das der Geschichte, für welche die Freiheit vor¬ über ist, und die das Geschehene als nothwen¬ digen Erfolg aus dem Vorhergegangenen an¬ sieht. Es bleibt für unsere Reden keine andere Ansicht der Gegenwart übrig, als diese lezte, und wir werden darum niemals eine andere nehmen.
Diese Denkart also, daß man sich als Deutschen schlechtweg denke, daß man nicht gefesselt sey selbst durch den Schmerz, daß man die Wahrheit sehen wolle, und den Muth habe ihr ins Auge zu blicken, setze ich voraus, und rechne auf sie bei jedem Worte, das ich sagen werde, und so jemand eine andere in diese Versammlung mitbrächte, so würde derselbe die unangenehmen Empfindungen, die ihm hier gemacht werden könnten, lediglich sich selbst zuzuschreiben haben. Dies sey hiemit gesagt für immer, und abgethan; und ich gehe nun an das andre Geschäft, Ihnen den Grundinhalt aller folgenden Reden in einer allgemeinen Uebersicht vorzulegen.
Irgendwo, sagte ich im Eingange meiner Rede, habe die Selbstsucht durch ihre vollstän¬
das der Geſchichte, fuͤr welche die Freiheit vor¬ uͤber iſt, und die das Geſchehene als nothwen¬ digen Erfolg aus dem Vorhergegangenen an¬ ſieht. Es bleibt fuͤr unſere Reden keine andere Anſicht der Gegenwart uͤbrig, als dieſe lezte, und wir werden darum niemals eine andere nehmen.
Dieſe Denkart alſo, daß man ſich als Deutſchen ſchlechtweg denke, daß man nicht gefeſſelt ſey ſelbſt durch den Schmerz, daß man die Wahrheit ſehen wolle, und den Muth habe ihr ins Auge zu blicken, ſetze ich voraus, und rechne auf ſie bei jedem Worte, das ich ſagen werde, und ſo jemand eine andere in dieſe Verſammlung mitbraͤchte, ſo wuͤrde derſelbe die unangenehmen Empfindungen, die ihm hier gemacht werden koͤnnten, lediglich ſich ſelbſt zuzuſchreiben haben. Dies ſey hiemit geſagt fuͤr immer, und abgethan; und ich gehe nun an das andre Geſchaͤft, Ihnen den Grundinhalt aller folgenden Reden in einer allgemeinen Ueberſicht vorzulegen.
Irgendwo, ſagte ich im Eingange meiner Rede, habe die Selbſtſucht durch ihre vollſtaͤn¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0033"n="27"/>
das der Geſchichte, fuͤr welche die Freiheit vor¬<lb/>
uͤber iſt, und die das Geſchehene als nothwen¬<lb/>
digen Erfolg aus dem Vorhergegangenen an¬<lb/>ſieht. Es bleibt fuͤr unſere Reden keine andere<lb/>
Anſicht der Gegenwart uͤbrig, als dieſe lezte,<lb/>
und wir werden darum niemals eine andere<lb/>
nehmen.</p><lb/><p>Dieſe Denkart alſo, daß man ſich als<lb/>
Deutſchen ſchlechtweg denke, daß man nicht<lb/>
gefeſſelt ſey ſelbſt durch den Schmerz, daß man<lb/>
die Wahrheit ſehen wolle, und den Muth habe<lb/>
ihr ins Auge zu blicken, ſetze ich voraus, und<lb/>
rechne auf ſie bei jedem Worte, das ich ſagen<lb/>
werde, und ſo jemand eine andere in dieſe<lb/>
Verſammlung mitbraͤchte, ſo wuͤrde derſelbe<lb/>
die unangenehmen Empfindungen, die ihm hier<lb/>
gemacht werden koͤnnten, lediglich ſich ſelbſt<lb/>
zuzuſchreiben haben. Dies ſey hiemit geſagt<lb/>
fuͤr immer, und abgethan; und ich gehe nun an<lb/>
das andre Geſchaͤft, Ihnen den Grundinhalt<lb/>
aller folgenden Reden in einer allgemeinen<lb/>
Ueberſicht vorzulegen.</p><lb/><p>Irgendwo, ſagte ich im Eingange meiner<lb/>
Rede, habe die Selbſtſucht durch ihre vollſtaͤn¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[27/0033]
das der Geſchichte, fuͤr welche die Freiheit vor¬
uͤber iſt, und die das Geſchehene als nothwen¬
digen Erfolg aus dem Vorhergegangenen an¬
ſieht. Es bleibt fuͤr unſere Reden keine andere
Anſicht der Gegenwart uͤbrig, als dieſe lezte,
und wir werden darum niemals eine andere
nehmen.
Dieſe Denkart alſo, daß man ſich als
Deutſchen ſchlechtweg denke, daß man nicht
gefeſſelt ſey ſelbſt durch den Schmerz, daß man
die Wahrheit ſehen wolle, und den Muth habe
ihr ins Auge zu blicken, ſetze ich voraus, und
rechne auf ſie bei jedem Worte, das ich ſagen
werde, und ſo jemand eine andere in dieſe
Verſammlung mitbraͤchte, ſo wuͤrde derſelbe
die unangenehmen Empfindungen, die ihm hier
gemacht werden koͤnnten, lediglich ſich ſelbſt
zuzuſchreiben haben. Dies ſey hiemit geſagt
fuͤr immer, und abgethan; und ich gehe nun an
das andre Geſchaͤft, Ihnen den Grundinhalt
aller folgenden Reden in einer allgemeinen
Ueberſicht vorzulegen.
Irgendwo, ſagte ich im Eingange meiner
Rede, habe die Selbſtſucht durch ihre vollſtaͤn¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/33>, abgerufen am 30.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.