Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Verletzung des Rechts auf Ehre.
§. 309.

In Rücksicht der Art der Anerkennung des
Werths ist die Ehre entweder positive oder
negative Ehre. Jene besteht in der Aner-
kennung eines fremden Werths durch wirk-
liche Handlungen oder Aeusserungen des Ur-
theils, welche den Werth der Person erklären;
diese besteht in der Anerkennung eines fremden
Werths durch Unterlassung von Handlungen
und Urtheilen, welche den Unwerth der Per-
son erklären.

§. 310.

Der Bürger kann als Mensch und als Bür-
ger
, und in jenem Fall, als Mensch überhaupt
(als blosses menschliches Gattungswesen) oder
als Individuum betrachtet werden. Daraus ge-
hen verschiedene Arten der Ehre in Ansehung ih-
res Objects hervor. Die Anerkennung desjenigen
Werths, der für den Andern durch seine Eigen-
schaften als Mensch begründet wird
, nennt man
die ursprüngliche Ehre. Diese ursprüng-
liche Ehre kann bestehen I) in der äussern An-
erkennung des Werths, der dem Andern blos
wegen seiner Menschennatur überhaupt zu-
kommt. -- Allgemeine Ehre. Aber ein
Mensch kann, ausser dem allgemeinen
Menschencharakter, auch noch besondere,
nicht allen Menschen gemeinschaftliche, Ei-
genschaften haben, welche demselben einen
besondern Werth geben. Daher II) die be-
sondere Ehre
, welche in der äussern Aner-

ken-
Q
Verletzung des Rechts auf Ehre.
§. 309.

In Rückſicht der Art der Anerkennung des
Werths iſt die Ehre entweder poſitive oder
negative Ehre. Jene beſteht in der Aner-
kennung eines fremden Werths durch wirk-
liche Handlungen oder Aeuſſerungen des Ur-
theils, welche den Werth der Perſon erklären;
dieſe beſteht in der Anerkennung eines fremden
Werths durch Unterlaſſung von Handlungen
und Urtheilen, welche den Unwerth der Per-
ſon erklären.

§. 310.

Der Bürger kann als Menſch und als Bür-
ger
, und in jenem Fall, als Menſch überhaupt
(als bloſses menſchliches Gattungsweſen) oder
als Individuum betrachtet werden. Daraus ge-
hen verſchiedene Arten der Ehre in Anſehung ih-
res Objects hervor. Die Anerkennung desjenigen
Werths, der für den Andern durch ſeine Eigen-
ſchaften als Menſch begründet wird
, nennt man
die urſprüngliche Ehre. Dieſe urſprüng-
liche Ehre kann beſtehen I) in der äuſſern An-
erkennung des Werths, der dem Andern blos
wegen ſeiner Menſchennatur überhaupt zu-
kommt. — Allgemeine Ehre. Aber ein
Menſch kann, auſſer dem allgemeinen
Menſchencharakter, auch noch beſondere,
nicht allen Menſchen gemeinſchaftliche, Ei-
genſchaften haben, welche demſelben einen
beſondern Werth geben. Daher II) die be-
ſondere Ehre
, welche in der äuſſern Aner-

ken-
Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <pb facs="#f0269" n="241"/>
                    <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">Verletzung des Rechts auf Ehre.</hi> </fw><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 309.</head><lb/>
                      <p>In Rück&#x017F;icht der <hi rendition="#i">Art der Anerkennung</hi> des<lb/>
Werths i&#x017F;t die Ehre entweder <hi rendition="#g">po&#x017F;itive</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">negative Ehre</hi>. Jene be&#x017F;teht in der Aner-<lb/>
kennung eines fremden Werths durch wirk-<lb/>
liche Handlungen oder Aeu&#x017F;&#x017F;erungen des Ur-<lb/>
theils, welche den Werth der Per&#x017F;on erklären;<lb/>
die&#x017F;e be&#x017F;teht in der Anerkennung eines fremden<lb/>
Werths durch <hi rendition="#i">Unterla&#x017F;&#x017F;ung</hi> von Handlungen<lb/>
und Urtheilen, welche den Unwerth der Per-<lb/>
&#x017F;on erklären.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 310.</head><lb/>
                      <p>Der Bürger kann als <hi rendition="#i">Men&#x017F;ch</hi> und als <hi rendition="#i">Bür-<lb/>
ger</hi>, und in jenem Fall, als <hi rendition="#i">Men&#x017F;ch überhaupt</hi><lb/>
(als blo&#x017F;ses men&#x017F;chliches Gattungswe&#x017F;en) oder<lb/>
als <hi rendition="#i">Individuum</hi> betrachtet werden. Daraus ge-<lb/>
hen ver&#x017F;chiedene Arten der Ehre in An&#x017F;ehung ih-<lb/>
res <hi rendition="#i">Objects</hi> hervor. <hi rendition="#i">Die Anerkennung desjenigen<lb/>
Werths, der für den Andern durch &#x017F;eine Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften als Men&#x017F;ch begründet wird</hi>, nennt man<lb/>
die <hi rendition="#g">ur&#x017F;prüngliche Ehre</hi>. Die&#x017F;e ur&#x017F;prüng-<lb/>
liche Ehre kann be&#x017F;tehen I) in der äu&#x017F;&#x017F;ern An-<lb/>
erkennung des Werths, der dem Andern blos<lb/>
wegen &#x017F;einer Men&#x017F;chennatur überhaupt zu-<lb/>
kommt. &#x2014; <hi rendition="#g">Allgemeine Ehre</hi>. Aber ein<lb/>
Men&#x017F;ch kann, au&#x017F;&#x017F;er dem allgemeinen<lb/>
Men&#x017F;chencharakter, auch noch be&#x017F;ondere,<lb/>
nicht allen Men&#x017F;chen gemein&#x017F;chaftliche, Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften haben, welche dem&#x017F;elben einen<lb/>
be&#x017F;ondern Werth geben. Daher II) die <hi rendition="#g">be-<lb/>
&#x017F;ondere Ehre</hi>, welche in der äu&#x017F;&#x017F;ern Aner-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q</fw><fw place="bottom" type="catch">ken-</fw><lb/></p>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0269] Verletzung des Rechts auf Ehre. §. 309. In Rückſicht der Art der Anerkennung des Werths iſt die Ehre entweder poſitive oder negative Ehre. Jene beſteht in der Aner- kennung eines fremden Werths durch wirk- liche Handlungen oder Aeuſſerungen des Ur- theils, welche den Werth der Perſon erklären; dieſe beſteht in der Anerkennung eines fremden Werths durch Unterlaſſung von Handlungen und Urtheilen, welche den Unwerth der Per- ſon erklären. §. 310. Der Bürger kann als Menſch und als Bür- ger, und in jenem Fall, als Menſch überhaupt (als bloſses menſchliches Gattungsweſen) oder als Individuum betrachtet werden. Daraus ge- hen verſchiedene Arten der Ehre in Anſehung ih- res Objects hervor. Die Anerkennung desjenigen Werths, der für den Andern durch ſeine Eigen- ſchaften als Menſch begründet wird, nennt man die urſprüngliche Ehre. Dieſe urſprüng- liche Ehre kann beſtehen I) in der äuſſern An- erkennung des Werths, der dem Andern blos wegen ſeiner Menſchennatur überhaupt zu- kommt. — Allgemeine Ehre. Aber ein Menſch kann, auſſer dem allgemeinen Menſchencharakter, auch noch beſondere, nicht allen Menſchen gemeinſchaftliche, Ei- genſchaften haben, welche demſelben einen beſondern Werth geben. Daher II) die be- ſondere Ehre, welche in der äuſſern Aner- ken- Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/269
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/269>, abgerufen am 21.11.2024.