Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Buch. I. Theil.
rung, dieses ist Zweck der Züchtigung aber
nicht der Strafe.

III. Höchste Principien des peinlichen Rechts.
§. 23.

Aus unsrer Deduction ergiebt sich folgen-
des höchste Princip des peinlichen Rechts: Jede
rechtliche Strafe im Staat ist die
rechtliche Folge eines, durch die
Nothwendigkeit der Erhaltung äusse-
rer Rechte begrünndeten, und eine
Rechtsverletzung mit einem sinnli-
chen Uebel bedrohenden, Gesetzes
.

§. 24.

Hieraus fliessen folgende, keiner Ausnahme
unterworfenen, untergeordneten Grundsätze:

I. Jede Zufügung einer Strafe setzt ein Strafge-
setz voraus
. (Nulla poena sine lege). Denn le-
diglich die Androhung des Uebels durch das
Gesetz begründet den Begriff und die recht-
liche Möglichkeit einer Strafe.
II. Die Zufügung einer Strafe ist bedingt durch
die Existenz der bedrohten Handlung
. (Nulla
poena sine crimine). Denn durch das Ge-
setz ist die gedrohte Strafe an das Factum
als eine rechtlich nothwendige Voraus-
setzung geknüpft.
III. Das gesetzlich bedrohte Factum (die gesetz-
liche Voraussetzung) ist bedingt durch die ge-
setzliche Strafe
. (Nullum crimen sine poena
legali). Denn durch das Gesetz wird an die be-
stimmte Rechtsverletzung das Uebel als eine
nothwendige rechtliche Folge geknüpft.



Zweyte

I. Buch. I. Theil.
rung, dieſes iſt Zweck der Züchtigung aber
nicht der Strafe.

III. Höchſte Principien des peinlichen Rechts.
§. 23.

Aus unſrer Deduction ergiebt ſich folgen-
des höchſte Princip des peinlichen Rechts: Jede
rechtliche Strafe im Staat iſt die
rechtliche Folge eines, durch die
Nothwendigkeit der Erhaltung äuſſe-
rer Rechte begrünndeten, und eine
Rechtsverletzung mit einem ſinnli-
chen Uebel bedrohenden, Geſetzes
.

§. 24.

Hieraus flieſsen folgende, keiner Ausnahme
unterworfenen, untergeordneten Grundſätze:

I. Jede Zufügung einer Strafe ſetzt ein Strafge-
ſetz voraus
. (Nulla poena ſine lege). Denn le-
diglich die Androhung des Uebels durch das
Geſetz begründet den Begriff und die recht-
liche Möglichkeit einer Strafe.
II. Die Zufügung einer Strafe iſt bedingt durch
die Exiſtenz der bedrohten Handlung
. (Nulla
poena ſine crimine). Denn durch das Ge-
ſetz iſt die gedrohte Strafe an das Factum
als eine rechtlich nothwendige Vorauſ-
ſetzung geknüpft.
III. Das geſetzlich bedrohte Factum (die geſetz-
liche Vorauſſetzung) iſt bedingt durch die ge-
ſetzliche Strafe
. (Nullum crimen ſine poena
legali). Denn durch das Geſetz wird an die be-
ſtimmte Rechtsverletzung das Uebel als eine
nothwendige rechtliche Folge geknüpft.



Zweyte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0048" n="20"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">I. Buch. I. Theil.</hi></fw><lb/><hi rendition="#i">rung</hi>, die&#x017F;es i&#x017F;t Zweck der <hi rendition="#i">Züchtigung</hi> aber<lb/>
nicht der Strafe.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>III. <hi rendition="#i">Höch&#x017F;te Principien des peinlichen Rechts.</hi></head><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 23.</head><lb/>
                <p>Aus un&#x017F;rer Deduction ergiebt &#x017F;ich folgen-<lb/>
des höch&#x017F;te Princip des peinlichen Rechts: <hi rendition="#g">Jede<lb/>
rechtliche Strafe im Staat i&#x017F;t die<lb/>
rechtliche Folge eines, durch die<lb/>
Nothwendigkeit der Erhaltung äu&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
rer Rechte begrünndeten, und eine<lb/>
Rechtsverletzung mit einem &#x017F;innli-<lb/>
chen Uebel bedrohenden, Ge&#x017F;etzes</hi>.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 24.</head><lb/>
                <p>Hieraus flie&#x017F;sen folgende, keiner Ausnahme<lb/>
unterworfenen, untergeordneten Grund&#x017F;ätze:</p><lb/>
                <list>
                  <item>I. <hi rendition="#i">Jede Zufügung einer Strafe &#x017F;etzt ein Strafge-<lb/>
&#x017F;etz voraus</hi>. (Nulla poena &#x017F;ine lege). Denn le-<lb/>
diglich die Androhung des Uebels durch das<lb/>
Ge&#x017F;etz begründet den Begriff und die recht-<lb/>
liche Möglichkeit einer Strafe.</item><lb/>
                  <item>II. <hi rendition="#i">Die Zufügung einer Strafe i&#x017F;t bedingt durch<lb/>
die Exi&#x017F;tenz der bedrohten Handlung</hi>. (Nulla<lb/>
poena &#x017F;ine crimine). Denn durch das Ge-<lb/>
&#x017F;etz i&#x017F;t die gedrohte Strafe an das Factum<lb/>
als eine rechtlich nothwendige Vorau&#x017F;-<lb/>
&#x017F;etzung geknüpft.</item><lb/>
                  <item>III. <hi rendition="#i">Das ge&#x017F;etzlich bedrohte Factum</hi> (die ge&#x017F;etz-<lb/>
liche Vorau&#x017F;&#x017F;etzung) <hi rendition="#i">i&#x017F;t bedingt durch die ge-<lb/>
&#x017F;etzliche Strafe</hi>. (Nullum crimen &#x017F;ine poena<lb/>
legali). Denn durch das Ge&#x017F;etz wird an die be-<lb/>
&#x017F;timmte Rechtsverletzung das Uebel als eine<lb/>
nothwendige rechtliche Folge geknüpft.</item>
                </list>
              </div>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Zweyte</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0048] I. Buch. I. Theil. rung, dieſes iſt Zweck der Züchtigung aber nicht der Strafe. III. Höchſte Principien des peinlichen Rechts. §. 23. Aus unſrer Deduction ergiebt ſich folgen- des höchſte Princip des peinlichen Rechts: Jede rechtliche Strafe im Staat iſt die rechtliche Folge eines, durch die Nothwendigkeit der Erhaltung äuſſe- rer Rechte begrünndeten, und eine Rechtsverletzung mit einem ſinnli- chen Uebel bedrohenden, Geſetzes. §. 24. Hieraus flieſsen folgende, keiner Ausnahme unterworfenen, untergeordneten Grundſätze: I. Jede Zufügung einer Strafe ſetzt ein Strafge- ſetz voraus. (Nulla poena ſine lege). Denn le- diglich die Androhung des Uebels durch das Geſetz begründet den Begriff und die recht- liche Möglichkeit einer Strafe. II. Die Zufügung einer Strafe iſt bedingt durch die Exiſtenz der bedrohten Handlung. (Nulla poena ſine crimine). Denn durch das Ge- ſetz iſt die gedrohte Strafe an das Factum als eine rechtlich nothwendige Vorauſ- ſetzung geknüpft. III. Das geſetzlich bedrohte Factum (die geſetz- liche Vorauſſetzung) iſt bedingt durch die ge- ſetzliche Strafe. (Nullum crimen ſine poena legali). Denn durch das Geſetz wird an die be- ſtimmte Rechtsverletzung das Uebel als eine nothwendige rechtliche Folge geknüpft. Zweyte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/48
Zitationshilfe: Feuerbach, Paul Johann Anselm von: Lehrbuch des gemeinen in Deutschland geltenden Peinlichen Rechts. Giessen, 1801, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_recht_1801/48>, abgerufen am 03.12.2024.