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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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gen, sobald er die erforderliche Stärke in sich
verspürt. Somit ist das einzige Mittel die
Ruhe zu erhalten dieses, daß niemals einer zu
der Macht gelange, dieselbe stören zu können,
und daß jedweder wisse, es sey auf der andern
Seite gerade so viel Kraft zum Widerstande,
als auf seiner Seite sey zum Angriffe; daß
also ein Gleichgewicht, und Gegengewicht der
gesammten Macht entstehe, wodurch allein,
nachdem alle andere Mittel verschwunden sind,
jeder in seinem gegenwärtigen Besizstande, und
alle in Ruhe, erhalten werden. Diese beiden
Stüke demnach: einen Raub, auf den kein ein¬
ziger einiges Recht habe, alle aber nach ihm
die gleiche Begierde, sodann die allgemeine,
immerfort thätig sich regende wirkliche Raub¬
sucht, sezt jenes bekannte System eines Gleich¬
gewichts der Macht in Europa voraus; und
unter diesen Voraussetzungen würde dieses
Gleichgewicht freilich das einzige Mittel seyn
die Ruhe zu erhalten, wenn nur erst das zweite
Mittel gefunden wäre, jenes Gleichgewicht
hervorzubringen, und es aus einem leeren
Gedanken in ein wirkliches Ding zu ver¬
wandeln.

gen, ſobald er die erforderliche Staͤrke in ſich
verſpuͤrt. Somit iſt das einzige Mittel die
Ruhe zu erhalten dieſes, daß niemals einer zu
der Macht gelange, dieſelbe ſtoͤren zu koͤnnen,
und daß jedweder wiſſe, es ſey auf der andern
Seite gerade ſo viel Kraft zum Widerſtande,
als auf ſeiner Seite ſey zum Angriffe; daß
alſo ein Gleichgewicht, und Gegengewicht der
geſammten Macht entſtehe, wodurch allein,
nachdem alle andere Mittel verſchwunden ſind,
jeder in ſeinem gegenwaͤrtigen Beſizſtande, und
alle in Ruhe, erhalten werden. Dieſe beiden
Stuͤke demnach: einen Raub, auf den kein ein¬
ziger einiges Recht habe, alle aber nach ihm
die gleiche Begierde, ſodann die allgemeine,
immerfort thaͤtig ſich regende wirkliche Raub¬
ſucht, ſezt jenes bekannte Syſtem eines Gleich¬
gewichts der Macht in Europa voraus; und
unter dieſen Vorausſetzungen wuͤrde dieſes
Gleichgewicht freilich das einzige Mittel ſeyn
die Ruhe zu erhalten, wenn nur erſt das zweite
Mittel gefunden waͤre, jenes Gleichgewicht
hervorzubringen, und es aus einem leeren
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[413/0419] gen, ſobald er die erforderliche Staͤrke in ſich verſpuͤrt. Somit iſt das einzige Mittel die Ruhe zu erhalten dieſes, daß niemals einer zu der Macht gelange, dieſelbe ſtoͤren zu koͤnnen, und daß jedweder wiſſe, es ſey auf der andern Seite gerade ſo viel Kraft zum Widerſtande, als auf ſeiner Seite ſey zum Angriffe; daß alſo ein Gleichgewicht, und Gegengewicht der geſammten Macht entſtehe, wodurch allein, nachdem alle andere Mittel verſchwunden ſind, jeder in ſeinem gegenwaͤrtigen Beſizſtande, und alle in Ruhe, erhalten werden. Dieſe beiden Stuͤke demnach: einen Raub, auf den kein ein¬ ziger einiges Recht habe, alle aber nach ihm die gleiche Begierde, ſodann die allgemeine, immerfort thaͤtig ſich regende wirkliche Raub¬ ſucht, ſezt jenes bekannte Syſtem eines Gleich¬ gewichts der Macht in Europa voraus; und unter dieſen Vorausſetzungen wuͤrde dieſes Gleichgewicht freilich das einzige Mittel ſeyn die Ruhe zu erhalten, wenn nur erſt das zweite Mittel gefunden waͤre, jenes Gleichgewicht hervorzubringen, und es aus einem leeren Gedanken in ein wirkliches Ding zu ver¬ wandeln.

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/419>, abgerufen am 22.11.2024.