Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Verletzung des Rechts auf Ehre.
er sich vor andern Bürgern auszeichnet. Da-
her begreift die bürgerliche Ehre I. die ge-
meine Ehre
, welche sich auf den Werth be-
zieht, der dem Bürger, blos in so ferne er
Bürger
ist, zukommt; II) die vorzügliche
bürgerliche Ehre, Standes-Ehre
, wel-
che sich auf den vorzüglichen, durch einen
besondern Stand im Staat begründeten Werth
bezieht.

§. 312.

Injurie ist die Verletzung des vollkomm-
nen Rechts auf Ehre
. Zum Thatbestand der
Injurie gehört daher A) ein wirkliches Zwangs-
recht des Andern
auf äussere Anerkennung
desjenigen Werthes, durch dessen Nichtaner-
kennung die Ehre verletzt wurde: B) eine
äussere Handlung, welche an sich eine Ver-
letzung der Ehre in sich enthält: C) die Ab-
sicht, des andern Ehre zu verletzen, oder
doch das Bewusstseyn, dass dieselbe durch die
Handlung verletzt werde (animus injurian-
di
). *)


§. 313.
*) L. 34. pr. D. de O. et A. L. 3. §. 1. 2. L. 44. D.
de injuriis. L. 5. C. eod. L. 1. §. 31. D. depositi. L.
41. pr. D. ad L. Aquil. L. 1. §. 8. D. de inspiciendo
ventre
. -- cf. Weber a. O. Abthl. I. §. 5. ff. --
Klein p. R. §. 213. schränkt diese Bedingung auf
reine Ehrenverletzungen ein, und hält sie da nicht
nothwendig, wo Verletzung anderer Rechte in der
Hand.
Q 2

Verletzung des Rechts auf Ehre.
er ſich vor andern Bürgern auszeichnet. Da-
her begreift die bürgerliche Ehre I. die ge-
meine Ehre
, welche ſich auf den Werth be-
zieht, der dem Bürger, blos in ſo ferne er
Bürger
iſt, zukommt; II) die vorzügliche
bürgerliche Ehre, Standes-Ehre
, wel-
che ſich auf den vorzüglichen, durch einen
beſondern Stand im Staat begründeten Werth
bezieht.

§. 312.

Injurie iſt die Verletzung des vollkomm-
nen Rechts auf Ehre
. Zum Thatbeſtand der
Injurie gehört daher A) ein wirkliches Zwangs-
recht des Andern
auf äuſſere Anerkennung
desjenigen Werthes, durch deſſen Nichtaner-
kennung die Ehre verletzt wurde: B) eine
äuſſere Handlung, welche an ſich eine Ver-
letzung der Ehre in ſich enthält: C) die Ab-
ſicht, des andern Ehre zu verletzen, oder
doch das Bewuſstſeyn, daſs dieſelbe durch die
Handlung verletzt werde (animus injurian-
di
). *)


§. 313.
*) L. 34. pr. D. de O. et A. L. 3. §. 1. 2. L. 44. D.
de injuriis. L. 5. C. eod. L. 1. §. 31. D. depoſiti. L.
41. pr. D. ad L. Aquil. L. 1. §. 8. D. de inspiciendo
ventre
. — cf. Weber a. O. Abthl. I. §. 5. ff. —
Klein p. R. §. 213. ſchränkt dieſe Bedingung auf
reine Ehrenverletzungen ein, und hält ſie da nicht
nothwendig, wo Verletzung anderer Rechte in der
Hand.
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0271" n="243"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Verletzung des Rechts auf Ehre.</hi></fw><lb/>
er &#x017F;ich vor andern Bürgern auszeichnet. Da-<lb/>
her begreift die bürgerliche Ehre I. die <hi rendition="#g">ge-<lb/>
meine Ehre</hi>, welche &#x017F;ich auf den Werth be-<lb/>
zieht, der dem Bürger, blos <hi rendition="#i">in &#x017F;o ferne er<lb/>
Bürger</hi> i&#x017F;t, zukommt; II) die <hi rendition="#g">vorzügliche<lb/>
bürgerliche Ehre, Standes-Ehre</hi>, wel-<lb/>
che &#x017F;ich auf den vorzüglichen, durch einen<lb/><hi rendition="#i">be&#x017F;ondern Stand</hi> im Staat begründeten Werth<lb/>
bezieht.</p>
                    </div><lb/>
                    <div n="8">
                      <head>§. 312.</head><lb/>
                      <p><hi rendition="#g">Injurie</hi><hi rendition="#i">i&#x017F;t die Verletzung des vollkomm-<lb/>
nen Rechts auf Ehre</hi>. Zum Thatbe&#x017F;tand der<lb/>
Injurie gehört daher A) ein wirkliches <hi rendition="#i">Zwangs-<lb/>
recht des Andern</hi> auf äu&#x017F;&#x017F;ere Anerkennung<lb/><hi rendition="#i">desjenigen</hi> Werthes, durch de&#x017F;&#x017F;en Nichtaner-<lb/>
kennung die Ehre verletzt wurde: B) eine<lb/><hi rendition="#i">äu&#x017F;&#x017F;ere Handlung</hi>, welche an &#x017F;ich eine Ver-<lb/>
letzung der Ehre in &#x017F;ich enthält: C) die Ab-<lb/>
&#x017F;icht, des andern Ehre zu verletzen, oder<lb/>
doch das Bewu&#x017F;st&#x017F;eyn, da&#x017F;s die&#x017F;elbe durch die<lb/>
Handlung verletzt werde (<hi rendition="#i">animus injurian-<lb/>
di</hi>). <note xml:id="note-0271" next="#note-0272" place="foot" n="*)">L. 34. pr. D. de O. et A. L. 3. §. 1. 2. L. 44. D.<lb/><hi rendition="#i">de injuriis</hi>. L. 5. C. <hi rendition="#i">eod</hi>. L. 1. §. 31. D. <hi rendition="#i">depo&#x017F;iti</hi>. L.<lb/>
41. pr. D. <hi rendition="#i">ad</hi> L. <hi rendition="#i">Aquil</hi>. L. 1. §. 8. D. <hi rendition="#i">de inspiciendo<lb/>
ventre</hi>. &#x2014; cf. <hi rendition="#g">Weber</hi> a. O. Abthl. I. §. 5. ff. &#x2014;<lb/><hi rendition="#g">Klein</hi> <hi rendition="#i">p. R.</hi> §. 213. &#x017F;chränkt die&#x017F;e Bedingung auf<lb/><hi rendition="#i">reine</hi> Ehrenverletzungen ein, und hält &#x017F;ie da nicht<lb/>
nothwendig, wo Verletzung anderer Rechte in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hand.</fw></note></p>
                    </div><lb/>
                    <fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw>
                    <fw place="bottom" type="catch">§. 313.</fw><lb/>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0271] Verletzung des Rechts auf Ehre. er ſich vor andern Bürgern auszeichnet. Da- her begreift die bürgerliche Ehre I. die ge- meine Ehre, welche ſich auf den Werth be- zieht, der dem Bürger, blos in ſo ferne er Bürger iſt, zukommt; II) die vorzügliche bürgerliche Ehre, Standes-Ehre, wel- che ſich auf den vorzüglichen, durch einen beſondern Stand im Staat begründeten Werth bezieht. §. 312. Injurie iſt die Verletzung des vollkomm- nen Rechts auf Ehre. Zum Thatbeſtand der Injurie gehört daher A) ein wirkliches Zwangs- recht des Andern auf äuſſere Anerkennung desjenigen Werthes, durch deſſen Nichtaner- kennung die Ehre verletzt wurde: B) eine äuſſere Handlung, welche an ſich eine Ver- letzung der Ehre in ſich enthält: C) die Ab- ſicht, des andern Ehre zu verletzen, oder doch das Bewuſstſeyn, daſs dieſelbe durch die Handlung verletzt werde (animus injurian- di). *) §. 313. *) L. 34. pr. D. de O. et A. L. 3. §. 1. 2. L. 44. D. de injuriis. L. 5. C. eod. L. 1. §. 31. D. depoſiti. L. 41. pr. D. ad L. Aquil. L. 1. §. 8. D. de inspiciendo ventre. — cf. Weber a. O. Abthl. I. §. 5. ff. — Klein p. R. §. 213. ſchränkt dieſe Bedingung auf reine Ehrenverletzungen ein, und hält ſie da nicht nothwendig, wo Verletzung anderer Rechte in der Hand. Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/271
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/271>, abgerufen am 21.11.2024.