außerdem für bittern Hohn halten müßte, als, daß sie erst deutschen Ländern, die vorher kein Vaterland gehabt hätten, eins brächten, oder, daß sie eine sklavische Abhängigkeit der Perso¬ nen als solcher von andern Personen, die bei uns gesezlich gewesen wäre, abschafften, zur Wiederholung unsrer eignen Aussprüche, und zum Nachhalle unsrer eignen Schmeichelworte? Es ist eine Schmach, die wir Deutschen mit keinem der andern Europäischen Völker, die in den übrigen Schiksalen uns gleich geworden sind, theilen, daß wir, sobald nur fremde Waf¬ fen unter uns geboten, gleich als ob wir schon lange auf diesen Augenblik gewartet hätten, und uns schnell, ehe die Zeit vorüber ginge, eine Güte thun wollten, in Schmähungen uns er¬ gossen über unsre Regierungen, unsre Gewalt¬ haber, denen wir vorher auf eine geschmaklose Weise geschmeichelt hatten, und über alles Va¬ terländische.
Wie wenden wir andern, die wir unschul¬ dig sind, die Schmach ab von unserm Haupte, und lassen die Schuldigen allein stehen? Es giebt ein Mittel. Es werden von dem Augen¬
außerdem fuͤr bittern Hohn halten muͤßte, als, daß ſie erſt deutſchen Laͤndern, die vorher kein Vaterland gehabt haͤtten, eins braͤchten, oder, daß ſie eine ſklaviſche Abhaͤngigkeit der Perſo¬ nen als ſolcher von andern Perſonen, die bei uns geſezlich geweſen waͤre, abſchafften, zur Wiederholung unſrer eignen Ausſpruͤche, und zum Nachhalle unſrer eignen Schmeichelworte? Es iſt eine Schmach, die wir Deutſchen mit keinem der andern Europaͤiſchen Voͤlker, die in den uͤbrigen Schikſalen uns gleich geworden ſind, theilen, daß wir, ſobald nur fremde Waf¬ fen unter uns geboten, gleich als ob wir ſchon lange auf dieſen Augenblik gewartet haͤtten, und uns ſchnell, ehe die Zeit voruͤber ginge, eine Guͤte thun wollten, in Schmaͤhungen uns er¬ goſſen uͤber unſre Regierungen, unſre Gewalt¬ haber, denen wir vorher auf eine geſchmakloſe Weiſe geſchmeichelt hatten, und uͤber alles Va¬ terlaͤndiſche.
Wie wenden wir andern, die wir unſchul¬ dig ſind, die Schmach ab von unſerm Haupte, und laſſen die Schuldigen allein ſtehen? Es giebt ein Mittel. Es werden von dem Augen¬
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außerdem fuͤr bittern Hohn halten muͤßte, als,
daß ſie erſt deutſchen Laͤndern, die vorher kein
Vaterland gehabt haͤtten, eins braͤchten, oder,
daß ſie eine ſklaviſche Abhaͤngigkeit der Perſo¬
nen als ſolcher von andern Perſonen, die bei
uns geſezlich geweſen waͤre, abſchafften, zur
Wiederholung unſrer eignen Ausſpruͤche, und
zum Nachhalle unſrer eignen Schmeichelworte?
Es iſt eine Schmach, die wir Deutſchen mit
keinem der andern Europaͤiſchen Voͤlker, die
in den uͤbrigen Schikſalen uns gleich geworden
ſind, theilen, daß wir, ſobald nur fremde Waf¬
fen unter uns geboten, gleich als ob wir ſchon
lange auf dieſen Augenblik gewartet haͤtten, und
uns ſchnell, ehe die Zeit voruͤber ginge, eine
Guͤte thun wollten, in Schmaͤhungen uns er¬
goſſen uͤber unſre Regierungen, unſre Gewalt¬
haber, denen wir vorher auf eine geſchmakloſe
Weiſe geſchmeichelt hatten, und uͤber alles Va¬
terlaͤndiſche.
Wie wenden wir andern, die wir unſchul¬
dig ſind, die Schmach ab von unſerm Haupte,
und laſſen die Schuldigen allein ſtehen? Es
giebt ein Mittel. Es werden von dem Augen¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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