Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

Darstel. d. obersten Grunds. d. Criminalr.
eher Kenntniss erhält, als bis sie schon ge-
schehen ist. Sollen daher solche Rechtsver-
letzungen im Staate verhindert werden; so ist
dieses nicht anders, als durch Anwendung eines
psychologischen Zwanges möglich, welcher der
Vollendung einer Läsion
vorhergeht, und
den Willen
Aller nöthigt sich zu keiner Rechts-
verletzung zu bestimmen.

§. 16.

Unsre Deduction begründet das Resul-
tat: psychologischer Zwang ist schlechthin noth-
wendig gegen positive Verletzung solcher Rechte,
für welche kein Aequivalent möglich ist.
Dieses
schliesst aber nicht das Recht des Staats aus,
auch gegen Rechtsverletzungen andrer Art psy-
chologischen Zwang zu gebrauchen. Die De-
duction bestimmt blos die Voraussetzung, unter
welcher der Staat die vollkommne Verbindlich-
keit
zum psychologischen Zwange hat und zeigt,
dass ohne den Gebrauch eines solchen kein Staat
denkbar ist. Zweckmässig und rechtlich ist
es, auch gegen andere Arten von Verletzun-
gen, psychologischen Zwang anzuwenden, wie
in unsrer positiven Gesetzgebung wirklich ge-
schehen ist *).

II. Deduction der Möglichkeit eines solchen psychologischen
Zwangs.
§. 17.

Alle Uebertretungen haben einen psycho-
logischen Entstehungsgrund, in der Sinnlich-

keit,
*) z. B. Strafe des Diebstahls etc.

Darſtel. d. oberſten Grundſ. d. Criminalr.
eher Kenntniſs erhält, als bis ſie ſchon ge-
ſchehen iſt. Sollen daher ſolche Rechtsver-
letzungen im Staate verhindert werden; ſo iſt
dieſes nicht anders, als durch Anwendung eines
pſychologiſchen Zwanges möglich, welcher der
Vollendung einer Läſion
vorhergeht, und
den Willen
Aller nöthigt ſich zu keiner Rechts-
verletzung zu beſtimmen.

§. 16.

Unſre Deduction begründet das Reſul-
tat: pſychologiſcher Zwang iſt ſchlechthin noth-
wendig gegen poſitive Verletzung ſolcher Rechte,
für welche kein Aequivalent möglich iſt.
Dieſes
ſchlieſst aber nicht das Recht des Staats aus,
auch gegen Rechtsverletzungen andrer Art pſy-
chologiſchen Zwang zu gebrauchen. Die De-
duction beſtimmt blos die Vorauſſetzung, unter
welcher der Staat die vollkommne Verbindlich-
keit
zum pſychologiſchen Zwange hat und zeigt,
daſs ohne den Gebrauch eines ſolchen kein Staat
denkbar iſt. Zweckmäſsig und rechtlich iſt
es, auch gegen andere Arten von Verletzun-
gen, pſychologiſchen Zwang anzuwenden, wie
in unſrer poſitiven Geſetzgebung wirklich ge-
ſchehen iſt *).

II. Deduction der Möglichkeit eines ſolchen pſychologiſchen
Zwangs.
§. 17.

Alle Uebertretungen haben einen pſycho-
logiſchen Entſtehungsgrund, in der Sinnlich-

keit,
*) z. B. Strafe des Diebſtahls etc.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0043" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Dar&#x017F;tel. d. ober&#x017F;ten Grund&#x017F;. d. Criminalr.</hi></fw><lb/>
eher Kenntni&#x017F;s erhält, als bis &#x017F;ie &#x017F;chon ge-<lb/>
&#x017F;chehen i&#x017F;t. Sollen daher &#x017F;olche Rechtsver-<lb/>
letzungen im Staate verhindert werden; <hi rendition="#i">&#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;es nicht anders, als durch Anwendung eines<lb/>
p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Zwanges möglich, welcher der<lb/>
Vollendung einer Lä&#x017F;ion</hi> <hi rendition="#g">vorhergeht</hi>, <hi rendition="#i">und<lb/>
den Willen</hi> <hi rendition="#g">Aller</hi> <hi rendition="#i">nöthigt &#x017F;ich zu keiner Rechts-<lb/>
verletzung zu be&#x017F;timmen.</hi></p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 16.</head><lb/>
                <p>Un&#x017F;re Deduction begründet das Re&#x017F;ul-<lb/>
tat: <hi rendition="#i">p&#x017F;ychologi&#x017F;cher Zwang i&#x017F;t &#x017F;chlechthin noth-<lb/>
wendig gegen po&#x017F;itive Verletzung &#x017F;olcher Rechte,<lb/>
für welche kein Aequivalent möglich i&#x017F;t.</hi> Die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;st aber nicht das Recht des Staats aus,<lb/>
auch gegen Rechtsverletzungen andrer Art p&#x017F;y-<lb/>
chologi&#x017F;chen Zwang zu gebrauchen. Die De-<lb/>
duction be&#x017F;timmt blos die Vorau&#x017F;&#x017F;etzung, unter<lb/>
welcher der Staat die <hi rendition="#i">vollkommne Verbindlich-<lb/>
keit</hi> zum p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Zwange hat und zeigt,<lb/>
da&#x017F;s ohne den Gebrauch eines &#x017F;olchen kein Staat<lb/>
denkbar i&#x017F;t. Zweckmä&#x017F;sig und rechtlich i&#x017F;t<lb/>
es, auch gegen andere Arten von Verletzun-<lb/>
gen, p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Zwang anzuwenden, wie<lb/>
in un&#x017F;rer po&#x017F;itiven Ge&#x017F;etzgebung wirklich ge-<lb/>
&#x017F;chehen i&#x017F;t <note place="foot" n="*)">z. B. Strafe des Dieb&#x017F;tahls etc.</note>.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>II. <hi rendition="#i">Deduction der Möglichkeit eines &#x017F;olchen p&#x017F;ychologi&#x017F;chen<lb/>
Zwangs.</hi></head><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 17.</head><lb/>
                <p>Alle Uebertretungen haben einen p&#x017F;ycho-<lb/>
logi&#x017F;chen Ent&#x017F;tehungsgrund, in der Sinnlich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keit,</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0043] Darſtel. d. oberſten Grundſ. d. Criminalr. eher Kenntniſs erhält, als bis ſie ſchon ge- ſchehen iſt. Sollen daher ſolche Rechtsver- letzungen im Staate verhindert werden; ſo iſt dieſes nicht anders, als durch Anwendung eines pſychologiſchen Zwanges möglich, welcher der Vollendung einer Läſion vorhergeht, und den Willen Aller nöthigt ſich zu keiner Rechts- verletzung zu beſtimmen. §. 16. Unſre Deduction begründet das Reſul- tat: pſychologiſcher Zwang iſt ſchlechthin noth- wendig gegen poſitive Verletzung ſolcher Rechte, für welche kein Aequivalent möglich iſt. Dieſes ſchlieſst aber nicht das Recht des Staats aus, auch gegen Rechtsverletzungen andrer Art pſy- chologiſchen Zwang zu gebrauchen. Die De- duction beſtimmt blos die Vorauſſetzung, unter welcher der Staat die vollkommne Verbindlich- keit zum pſychologiſchen Zwange hat und zeigt, daſs ohne den Gebrauch eines ſolchen kein Staat denkbar iſt. Zweckmäſsig und rechtlich iſt es, auch gegen andere Arten von Verletzun- gen, pſychologiſchen Zwang anzuwenden, wie in unſrer poſitiven Geſetzgebung wirklich ge- ſchehen iſt *). II. Deduction der Möglichkeit eines ſolchen pſychologiſchen Zwangs. §. 17. Alle Uebertretungen haben einen pſycho- logiſchen Entſtehungsgrund, in der Sinnlich- keit, *) z. B. Strafe des Diebſtahls etc.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/43
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/43>, abgerufen am 21.11.2024.