zweiten ganz andern Thätigkeit des, das zuerst angeregte freie Vermögen, beschränkenden Er¬ kenntnißvermögens. Dieser Erziehung ent¬ steht sonach gleich bei ihrem Beginnen eine wahrhaft über alle Erfahrung erhabene, über¬ sinnliche, streng nothwendige, und allgemeine Erkenntniß, die alle nachher mögliche Erfah¬ rung schon im voraus unter sich befaßt. Da¬ gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬ gel nur auf die stehenden Beschaffenheiten der Dinge, wie sie eben ohne daß man dafür einen Grund angeben könne, seyen, und geglaubt, und gemerkt werden müßten; also auf ein bloß leidendes Auffassen durch das lediglich im Dienste der Dinge stehende Ver¬ mögen des Gedächtnisses, wodurch es über¬ haupt gar nicht zur Ahndung des Geistes, als eines selbstständigen, und uranfäng¬ lichen Princips der Dinge selber, kommen konnte. Es vermeine die neuere Pädagogik ja nicht durch die Berufung auf ihren oft bezeugten Abscheu gegen mechanisches Aus¬ wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬ sterstücke in sokratischer Manier, gegen diesen Vorwurf sich zu decken; denn hierauf hat sie
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zweiten ganz andern Thaͤtigkeit des, das zuerſt angeregte freie Vermoͤgen, beſchraͤnkenden Er¬ kenntnißvermoͤgens. Dieſer Erziehung ent¬ ſteht ſonach gleich bei ihrem Beginnen eine wahrhaft uͤber alle Erfahrung erhabene, uͤber¬ ſinnliche, ſtreng nothwendige, und allgemeine Erkenntniß, die alle nachher moͤgliche Erfah¬ rung ſchon im voraus unter ſich befaßt. Da¬ gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬ gel nur auf die ſtehenden Beſchaffenheiten der Dinge, wie ſie eben ohne daß man dafuͤr einen Grund angeben koͤnne, ſeyen, und geglaubt, und gemerkt werden muͤßten; alſo auf ein bloß leidendes Auffaſſen durch das lediglich im Dienſte der Dinge ſtehende Ver¬ moͤgen des Gedaͤchtniſſes, wodurch es uͤber¬ haupt gar nicht zur Ahndung des Geiſtes, als eines ſelbſtſtaͤndigen, und uranfaͤng¬ lichen Princips der Dinge ſelber, kommen konnte. Es vermeine die neuere Paͤdagogik ja nicht durch die Berufung auf ihren oft bezeugten Abſcheu gegen mechaniſches Aus¬ wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬ ſterſtuͤcke in ſokratiſcher Manier, gegen dieſen Vorwurf ſich zu decken; denn hierauf hat ſie
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[67/0073]
zweiten ganz andern Thaͤtigkeit des, das zuerſt
angeregte freie Vermoͤgen, beſchraͤnkenden Er¬
kenntnißvermoͤgens. Dieſer Erziehung ent¬
ſteht ſonach gleich bei ihrem Beginnen eine
wahrhaft uͤber alle Erfahrung erhabene, uͤber¬
ſinnliche, ſtreng nothwendige, und allgemeine
Erkenntniß, die alle nachher moͤgliche Erfah¬
rung ſchon im voraus unter ſich befaßt. Da¬
gegen ging der bisherige Unterricht in der Re¬
gel nur auf die ſtehenden Beſchaffenheiten
der Dinge, wie ſie eben ohne daß man
dafuͤr einen Grund angeben koͤnne, ſeyen, und
geglaubt, und gemerkt werden muͤßten; alſo
auf ein bloß leidendes Auffaſſen durch das
lediglich im Dienſte der Dinge ſtehende Ver¬
moͤgen des Gedaͤchtniſſes, wodurch es uͤber¬
haupt gar nicht zur Ahndung des Geiſtes,
als eines ſelbſtſtaͤndigen, und uranfaͤng¬
lichen Princips der Dinge ſelber, kommen
konnte. Es vermeine die neuere Paͤdagogik
ja nicht durch die Berufung auf ihren oft
bezeugten Abſcheu gegen mechaniſches Aus¬
wendiglernen, und auf ihre bekannten Mei¬
ſterſtuͤcke in ſokratiſcher Manier, gegen dieſen
Vorwurf ſich zu decken; denn hierauf hat ſie
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/73>, abgerufen am 23.11.2024.
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