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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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zweiten ganz andern Thätigkeit des, das zuerst
angeregte freie Vermögen, beschränkenden Er¬
kenntnißvermögens. Dieser Erziehung ent¬
steht sonach gleich bei ihrem Beginnen eine
wahrhaft über alle Erfahrung erhabene, über¬
sinnliche, streng nothwendige, und allgemeine
Erkenntniß, die alle nachher mögliche Erfah¬
rung schon im voraus unter sich befaßt. Da¬
gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬
gel nur auf die stehenden Beschaffenheiten
der Dinge, wie sie eben ohne daß man
dafür einen Grund angeben könne, seyen, und
geglaubt, und gemerkt werden müßten; also
auf ein bloß leidendes Auffassen durch das
lediglich im Dienste der Dinge stehende Ver¬
mögen des Gedächtnisses, wodurch es über¬
haupt gar nicht zur Ahndung des Geistes,
als eines selbstständigen, und uranfäng¬
lichen Princips der Dinge selber, kommen
konnte. Es vermeine die neuere Pädagogik
ja nicht durch die Berufung auf ihren oft
bezeugten Abscheu gegen mechanisches Aus¬
wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬
sterstücke in sokratischer Manier, gegen diesen
Vorwurf sich zu decken; denn hierauf hat sie

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zweiten ganz andern Thaͤtigkeit des, das zuerſt
angeregte freie Vermoͤgen, beſchraͤnkenden Er¬
kenntnißvermoͤgens. Dieſer Erziehung ent¬
ſteht ſonach gleich bei ihrem Beginnen eine
wahrhaft uͤber alle Erfahrung erhabene, uͤber¬
ſinnliche, ſtreng nothwendige, und allgemeine
Erkenntniß, die alle nachher moͤgliche Erfah¬
rung ſchon im voraus unter ſich befaßt. Da¬
gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬
gel nur auf die ſtehenden Beſchaffenheiten
der Dinge, wie ſie eben ohne daß man
dafuͤr einen Grund angeben koͤnne, ſeyen, und
geglaubt, und gemerkt werden muͤßten; alſo
auf ein bloß leidendes Auffaſſen durch das
lediglich im Dienſte der Dinge ſtehende Ver¬
moͤgen des Gedaͤchtniſſes, wodurch es uͤber¬
haupt gar nicht zur Ahndung des Geiſtes,
als eines ſelbſtſtaͤndigen, und uranfaͤng¬
lichen Princips der Dinge ſelber, kommen
konnte. Es vermeine die neuere Paͤdagogik
ja nicht durch die Berufung auf ihren oft
bezeugten Abſcheu gegen mechaniſches Aus¬
wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬
ſterſtuͤcke in ſokratiſcher Manier, gegen dieſen
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[67/0073] zweiten ganz andern Thaͤtigkeit des, das zuerſt angeregte freie Vermoͤgen, beſchraͤnkenden Er¬ kenntnißvermoͤgens. Dieſer Erziehung ent¬ ſteht ſonach gleich bei ihrem Beginnen eine wahrhaft uͤber alle Erfahrung erhabene, uͤber¬ ſinnliche, ſtreng nothwendige, und allgemeine Erkenntniß, die alle nachher moͤgliche Erfah¬ rung ſchon im voraus unter ſich befaßt. Da¬ gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬ gel nur auf die ſtehenden Beſchaffenheiten der Dinge, wie ſie eben ohne daß man dafuͤr einen Grund angeben koͤnne, ſeyen, und geglaubt, und gemerkt werden muͤßten; alſo auf ein bloß leidendes Auffaſſen durch das lediglich im Dienſte der Dinge ſtehende Ver¬ moͤgen des Gedaͤchtniſſes, wodurch es uͤber¬ haupt gar nicht zur Ahndung des Geiſtes, als eines ſelbſtſtaͤndigen, und uranfaͤng¬ lichen Princips der Dinge ſelber, kommen konnte. Es vermeine die neuere Paͤdagogik ja nicht durch die Berufung auf ihren oft bezeugten Abſcheu gegen mechaniſches Aus¬ wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬ ſterſtuͤcke in ſokratiſcher Manier, gegen dieſen Vorwurf ſich zu decken; denn hierauf hat ſie E 2

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/73>, abgerufen am 23.11.2024.