ist der, daß die ersten in den ursprünglichen Wohnsitzen des Stammvolks blieben, die lez¬ ten in andere Sitze auswanderten, die ersten die ursprüngliche Sprache des Stammvolks behielten und fortbildeten, die lezten eine fremde Sprache annahmen, und dieselbe all¬ mählig nach ihrer Weise umgestalteten. Aus dieser frühesten Verschiedenheit müssen erst die später erfolgten, z. B. daß im ursprünglichen Vaterlande, angemessen Germanischer Ursitte, ein Staatenbund unter einem beschränkten Oberhaupte blieb, in den fremden Ländern mehr auf bisherige Römische Weise, die Ver¬ fassung in Monarchien überging, u. dergl. erklärt werden, keinesweges aber in umgekehr¬ ter Ordnung.
Von den angegebnen Veränderungen ist nun die erste, die Veränderung der Heimath, ganz unbedeutend. Der Mensch wird leicht unter jedem Himmelsstriche einheimisch, und die Volkseigenthümlichkeit, weit entfernt durch den Wohnort sehr verändert zu werden, be¬ herrscht vielmehr diesen, und verändert ihn nach sich. Auch ist die Verschiedenheit der Natureinflüsse in dem von Germaniern be¬
iſt der, daß die erſten in den urſpruͤnglichen Wohnſitzen des Stammvolks blieben, die lez¬ ten in andere Sitze auswanderten, die erſten die urſpruͤngliche Sprache des Stammvolks behielten und fortbildeten, die lezten eine fremde Sprache annahmen, und dieſelbe all¬ maͤhlig nach ihrer Weiſe umgeſtalteten. Aus dieſer fruͤheſten Verſchiedenheit muͤſſen erſt die ſpaͤter erfolgten, z. B. daß im urſpruͤnglichen Vaterlande, angemeſſen Germaniſcher Urſitte, ein Staatenbund unter einem beſchraͤnkten Oberhaupte blieb, in den fremden Laͤndern mehr auf bisherige Roͤmiſche Weiſe, die Ver¬ faſſung in Monarchien uͤberging, u. dergl. erklaͤrt werden, keinesweges aber in umgekehr¬ ter Ordnung.
Von den angegebnen Veraͤnderungen iſt nun die erſte, die Veraͤnderung der Heimath, ganz unbedeutend. Der Menſch wird leicht unter jedem Himmelsſtriche einheimiſch, und die Volkseigenthuͤmlichkeit, weit entfernt durch den Wohnort ſehr veraͤndert zu werden, be¬ herrſcht vielmehr dieſen, und veraͤndert ihn nach ſich. Auch iſt die Verſchiedenheit der Natureinfluͤſſe in dem von Germaniern be¬
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iſt der, daß die erſten in den urſpruͤnglichen
Wohnſitzen des Stammvolks blieben, die lez¬
ten in andere Sitze auswanderten, die erſten
die urſpruͤngliche Sprache des Stammvolks
behielten und fortbildeten, die lezten eine
fremde Sprache annahmen, und dieſelbe all¬
maͤhlig nach ihrer Weiſe umgeſtalteten. Aus
dieſer fruͤheſten Verſchiedenheit muͤſſen erſt die
ſpaͤter erfolgten, z. B. daß im urſpruͤnglichen
Vaterlande, angemeſſen Germaniſcher Urſitte,
ein Staatenbund unter einem beſchraͤnkten
Oberhaupte blieb, in den fremden Laͤndern
mehr auf bisherige Roͤmiſche Weiſe, die Ver¬
faſſung in Monarchien uͤberging, u. dergl.
erklaͤrt werden, keinesweges aber in umgekehr¬
ter Ordnung.
Von den angegebnen Veraͤnderungen iſt
nun die erſte, die Veraͤnderung der Heimath,
ganz unbedeutend. Der Menſch wird leicht
unter jedem Himmelsſtriche einheimiſch, und
die Volkseigenthuͤmlichkeit, weit entfernt durch
den Wohnort ſehr veraͤndert zu werden, be¬
herrſcht vielmehr dieſen, und veraͤndert ihn
nach ſich. Auch iſt die Verſchiedenheit der
Natureinfluͤſſe in dem von Germaniern be¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/123>, abgerufen am 16.02.2025.
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