
**) In der jüdiſchen Myſtik iſt Gott nach einer Partei ein männliches,
Feuerbach. 6
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