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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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als immer mit demselben zufrieden seyn zu
können, und alle seine Forderungen an dasselbe
haben nur die Absicht, das Kind selbst immer
besser und achtungswürdiger zu machen; deren
Anblik wiederum die Liebe des Kindes fort¬
dauernd belebt, und verstärkt, und ihm zu allen
seinen fernern Bestrebungen neue Kraft giebt.
Dagegen wird diese Liebe ertödtet durch Nicht¬
beachtung, oder anhaltendes unbilliges Verken¬
nen, ganz besonders aber erzeugt sogar Haß,
wenn man in der Behandlung desselben Eigen¬
nüzigkeit blicken läßt, und z. B. einen durch
die Unvorsichtigkeit desselben verursachten Ver¬
lust als ein Hauptverbrechen behandelt. Es
sieht sich sodann als ein bloßes Werkzeug be¬
trachtet, und dies empört sein zwar dunkles,
aber dennoch nicht abwesendes Gefühl, daß es
durch sich selbst einen Werth haben müsse.

Um dies an einem Beispiele zu belegen.
Was ist es doch, daß dem Schmerze der Züch¬
tigung beim Kinde noch die Schaam hinzufügt,
und was ist diese Schaam? Offenbar ist sie
das Gefühl der Selbstverachtung, die es sich
zufügen muß, da ihm das Mißfallen seiner
Eltern, und Erzieher bezeugt wird. Daher

als immer mit demſelben zufrieden ſeyn zu
koͤnnen, und alle ſeine Forderungen an daſſelbe
haben nur die Abſicht, das Kind ſelbſt immer
beſſer und achtungswuͤrdiger zu machen; deren
Anblik wiederum die Liebe des Kindes fort¬
dauernd belebt, und verſtaͤrkt, und ihm zu allen
ſeinen fernern Beſtrebungen neue Kraft giebt.
Dagegen wird dieſe Liebe ertoͤdtet durch Nicht¬
beachtung, oder anhaltendes unbilliges Verken¬
nen, ganz beſonders aber erzeugt ſogar Haß,
wenn man in der Behandlung deſſelben Eigen¬
nuͤzigkeit blicken laͤßt, und z. B. einen durch
die Unvorſichtigkeit deſſelben verurſachten Ver¬
luſt als ein Hauptverbrechen behandelt. Es
ſieht ſich ſodann als ein bloßes Werkzeug be¬
trachtet, und dies empoͤrt ſein zwar dunkles,
aber dennoch nicht abweſendes Gefuͤhl, daß es
durch ſich ſelbſt einen Werth haben muͤſſe.

Um dies an einem Beiſpiele zu belegen.
Was iſt es doch, daß dem Schmerze der Zuͤch¬
tigung beim Kinde noch die Schaam hinzufuͤgt,
und was iſt dieſe Schaam? Offenbar iſt ſie
das Gefuͤhl der Selbſtverachtung, die es ſich
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[319/0325] als immer mit demſelben zufrieden ſeyn zu koͤnnen, und alle ſeine Forderungen an daſſelbe haben nur die Abſicht, das Kind ſelbſt immer beſſer und achtungswuͤrdiger zu machen; deren Anblik wiederum die Liebe des Kindes fort¬ dauernd belebt, und verſtaͤrkt, und ihm zu allen ſeinen fernern Beſtrebungen neue Kraft giebt. Dagegen wird dieſe Liebe ertoͤdtet durch Nicht¬ beachtung, oder anhaltendes unbilliges Verken¬ nen, ganz beſonders aber erzeugt ſogar Haß, wenn man in der Behandlung deſſelben Eigen¬ nuͤzigkeit blicken laͤßt, und z. B. einen durch die Unvorſichtigkeit deſſelben verurſachten Ver¬ luſt als ein Hauptverbrechen behandelt. Es ſieht ſich ſodann als ein bloßes Werkzeug be¬ trachtet, und dies empoͤrt ſein zwar dunkles, aber dennoch nicht abweſendes Gefuͤhl, daß es durch ſich ſelbſt einen Werth haben muͤſſe. Um dies an einem Beiſpiele zu belegen. Was iſt es doch, daß dem Schmerze der Zuͤch¬ tigung beim Kinde noch die Schaam hinzufuͤgt, und was iſt dieſe Schaam? Offenbar iſt ſie das Gefuͤhl der Selbſtverachtung, die es ſich zufuͤgen muß, da ihm das Mißfallen ſeiner Eltern, und Erzieher bezeugt wird. Daher

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/325>, abgerufen am 22.11.2024.