dere Weise, als wenn wir uns entschließen, nicht für uns selbst zu leben, und dieses durch die That darthun; wenn wir uns zum Saa¬ menkorne einer würdigern Nachkommenschaft machen, und lediglich um dieserwillen uns so lange erhalten wollen, bis wir sie hingestellt haben. Jenes ersten Lebenszweks verlustig, was könnten wir denn noch anderes thun? Un¬ sere Verfassungen wird man uns machen, un¬ sere Bündnisse, und die Anwendung unserer Streitkräfte wird man uns anzeigen, ein Ge¬ sezbuch wird man uns leihen, selbst Gericht, und Urtheilsspruch, und die Ausübung dersel¬ ben, wird man uns zuweilen abnehmen; mit diesen Sorgen werden wir auf die nächste Zu¬ kunft verschont bleiben. Bloß an die Erzie¬ hung hat man nicht gedacht; suchen wir ein Geschäft, so laßt uns dieses ergreifen! Es ist zu erwarten, daß man in demselben uns un¬ gestört lassen werde. Ich hoffe, -- vielleicht täusche ich mich selbst darin, aber da ich nur um dieser Hoffnung willen noch leben mag, so kann ich es nicht lassen, zu hoffen; -- ich hof¬ fe, daß ich einige Deutsche überzeugen, und
dere Weiſe, als wenn wir uns entſchließen, nicht fuͤr uns ſelbſt zu leben, und dieſes durch die That darthun; wenn wir uns zum Saa¬ menkorne einer wuͤrdigern Nachkommenſchaft machen, und lediglich um dieſerwillen uns ſo lange erhalten wollen, bis wir ſie hingeſtellt haben. Jenes erſten Lebenszweks verluſtig, was koͤnnten wir denn noch anderes thun? Un¬ ſere Verfaſſungen wird man uns machen, un¬ ſere Buͤndniſſe, und die Anwendung unſerer Streitkraͤfte wird man uns anzeigen, ein Ge¬ ſezbuch wird man uns leihen, ſelbſt Gericht, und Urtheilsſpruch, und die Ausuͤbung derſel¬ ben, wird man uns zuweilen abnehmen; mit dieſen Sorgen werden wir auf die naͤchſte Zu¬ kunft verſchont bleiben. Bloß an die Erzie¬ hung hat man nicht gedacht; ſuchen wir ein Geſchaͤft, ſo laßt uns dieſes ergreifen! Es iſt zu erwarten, daß man in demſelben uns un¬ geſtoͤrt laſſen werde. Ich hoffe, — vielleicht taͤuſche ich mich ſelbſt darin, aber da ich nur um dieſer Hoffnung willen noch leben mag, ſo kann ich es nicht laſſen, zu hoffen; — ich hof¬ fe, daß ich einige Deutſche uͤberzeugen, und
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dere Weiſe, als wenn wir uns entſchließen,
nicht fuͤr uns ſelbſt zu leben, und dieſes durch
die That darthun; wenn wir uns zum Saa¬
menkorne einer wuͤrdigern Nachkommenſchaft
machen, und lediglich um dieſerwillen uns ſo
lange erhalten wollen, bis wir ſie hingeſtellt
haben. Jenes erſten Lebenszweks verluſtig,
was koͤnnten wir denn noch anderes thun? Un¬
ſere Verfaſſungen wird man uns machen, un¬
ſere Buͤndniſſe, und die Anwendung unſerer
Streitkraͤfte wird man uns anzeigen, ein Ge¬
ſezbuch wird man uns leihen, ſelbſt Gericht,
und Urtheilsſpruch, und die Ausuͤbung derſel¬
ben, wird man uns zuweilen abnehmen; mit
dieſen Sorgen werden wir auf die naͤchſte Zu¬
kunft verſchont bleiben. Bloß an die Erzie¬
hung hat man nicht gedacht; ſuchen wir ein
Geſchaͤft, ſo laßt uns dieſes ergreifen! Es iſt
zu erwarten, daß man in demſelben uns un¬
geſtoͤrt laſſen werde. Ich hoffe, — vielleicht
taͤuſche ich mich ſelbſt darin, aber da ich nur
um dieſer Hoffnung willen noch leben mag, ſo
kann ich es nicht laſſen, zu hoffen; — ich hof¬
fe, daß ich einige Deutſche uͤberzeugen, und
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/360>, abgerufen am 23.11.2024.
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