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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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Rettungsmittel versprach, ohne Zweifel kein
größeres Maaß von Kraft erfordert, als man
bei unserm Zeialter billig voraussetzen kann.
Ich fügte diesem Versprechen noch ein anderes
bei, daß nämlich, was die Gefahr anbelange,
bei unserm Vorschlage durchaus keine sey, in¬
dem es der eigene Vortheil der über uns ge¬
bietenden Gewalt erfordere, die Ausführung
jenes Vorschlags eher zu befördern, als zu hin¬
dern. Ich finde zwekmäßig, sogleich in dieser
ersten Rede über diesen Punkt mich deutlich
auszusprechen.

Zwar sind so in alter wie in neuer Zeit gar
häufig die Künste der Verführung und der sitt¬
lichen Herabwürdigung der Unterworfenen, als
ein Mittel der Herrschaft mit Erfolg gebraucht
worden; man hat durch lügenhafte Erdichtun¬
gen, und durch künstliche Verwirrung der Be¬
griffe und der Sprache, die Fürsten vor den
Völkern, und diese vor jenen verläumdet, um
die entzweiten sicherer zu beherrschen, man
hat alle Antriebe der Eitelkeit und des Eigen¬
nutzes listig aufgereizt und entwikelt, um die
Unterworfenen verächtlich zu machen, und so

Rettungsmittel verſprach, ohne Zweifel kein
groͤßeres Maaß von Kraft erfordert, als man
bei unſerm Zeialter billig vorausſetzen kann.
Ich fuͤgte dieſem Verſprechen noch ein anderes
bei, daß naͤmlich, was die Gefahr anbelange,
bei unſerm Vorſchlage durchaus keine ſey, in¬
dem es der eigene Vortheil der uͤber uns ge¬
bietenden Gewalt erfordere, die Ausfuͤhrung
jenes Vorſchlags eher zu befoͤrdern, als zu hin¬
dern. Ich finde zwekmaͤßig, ſogleich in dieſer
erſten Rede uͤber dieſen Punkt mich deutlich
auszuſprechen.

Zwar ſind ſo in alter wie in neuer Zeit gar
haͤufig die Kuͤnſte der Verfuͤhrung und der ſitt¬
lichen Herabwuͤrdigung der Unterworfenen, als
ein Mittel der Herrſchaft mit Erfolg gebraucht
worden; man hat durch luͤgenhafte Erdichtun¬
gen, und durch kuͤnſtliche Verwirrung der Be¬
griffe und der Sprache, die Fuͤrſten vor den
Voͤlkern, und dieſe vor jenen verlaͤumdet, um
die entzweiten ſicherer zu beherrſchen, man
hat alle Antriebe der Eitelkeit und des Eigen¬
nutzes liſtig aufgereizt und entwikelt, um die
Unterworfenen veraͤchtlich zu machen, und ſo

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[43/0049] Rettungsmittel verſprach, ohne Zweifel kein groͤßeres Maaß von Kraft erfordert, als man bei unſerm Zeialter billig vorausſetzen kann. Ich fuͤgte dieſem Verſprechen noch ein anderes bei, daß naͤmlich, was die Gefahr anbelange, bei unſerm Vorſchlage durchaus keine ſey, in¬ dem es der eigene Vortheil der uͤber uns ge¬ bietenden Gewalt erfordere, die Ausfuͤhrung jenes Vorſchlags eher zu befoͤrdern, als zu hin¬ dern. Ich finde zwekmaͤßig, ſogleich in dieſer erſten Rede uͤber dieſen Punkt mich deutlich auszuſprechen. Zwar ſind ſo in alter wie in neuer Zeit gar haͤufig die Kuͤnſte der Verfuͤhrung und der ſitt¬ lichen Herabwuͤrdigung der Unterworfenen, als ein Mittel der Herrſchaft mit Erfolg gebraucht worden; man hat durch luͤgenhafte Erdichtun¬ gen, und durch kuͤnſtliche Verwirrung der Be¬ griffe und der Sprache, die Fuͤrſten vor den Voͤlkern, und dieſe vor jenen verlaͤumdet, um die entzweiten ſicherer zu beherrſchen, man hat alle Antriebe der Eitelkeit und des Eigen¬ nutzes liſtig aufgereizt und entwikelt, um die Unterworfenen veraͤchtlich zu machen, und ſo

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/49>, abgerufen am 21.11.2024.