und geistigen Leben nicht mehr erhalten, als das damalige Christenthum, und seine Leh¬ rer, an zerstreut wohnende Menschen bringen konnten. Dies war wenig, und sie standen so gegen ihre ausgewanderten Stammver¬ wandten zurük, und waren in der That zwar brav und bieder, aber dennoch halb Barba¬ ren. Es entstanden unter ihnen indessen Städte, die durch Glieder aus dem Volke errichtet wurden. In diesen entwickelte sich schnell jeder Zweig des gebildeten Lebens zur schönsten Blüthe. In ihnen entstanden, zwar auf Kleines berechnete, dennoch aber trefliche bürgerliche Verfassungen, und Ein¬ richtungen, und von ihnen aus verbreitete sich ein Bild von Ordnung und eine Liebe derselben erst über das übrige Land. Ihr ausgebreiteter Handel half die Welt ent¬ decken. Ihren Bund fürchteten Könige. Die Denkmäler ihrer Baukunst dauern noch, haben der Zerstörung von Jahrhunderten ge¬ trozt, die Nachwelt steht bewundernd vor ihnen, und bekennt ihre eigene Ohnmacht.
und geiſtigen Leben nicht mehr erhalten, als das damalige Chriſtenthum, und ſeine Leh¬ rer, an zerſtreut wohnende Menſchen bringen konnten. Dies war wenig, und ſie ſtanden ſo gegen ihre ausgewanderten Stammver¬ wandten zuruͤk, und waren in der That zwar brav und bieder, aber dennoch halb Barba¬ ren. Es entſtanden unter ihnen indeſſen Staͤdte, die durch Glieder aus dem Volke errichtet wurden. In dieſen entwickelte ſich ſchnell jeder Zweig des gebildeten Lebens zur ſchoͤnſten Bluͤthe. In ihnen entſtanden, zwar auf Kleines berechnete, dennoch aber trefliche buͤrgerliche Verfaſſungen, und Ein¬ richtungen, und von ihnen aus verbreitete ſich ein Bild von Ordnung und eine Liebe derſelben erſt uͤber das uͤbrige Land. Ihr ausgebreiteter Handel half die Welt ent¬ decken. Ihren Bund fuͤrchteten Koͤnige. Die Denkmaͤler ihrer Baukunſt dauern noch, haben der Zerſtoͤrung von Jahrhunderten ge¬ trozt, die Nachwelt ſteht bewundernd vor ihnen, und bekennt ihre eigene Ohnmacht.
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[201/0207]
und geiſtigen Leben nicht mehr erhalten, als
das damalige Chriſtenthum, und ſeine Leh¬
rer, an zerſtreut wohnende Menſchen bringen
konnten. Dies war wenig, und ſie ſtanden
ſo gegen ihre ausgewanderten Stammver¬
wandten zuruͤk, und waren in der That zwar
brav und bieder, aber dennoch halb Barba¬
ren. Es entſtanden unter ihnen indeſſen
Staͤdte, die durch Glieder aus dem Volke
errichtet wurden. In dieſen entwickelte ſich
ſchnell jeder Zweig des gebildeten Lebens zur
ſchoͤnſten Bluͤthe. In ihnen entſtanden,
zwar auf Kleines berechnete, dennoch aber
trefliche buͤrgerliche Verfaſſungen, und Ein¬
richtungen, und von ihnen aus verbreitete
ſich ein Bild von Ordnung und eine Liebe
derſelben erſt uͤber das uͤbrige Land. Ihr
ausgebreiteter Handel half die Welt ent¬
decken. Ihren Bund fuͤrchteten Koͤnige.
Die Denkmaͤler ihrer Baukunſt dauern noch,
haben der Zerſtoͤrung von Jahrhunderten ge¬
trozt, die Nachwelt ſteht bewundernd vor
ihnen, und bekennt ihre eigene Ohnmacht.
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/207>, abgerufen am 16.02.2025.
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